Jalinier: «Arbeiten am Renault-Motor für 2015»
Jean-Michel Jalinier: «Natürlich müssen wir Geld in die Hand nehmen, um unseren Rückstand aufzuholen»
Jean-Michel Jalinier, Sie sehen müde aus – bereitet Ihnen die F1-Antriebseinheit von Renault schlaflose Nächte?
Nein, das liegt wohl daran, dass ich heute Morgen um 7 Uhr gelandet bin. Ich habe also einen ganzen Tag und eine Nacht ohne Schlaf hinter mir. Aber bis jetzt läuft es ganz gut. Ich weiss aber nicht, wie die Antwort heute Abend ausfallen wird...
Und wie sieht es mit den Mitarbeitern im Motorenwerk in Viry-Chatillon aus?
Natürlich machen wir uns alle noch viele Sorgen über unsere aktuelle Lage. Es liegt immer noch viel Arbeit vor uns, denn wir sind noch nicht da, wo wir sein wollen. Aber es sieht schon viel besser aus, denn wir haben nun den Beweis, dass unser Aktionsplan, mit dem wir den Rückstand aufholen wollen, stimmt. Wir sind also auf dem richtigen Weg. Jedes Mal, wenn wir einen Schritt machen, können wir in den Daten die entsprechenden Ergebnisse sehen. Nach dem schwierigen ersten Wintertest, bei dem wir sehr weit zurücklagen, konnten wir uns wieder erholen. Der Abstand auf die Spitzenreiter wird immer kleiner. In Malaysia haben wir einen grossen Schritt gemacht, einen kleineren in Bahrain und auch jetzt werden wir uns verbessern, sodass der Rückstand auf die Leader weniger als eine Sekunde beträgt.
Musste dieser Aktionsplan nach den ersten Rennen angepasst werden?
Ja, die Hauptrichtung stimmte, aber es gibt immer wieder feine Anpassungen, denn wir lernen mit jedem Rennwochenende und auch mit jedem Kilometer auf den Prüfständen dazu.
Renault profitiert also von den Daten aller vier Kundenteams. Ist das die ideale Anzahl, um die Entwicklung des V6-Turbos voranzutreiben?
Ich denke schon, aber ehrlich gesagt wäre ich auch mit drei Teams zufrieden. Das würde reichen, um genug über die neuen Antriebseinheiten zu lernen, gleichzeitig wäre die Arbeitslast nicht ganz so hoch. Zu Saisonbeginn hatten wir einige Probleme, da war es natürlich ein Vorteil, dass wir gleich von vier Teams lernen konnten.
Vor rund einem Monat sagten Sie, dass die Probleme von Renault bis zum Europa-Auftakt in Barcelona gelöst sein sollten. Muss diese Prognose nun korrigiert werden?
Nun, bis zum Barcelona-Rennen bleiben uns noch knapp drei Wochen Zeit. Ich hoffe sehr, dass wir unseren Rückstand bis dann aufgeholt haben werden. Das ist das Ziel, daran hat sich nichts geändert.
Die Regeln erlauben Änderungen am Motor, solange sie der Standfestigkeit dienen. Haben Sie diese Möglichkeit schon genutzt oder werden Sie in nächster Zeit davon Gebrauch machen?
Derzeit konzentrieren wir uns nicht auf Änderungen des Motors, denn wir sind überzeugt, dass wir eine gute Basis haben. Es geht vielmehr darum, die beiden Software-Pakete zu optimieren. Das eine davon sorgt dafür, dass der Fahrer genau so viel Power bekommt, wie er auch braucht. Die andere Software managt die Energieverteilung des gesamten Systems. Da geht es um die Frage: Wie kann man die zur Verfügung stehende Energie so effizient wie möglich einsetzen? Es existieren unglaublich viele Möglichkeiten, weil die neuen Antriebseinheiten sehr komplexe Systeme sind. Wir optimieren das von Strecke zu Strecke. Dabei spielt auch das Spritlimit eine grosse Rolle: Je einfacher das Spritlimit einzuhalten ist, desto mehr Möglichkeiten bleiben uns.
Welche Strecken im WM-Kalender stellen mit Blick auf das Spritlimit die grösste Herausforderungen dar?
Australien, Spa-Francorchamps, Monza und Singapur.
Ist der effiziente Umgang mit dem Treibstoff der grosse Vorteil von Mercedes, oder gibt es andere Bereiche, in denen die Spitzenreiter stärker sind?
Sie haben einen Vorsprung beim Verständnis darüber, wie man die Antriebseinheiten am Besten einsetzen kann und auch bei der Optimierung sind sie uns voraus.
Wie viele Software-Ingenieure arbeiten derzeit für die Formel-1-Abteilung von Renault?
Puh, ich weiss nicht. Entscheidend ist nicht die Anzahl, sondern die Qualität ihrer Arbeit. Am Motoren-Mapping für jedes Rennen arbeiten etwa 20 Leute. Hinzu kommen die Ingenieure an den Prüfständen und an der Strecke, die an der Feinabstimmung arbeiten. Wichtig ist, dass die Qualität der Software stimmt. Unser Problem zu Saisonbeginn war, dass Teile der Software noch nicht ausreichend entwickelt waren. Besonders für die speziellen Fälle, wie etwa der Fahrt hinter dem Safety-Car. Wer konkurrenzfähig sein will, muss das ganz präzise definieren.
Wie sieht es mit den Kosten aus: Wie gross ist der Zusatzaufwand, der sich durch die Aufholjagd ergibt?
Natürlich müssen wir Geld in die Hand nehmen, um unseren Rückstand aufzuholen, aber das stellt uns nicht vor substanzielle Probleme. In dieser Phase geben wir mehr aus, als wir ursprünglich geplant haben. Wir haben nun auch schon angefangen, am Motor für 2015 zu arbeiten, und natürlich verursacht das auch Kosten. Aber das geht schon. Wir werden so viel ausgeben, wie nötig ist, um nach vorne zu kommen.