Fernando Alonso: «Das war schon zu Kart-Zeiten so»
Fernando Alonso: «Im Vergleich zu den Golfern sind wir auf jeden Fall unser Geld wert»
Fernando Alonso, machen vier WM-Titel Sebastian Vettel zum besten Fahrer der Moderne?
Ich weiss nicht, das entscheiden die Berichterstatter und Experten. Wenn man viele Jahre in der Formel 1 erlebt hat, dann hat man sehr viel mehr Informationen, und kann das deshalb wohl besser beurteilen. Auch die Fans müssen das entscheiden. Für einige Leute wird Vettel der Beste aller Zeiten sein. Und für viele bleibt Ayrton Senna der Beste – er ist bestimmt der Beliebteste weltweit. Für Andere wiederum ist Michael Schumacher der Grösste aller Zeiten. Es kommt wohl darauf an, aus welcher Ecke der Welt man kommt. Das ist aber in allen Sportarten so.
Ist es schwierig für Dich zu akzeptieren, dass wir jetzt gerade eine Vettel-Ära erleben?
Nein, ich will natürlich gewinnen und ich bin erst 32 Jahre alt, es ist also nicht mein letztes Jahr in der Formel 1. Ich bin überzeugt, ich werde noch einige Chancen bekommen. Natürlich will ich noch mehr Titel holen. Ich konnte in den letzten Jahren oft um den Titel mitkämpfen. Ich habe zwei Weltmeisterschaften gewonnen und bin drei Mal Zweiter geworden. Das ist in gewisser Hinsicht offensichtlich auch bedauerlich. Denn wenn man die Chance hat, will man auch gewinnen. Andererseits bin ich auch sehr stolz darauf. Ich bin in diesem Jahr in Bestform und habe die besten Rennen meiner Karriere erlebt.
In welchem der verbleibenden Rennen siehst Du denn die grösste Chance, einen Podestplatz oder sogar einen Sieg zu erringen?
Das kommt ganz auf die Streckenverhältnisse und andere Faktoren an. Ich schätze, Brasilien ist eine Möglichkeit. Da waren wir bisher sehr stark und die Regenwahrscheinlichkeit ist auch gegeben – das könnte uns eine Chance ermöglichen.
Welche Befriedigung verschafft es Dir, jedes Mal das Unmögliche zu versuchen? Ist eine Aufholjagd von Position 8 auf Platz 2 noch schöner als von der Pole aus zu gewinnen oder geht nichts über einen Sieg?
Ich würde die Pole-Position vorziehen. Die letzte Pole, die ich auf trockener Strecke erobern konnte, liegt schon ein Stück zurück, das war 2010. Heutzutage entscheidet die Performance des Autos über den Qualifying-Ausgang. Es geht nicht um Tankmengen oder Reifenstrategien. Alle Autos sind im Zeittraining mit wenig Sprit im Tank unterwegs. Wir sind in diesem Jahr nie stark genug, um im Kampf um die Pole ein Wörtchen mitzureden. Hoffentlich ändert sich das im nächsten Jahr.
Wie kannst du die Motivation auch nach der Titelentscheidung aufrecht erhalten?
Die Motivation ist immer hoch. Der Titelkampf ist natürlich ein Extra-Ansporn, aber auch ohne bin ich voll motiviert. Das war schon zu Kart-Zeiten so, wenn ich gegen meine Freunde fuhr. Ich gab immer 100 Prozent, weil ich überhaupt nicht gerne verliere. Das ist in einem Formel-1-Rennen natürlich nicht anders. Für den Rest des Jahres geht es darum, den zweiten Platz in der Konstrukteurs-Wertung zu sichern und so viele Punkte wie möglich zu holen. Und natürlich – wenn es geht – ein paar Podestplätze zu holen.
Glaubst Du, dass du davon profitieren kannst, dass Vettel im Sinne des WM-Kampfes nicht ganz ans Limit gehen wird?
Nein, das denke ich nicht.Wenn es das letzte Rennen wäre, dann würde Sebastian vielleicht etwas konservativer fahren, aber nicht, wenn wie jetzt noch vier Rennen anstehen. Er wird versuchen, sie alle zu gewinnen, und er hat auch das Potenzial dazu. Wir versuchen, so nahe wie möglich an ihn ranzukommen. Ich glaube nicht, dass Sebastians Einstellung unser Rennen beeinflussen wird.
Ist es wichtig für Dich, die Titelentscheidung noch weiter hinauszuzögern?
Das ist eher sein Problem – es kommt ganz darauf an, wo er am liebsten seinen Titel feiern will.
Die Formel-1-Piloten verdienen ungleich mehr als andere Sportler, etwa Golf-Profis oder Basketballspieler. Glaubst Du, dass Ihr auch so viel mehr wert seid?
Im Vergleich zu den Golfern auf jeden Fall. Beim Basketball bin ich mir nicht so sicher. Ich weiss nicht genau, wie viel sie trainieren, aber in der NBA haben sie einen vollgepackten Spielplan. Das ist natürlich eine körperliche Herausforderung, da bleibt keiin Raum für andere Aktivitäten. In der Formel 1 hält sich die physische Anstrengung im Vergleich dazu in Grenzen. Aber bei uns ist der Druck immens, auf unseren Schultern lastet viel, etwa die Erwartungen der Hersteller und Sponsoren. Ausserdem gehen wir im Motorsport ein grösseres Risiko an. Im Golf kann man natürlich auch eine ernste Verletzung erleiden, wenn man einen Ball an den Kopf bekommt. Aber das Verletzungsrisiko ist im Motorsport schon viel höher. Wahrscheinlich spiegelt sich das auch in den Löhnen, die wir erhalten.