Mercedes, Vettel, Renault: Die Analyse von Marc Surer
Marc Surer: «McLaren und Williams machen den besten Eindruck»
In der Formel 1 klopft man sich ja gerne selber anerkennend auf die Brust, wie schnell man auf Probleme reagiere. Vieles davon ist prima Marketing in eigener Sache, aber unterm Strich darf es sich wirklich sehen lassen – nach dem wenig schmeichelhaften Testauftakt am Dienstag in Jerez (als acht Rennställe ingesamt nur 93 Runden zustandebrachten) wurden am zweiten Tag in Jerez 330 Runden gedreht. Das ringt auch Sky-TV-Experte Marc Surer Anerkennung ab.
Gestern haben wir nicht viel lernen können, ganz einfach deswegen, weil nicht so viel los war auf der Bahn. Was kannst du über den zweiten Tag sagen?
Mein kraftvollster Eindruck des Tages ist die Bestätigung dessen, was wir in den letzten Wochen gehört haben – dass nämlich Mercedes mit der Arbeit am weitesten ist. Ich finde es schon beeindruckend, wie viele Runden die Mercedes-Renner heute zurückgelegt haben. Grosse Probleme hätte ich dabei jetzt nicht ausmachen können. Besonders bei Rosberg und Button hattest du ja das Gefühl, dass die ständig auf der Bahn sind, etwas weniger bei Bottas im Williams. Daher sage ich: mindestens, was die Funktion betrifft, hat Mercedes wohl die Hausaufgaben am besten gelöst.
Am anderen Ende des Spektrums befindet sich Renault. Deren Partner Red Bull Racing, Toro Rosso und Caterham sind entweder kaum oder gar nicht zum Fahren gekommen. Wie sehr schmerzt das in dieser Phase der WM-Vorbereitung?
Genau dafür sind ja Testfahren im Grunde da. Der Test von Jerez wurde ja absichtlich etwas vorgezogen, um dann hier in Andalusien allfälligen Problemen auf die Spur zu kommen. Und um dann die Pause bis zu den beiden Bahrain-Tests nutzen zu können, auf dass man dort ein Auto hat, das funktioniert. Es ist insofern gut, wenn man einen Fehler früh findet.
Ich sehe generell die ganze Steuerung der neuen Antriebseinheiten, samt einer irrsinnig komplexen Verkabelung, als eine der grössten Fehlerquellen. Diese ganze System hängt ja aneinander. Und das ist ein hochkomplexes System.
Trotzdem: Muss sich Sebastian Vettel nach nur elf Runden an zwei Tagen Sorgen machen?
Nein. Wenn ich mir den Wagen von Red Bull Racing so anschaue, wie aerodynamisch ausgeklügelt und aus einem Guss der wirkt, dann kann ich es mir nicht vorstellen, dass sich Sebastian Sorgen machen muss. Trotzdem: es ist vorlorene Zeit. Und wer jetzt viel zum Fahren kommt, der erhält einen Vorteil.
Eigentlich wollte Pirelli diesen Tag als Schlechtwettertag nutzen, mit bewässerter Bahn. Dann kam die Sonne heraus. War das ein taktischer Fehler?
Für die Teams spielt es in dieser Phase, wo es vor allem um die Funktion der ganzen System geht, eigentlich keine Rolle, ob sie nun auf trockener oder nasser Bahn fahren. Aber viele Rennställe waren heute Morgen überhaupt nicht bereit, um hinaus zu fahren. Das ist für Pirelli natürlich nicht ideal, um Erfahrungwerte zu sammeln.
Gestern musste McLaren viel Häme einstecken: null Runden. Ist der Rennstall mit der Bestzeit von Jenson Button rehabilitiert?
Solche Auf und Ab werden wir noch öfter erleben. Man darf das nicht überbewerten. Was ich wichtiger finde: Ich habe mir die neuen Autos entlang der Strecke angeschaut. Am besten lagen für mich die Rennwagen von McLaren und Williams.
Sergio Pérez hingegen schien mir eher mit seinem Wagen zu kämpfen, vor allem ausgangs der Kurven. Vielleicht hat er selber auch noch Mühe, seinen Gasfuss auf das Verhalten eines Turbos einzustellen.
Kimi Räikkönen fuhr im Ferrari wie immer mit vollem Einsatz. Ich glaube, anders kann er das überhaupt nicht.