James Key (Toro Rosso): «Viele Autos werden parken»
Alles neu macht in der Formel 1 anno 2014 nicht der Mai, das passiert schon etwas früher: Die Formel-1-Techniker standen gewissermassen vor einem Berg an neuen Aufgaben, und gemäss Toro-Rosso-Technikchef James Key wird der Aufstieg an diesem Berg noch eine ganze Weile dauern.
James, ihr habt einen anderen Motorenpartner, Renault anstelle von Ferrari. Wie gross war die Umstellung?
Das hat die ganze Aufgabe gewiss nicht einfacher gemacht! Wir mussten nicht nur eine komplett neue Antriebseinheit einplanen, wir mussten das auch mit einem neuen Partner tun. Aber Renault erwies sich von Anfang an als exzellenter Partner. Damit will ich nichts Negatives über Ferrari gesagt haben. Renault geht die Aufgaben etwas anders an als Ferrari, und wir haben jede Unterstützung bekommen.
Wie früh wusstet ihr denn, welches Paket ihr einbauen müsst?
Die Arbeit am Wagen begann im Sommer 2012. Zu jenem Zeitpunkt hatten wir null Informationen. Wir begannen also ein Aero-Programm ohne genau zu wissen, was die Regeln im Detail sagen würden. Gegen Ende des Jahres 2012 war klar, dass wir zu Renault wechseln würden, ab da floss der Informationsstrom. Im Frühling 2013 bekamen wir eine genauere Vorstellung davon, was in Sachen Paket auf uns zukommt – zum Beispiel auch beim heiklen Thema Kühlung.
In welcher Form kann euch Red Bull Racing helfen, die ja schon länger mit Renault zusammen arbeiten?
Wir verwenden beispielsweise die kompletten Getriebe-Innereien von Red Bull Racing. Das kann nur von Vorteil sein, denn auch beim Getriebe betreten wir ja Neuland – mit dem Achtganggetriebe.
Ihr müsst mit einer Getriebeabstufung auskommen, aber ihr fahrt in Monza und ihr fahrt in Monte Carlo, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Wo liegt da der richtige Kompromiss?
Das kannst du nur mit sehr viel Simulationsarbeit herauszufinden versuchen. Die Abstufung ist bestimmt einer jener Aspekte, die du für die Saison 2014 nicht versemmeln willst! Aber ein toller Teil der neuen Turbomotoren ist, dass sie nicht mehr so abhängig von einer idealen Getriebeabstufung sind wie ein Sauger. Die Kraftentfaltung ist viel flexibler. Das wirklich Schwierige bestand darin: Wir mussten diesen Kompromiss finden, ohne auch nur einen Meter gefahren zu sein! Bei der Entscheidung spielte eine gehörige Portion Vermutung dazu. Dazu kommt noch, dass die Lösung ja für beide Autos funktionieren muss – also für Red Bull Racing und Toro Rosso.
Wie dramatisch war der aerodynamische Verlust durch das Verbot des angeblasenen Diffusors?
Die Abgase nicht mehr zur Erzeugung von Abtrieb verwenden zu können, war ein grosser Schritt. Derzeit versuchen alle, diesen Verlust wieder wettzumachen. Wir werden am Heck gewiss noch komplexere Bremsverkleidungen entdecken, weil hier ein Bereich ist, wo du noch Abtrieb finden kannst. Aber auch ohne zusätzlichen Abgasstrom sind die Diffusoren, also das zum Heck aufsteigende Ende des Unterbodens, ein kraftvolles Werkzeug.
Wieviel Prozent an Abtrieb sind verloren gegangen?
(Lächelt) Das möchte ich lieber nicht verraten!
Ein wie grosser Schritt ins Unbekannte ist das neue Reglement in Sachen Zuverlässigkeit?
Ich gehe davon aus, dass wir hier beim Test sehr viele Unterbrechungen erleben werden, weil die Autos stehen bleiben. Es sind einfach so viele unbekannte Bereiche, in die wir uns hinein bewegen. Ich halte es durchaus für möglich, dass einige Rennställe auf Probleme treffen, die sich nicht erwartet hatten. Das liegt in der Natur eines so grossen Schritts im Reglement. Für uns ist in dieser Woche die Rundenzeit kein Thema. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, das ganze Paket zum Laufen zu bringen. Dann haben wir zum Test in Bahrain etwas Reaktionszeit. Erst zum Schluss des Bahrain-Tests werden wir dann sehen, womit die Rennställe beim Saisonbeginn in Melbourne wirklich fahren wollen.