Bahrain-Test: Hülkenberg vor Alonso, Vettel in Sorge
Mercedes setzt weiterhin die Masstäbe: Drei Autos unter den schnellsten Vier nach dem ersten Testtag von Bahrain – Nico Hülkenberg im Force India vorne (mit einer leicht schnelleren Zeit als Sebastian Vettel bei seiner besten Rennrunde im Bahrain-GP 2013), dann sprengt Ferrari-Star Fernando Alonso das Mercedes-Trio und liegt vor Lewis Hamilton im Werks-Silberpfeil sowie Kevin Magnussen im Chrompfeil von McLaren.
Damit setzt sich der Trend von Jerez fort – die Mercedes-Rennställe machen den besten Eindruck, Ferrari liegt dicht im Windschatten, Renault ist Schlusslicht.
Dennoch fährt Ferrari wesentlich weniger Langläufe als Mercedes oder McLaren, daher sind die Zeiten von Fernando Alonso schwer einzuschätzen. Zwei Asse scheinen der Spanier und sein finnischer Stallgefährte Kimi Räikkönen jedoch im Ärmel zu haben: der Ferrari-Motor erfordert weniger Kühlung als das Aggregat von Renault, zudem scheint Ferrari der einzige Hersteller zu sein, der mit Schubabschaltung arbeitet (mehr dazu finden Sie HIER).
Da lässt sich auch die Schrecksekunde vom Morgen verkraften, als der Ferrari eine lange Rauchfahne nach sich zog und dann stehenblieb. Ein kurzes Video davon sehen Sie hier:
Sebastian Vettel: Nur 14 Runden
Weltmeister Sebastian Vettel konnte erst um die Mittagszeit erstmals auf die Bahn gehen. Noch am Mittwochmorgen waren Teile aus dem Werk in Milton Keynes angekommen, dieses Puzzle musste zuerst mal zusammengesetzt werden. Als Vettel dann in wenigen Runden endlich ein wenig in Schwung kam, war auch schon wieder Feierabend: rote Flagge. Der vierfache Formel-1-Champion griff selber zum Feuerlöscher, um einen möglichen Brand sofort zu ersticken. Als der Wagen an die Box zurückkam, hing Brandgeruch in der Luft. Wird dem Wagen (wie in Jerez) noch immer zu heiss? Einige behelfsmässig in die Motorhaube gebohrte Löcher deuten nicht auf eine Hightech-Lösung des Problems hin, die ganze Abdeckung weist seitlich des Auspuffs zusätzliche Öffnungen aus. Ob das reicht?
Die Weltmeister befinden sich noch immer auf dem Pannenstreifen, statt auf der Überholspur.
Noch ärger traf es den Piloten des anderen Red-Bull-Renners, Daniil Kvyat im Toro Rosso – über ein halbes Dutzend Runde kam der Russe nicht hinaus, nachdem zuerst die Ursache für ein Ölleck gefunden und der Defekt behoben werden musste. Dann blieb der Wagen wegen eines Elektrikdefekts stehen.
Hitzeschaden bei McLaren, Lotus mit steiler Lernkurve
Bei McLaren stimmte der Speed (Kevin Magnussen) am Steuer, aber die Techniker müssen nachbessern: die hintere Crash-Struktur ist von Abgasen angekokelt worden. Mit hitzebestätiger Isolation kann das leicht behoben werden. In der McLaren-Box erstmals im McLaren-Grau zu sehen: Teamdirektor Eric Boullier – nach Jahren als «Man in Black» ein gewöhnungsbedürftiger Anblick.
Der einzige Fehler, den sich der junge Däne am ersten Tag erlaubte: er betrat aus Versehen den Ingenieurs-Raum eines anderen Rennstalls.
Bei Lotus traf ein, was Experten schon beim Jerez-Test prophezeit hatten: gewisse Probleme, an welchen die Konkurrenz bereits arbeitet oder die schon gelöst wurden, werden die Schwarzen erst entdecken. Prompt musste Romain Grosjean fast den ganzen Tag lang Däumchen drehen – die Defekthexe spukte in der Software und nistete sich anschliessend im Energiespeicher ein. Beim Lotus-Filmtag in Jerez (zwei Tage mit maximal 100 Kilometern) hatte es keine Probleme gegeben ...
Bei Sauber kämpft Adrian Sutil noch immer mit der elektronisch gesteuerten Hinterradbremse, «auch wenn es schon viel besser ist als in Spanien». Zudem findet der Deutsche das Ansprechverhalten der Motoren noch immer sehr gewöhnungsbedürftig: «Wir stehen da noch ganz am Anfang, es gibt sehr viel zu tun. Aber das geht allen so. Und es war vor Jahren ähnlich, als wir auf V8-Motoren umstellten. Allerdings sind die neuen Antriebseinheiten wesentlich komplexer.»
Kellerkinder Marussia und Williams
Ohne Zeit in der Tabelle: Jules Bianchi (Marussia) und Felipe Massa (Williams). Der Brasilianer – in Jerez noch Tagesbester und viel zum Fahren gekommen – wurde von Problemen mit der Batterie der Antriebseinheit und mit der Benzinversorgung seines V6-Turbomotors genervt. Erst als die Benzinpumpe ersetzt war (die ganze Antriebseinheit musste dazu ausgebaut werden), sah die Williams-Truppe wieder etwas Land, aber da war der Testtag so gut wie vorbei. Erst zehn Minuten vor Schluss konnte Felipe für eine Installationsrunde nochmals auf die Bahn.
Schlagzeilen macht Williams aber auch so: Alle im Fahrerlager freuen sich auf den Wagen in Martini-Farben (mehr dazu finden Sie HIER).
Der Franzose Bianchi kam nicht über Installationsrunden hinaus (also rausfahren und gleich wieder reinkommen). Tracy Novak von Marussia: «Wir hatten ein Konfigurations-Problem mit der Software, das wir gegen Ende des Testtags gelöst zu haben glauben.»
Da hätte Jules viel Zeit gehabt, sich mit seinem Marussia-Stallgefährten Max Chilton zu unterhalten, doch die beiden haben sich offenbar nicht so viel zu sagen: Gestern beim Abendessen im Regency Interconti sass Jules jedenfalls am einen Tisch, Chilton an einem anderen. Sie wechselten kein einziges Wort. Vielleicht wollte sich der Franzose nur nicht fremdschämen: Max Chiltons Physio lümmelte in kurzen Hosen und in Badeschlappen zu Tisch im Edel-Italiener. Den guten Geschmack hatte er offenbar wie lange Hosen im Zimmer vergessen.
Bahrain-Test, Tag 1
1. Nico Hülkenberg (D), Force India VJM07-Mercedes, 1:36,880 (77)
2. Fernando Alonso (E), Ferrari F14 T, 1:37,879 (64)
3. Lewis Hamilton (GB), Mercedes F1 W05, 1:37,908 (74)
4. Kevin Magnussen (DK), McLaren MP4/29-Mercedes, 1:38,295 (81)
5. Sebastian Vettel (D), Red Bull Racing RB10-Renault, 1:40,224 (14)
6. Adrian Sutil (D), Sauber C33-Ferrari, 1:40,443 (81)?
7. Robin Frijns (NL), Caterham CT05-Renault, 1:42,534 (66)
8. Daniil Kvyat (RU), Toro Rosso STR9-Renault, 1:44,346 (5)
9. Romain Grosjean (F), Lotus E22-Renault, 1:44,832 (8)
10. Felipe Massa (BR), Williams FW36-Mercedes, ohne Zeit (5) *
11. Jules Bianchi (F), Marussia MR03-Ferrari, ohne Zeit (2) *
*? nur Installationsrunden?