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Nürburgring-GP: Wieso es keinen Boykott geben wird

Von Mathias Brunner
Die Fans können beruhigt sein: Am Nürburgring wird gefahren

Die Fans können beruhigt sein: Am Nürburgring wird gefahren

Noch in Silverstone haben Teamchefs und Fahrer das Wort Boykott in den Mund genommen, was den Nürburgring-GP betrifft. Aber so weit wird es nicht kommen.

Die Show muss weitergehen – für keinen anderen Zirkus trifft das eher zu als auf die Formel 1. Selbst nach dem schwarzen Wochenende von Imola 1994, als wir innerhalb von knapp 24 Stunden Roland Ratzenberger und Ayrton Senna verloren, da war eine Absage des darauf folgenden WM-Laufs in Monaco kein Thema. Und auch nicht dann, als im Monaco-Training Karl Wendlinger einen so schweren Unfall hatte, dass er danach 19 Tage lang im Koma lag. (Zum Glück ist der Österreicher wieder ganz gesund geworden.) Wie wahrscheinlich also ist es, dass die Fans ihre Nürburgring-Tickets umsonst gekauft haben, weil gar nicht gefahren wird?

Wer in Silverstone von Boykott sprach (wie McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh oder Ferrari-Star Felipe Massa), müsste es eigentlich besser wissen: Die Formel 1 ist ein Milliarden-Geschäft, im Rahmen dessen Grands Prix nicht einfach zu verschieben oder abzusagen sind. Die Rennställe sind vertraglich zur Teilnahme an sämtlichen WM-Läufen verpflichtet – das führte in Indianapolis 2005 zur Farce, dass die Michelin-bereiften Autos nach der Einführungsrunde zur Box fuhren. Einerseits war damit dem Reglement Genüge getan (man hatte an der Veranstaltung teilgenommen), andererseits war man der dringenden Empfehlung der Anwälte nachgekommen, nicht mit untauglichen Reifen ins Rennen zu gehen und möglicherweise Schadenersatz-Klagen in Millionenhöhe zu riskieren (ganz abgesehen vom Leben der Fahrer).

Die Fahrer ihrerseits sind auch nicht eben vorbildliche Verfechter jenes Begriffs, der auf Charles Cunningham Boycott zurückgeht (siehe Fussnote unten). Die Fahrergewerkschaft GPDA kann sich in strittigen Fragen in der Regel so wenig einigen wie die Rennställe untereinander.

Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sagt: «Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Nürburgring-GP boykottiert wird. Ich bereite mich jedenfalls nicht auf ein solches Szenario vor.»

Wirtschaftliche Sachzwänge oder Uneinigkeit zwischen den Piloten mal beiseite: Der Nürburgring ist eine komplett andere Rennstrecke als Silverstone, mit unterschiedlicher Belastung für die Reifen. Pirelli arbeitet überdies fieberhaft daran, die Kanada-Reifen (mit geänderter Reifenschulter) nach Deutschland zu bringen. Allein aufgrund dieser beiden Faktoren ist mit einem erneuten Fiasko wie in England nicht zu rechnen. Abgesehen davon könnte man den einen oder anderen Fahrer auch wieder mal daran erinnern, dass man auf der Strecke fahren soll und nicht daneben.

Fussnote, mit Dank an Wikipedia:
Der Begriff Boykott geht auf Charles Cunningham Boycott zurück, einen in Irland lebenden englischen Grundstücksverwalter, der infolge einer durch den irischen Nationalistenführer Charles Stewart Parnell und die irische Landliga 1880 organisierten Aktion während des Land Wars unterlag und keine Pächter mehr fand. Parnell rief seine Landsleute zum gewaltlosen Widerstand auf, das heisst Charles Cunningham Boycott wurde «boykottiert». Dieser erste erfolgreiche Boykott gab allen anderen den Namen.

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