Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Berger: «Es bleibt zu wenig für den Fahrer»

Von Petra Wiesmayer
Gerhard Berger würde bei der Technik in der Formel 1 gerne ein paar Schritte zurückgehen

Gerhard Berger würde bei der Technik in der Formel 1 gerne ein paar Schritte zurückgehen

Ex-Grand-Prix-Pilot Gerhard Berger verurteilt die modernen Hilfsmittel in der Formel 1, die dem Fahrer viel Arbeit abnehmen, an der früher die Entscheidung über Sieg oder Niederlage hing.

Kaum ein Thema wird in der Formel 1 so heiß diskutiert wie die Budgetobergrenze, die es ab 2015 geben soll. Nicht nur die Chefs der kleinen Teams, die kaum noch wissen, wie sie die Zig-Millionen heranschaffen sollen, die sie für eine Saison in der Königsklasse brauchen, sprechen sich dafür aus. Auch die Verantwortlichen jener Teams, die sich keine Sorgen machen müssen, wie Mercedes-Boss Toto Wolff, befürworten eine Deckelung der Ausgaben. Genaue Zahlen, wie denn die Obergrenze aussehen sollte, gibt es bisher allerdings nicht.

Der ehemalige Formel-1-Pilot und Ex-Teamchef von Toro Rosso, Gerhard Berger, nennt im Gegensatz zu denen, die darüber entscheiden sollen, eine konkrete Zahl. «60 Millionen Euro. Eigentlich gehört bei allen Budgets eine Null hinten weg», sagte Berger gegenüber auto, motor und sport. «Das Geld, das Bernie an die Teams ausschüttet, müsste groß genug sein, dass damit die Rennen finanziert sind. Es kann ja nicht sein, dass es in der Formel 1 kein einziges Team mit einem Geschäftsmodell gibt, das sich selbst trägt. Die ganze Welt schaut auf die Formel 1 und denkt sich, dass da großes Geld verdient wird.» Das sei aber nicht der Fall, betont der Tiroler. Einzig Ferrari sei ein Sonderfall. «Red Bull und Mercedes werden aus ihren Marketingetats getragen. Der Rest hat Probleme.»

Benetton wurde 1994 mit einen Budget von 40 Millionen Dollar Weltmeister. Heute müssen sogar kleine Team wie Marussia und Caterham deutlich mehr aufbringen, um halbwegs mithalten zu können. Der Grund sei, dass die Technik immer komplizierter und teurer geworden sei, erklärt Berger. «Die Formel 1 soll und muss das Flaggschiff des Motorsports und der Technik sein. Aber man muss ein gewisses Fenster schaffen. Viele Jahre hat die Aerodynamik die große Rolle gespielt, und alle haben in diese Richtung investiert. Jetzt scheint sich das Ganze in Motoren und Antriebstechnik zu verlagern. Kostet noch mehr Geld.»

Das führe dazu, dass ein Team irgendwann unschlagbar sei, weil es die besten Leute und die größten Ressourcen habe, wie man bei Red Bull Racing sehen könne. Daher wäre es besser, wenn man das Paket in mehrere Disziplinen aufsplitten würde. «Aerodynamik, Mechanik, Motor, Fahrer, Reifen. Wenn du dann in einem Bereich überragend bist, muss das noch lange nicht heißen, dass du alles gewinnst. In den letzten Jahren warst du verloren, wenn du aerodynamisch nicht perfekt aufgestellt warst. Das hat kein Fahrer und kein Motor ausgleichen können. Wenn dann der beste Fahrer in dem Auto mit der besten Aerodynamik sitzt, hat keiner mehr eine Chance.»

Technik wichtiger als der Fahrer

Bergers Meinung nach habe die Technik den Fahrer im Laufe der Jahre verdrängt. «Die Richtung stimmt nimmer. Mein Ansatz ist: Ein Formel 1-Auto mit 650 oder 700 PS hat viel zu wenig Leistung. Mit einer perfekten Aerodynamik, den riesigen Auslaufzonen neben der Strecke und den elektronischen Hilfen bleibt zu wenig für den Fahrer übrig. Der gute soll sich vom weniger guten unterscheiden», sagt Berger und führt als Beispiel die Zeiten an, in denen er selbst noch Rennen fuhr.

«Wenn du in meiner Zeit eine Qualifikationsrunde perfekt hingebracht hast, warst du gleich einmal eine Sekunde schneller als der Teamkollege. Oder umgekehrt. Weil es so viele Möglichkeiten gab, einen Fehler zu machen. Das war der Ritt auf der Kanonenkugel», erinnert er an die frühere Turbo-Ära in den 1980er Jahren. «Vormittags hast du mit 850 PS trainiert. Am Nachmittag haben sie dir über den Ladedruck 1200 bis 1300 PS gegeben. Eine andere Getriebeübersetzung. Eine andere Flügeleinstellung. Und Qualifikationsreifen, die ganz andere Bremspunkte ermöglicht haben. Du bist ohne Vorbereitung in diese Runde gegangen. Üben ging nicht, weil nach einer Runde der Motor kaputt war. Du hast in der einen Runde alle deine fahrerischen Qualitäten einsetzen müssen.» Im Rennen sei aber wieder alles anderes gewesen. «Leistung zurück, andere Übersetzung, andere Reifen. Also wieder eine neue Herausforderung», erinnert sich der 54-Jährige.

Genau in diese Richtung sollte die Formel 1 auch jetzt wieder gehen, findet Berger. «Die Autos und die Strecken sind unglaublich sicher. Deshalb können wir verantworten, dass die Motoren wieder über 1000 PS haben. Und weniger Aerodynamik. Und härtere Reifen. Der Fan muss zuschauen und zu sich sagen: Das könnte ich nicht.»

Ein gutes Beispiel für spannenden Rennsport dieser Art sei die MotoGP-WM. «Da stimmt das Leistungsgewicht im Verhältnis zum Grip auf der Straße. Da ist der Fahrer der Schlüssel. So muss es sein. Überholen darf nicht durch DRS zustande kommen, sondern weil der eine Fahrer gut, der andere schlecht aus der Kurve rauskommt. Dann ist es Sport», meint Berger.

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