Ayrton Senna Teil 3: Endlich Weltmeister!
1988 war das letzte Jahr der Turbo-Ära und das erste der Ära Senna-Prost-McLaren. Als Senna zu McLaren kam, hatte er großen Respekt vor dem älteren Teamkollegen, der immerhin bereits zweimaliger Weltmeister war, und Prost wusste, der der junge Brasilianer ihm gefährlich werden könnte. Seine Befürchtungen sollten sich bestätigen. Bereits beim ersten Rennen stand Senna auf der Pole, wurde jedoch, da er das Auto wechseln musste, disqualifiziert. Beim zweiten Rennen in Imola aber bekam Alain Prost einen ersten Eindruck, dass diese Saison für ihn nicht leicht werden würde: Pole und Sieg für Senna.
Der Grand Prix von Monaco sollte zu einem Schlüsselrennen für Ayrton Senna werden. Er stand wieder auf der Pole und führte auch das Rennen überlegen an. Doch dieses Mal ließ die Konzentration ihn im Stich und er machte einen seiner wenigen Fehler. 12 Runden vor Schluss, von der Box kam die Anweisung das Tempo zu verlangsamen, geschah es. Kurz vor dem Tunnel krachte der McLaren in die Leitplanke. Senna war dermaßen überrascht über sich selbst, dass er nicht einmal an die Box zurückging sondern sich bis auf weiteres in sein nahe gelegenes Apartment zurückzog und wochenlang unter dem Vorfall litt.
Danach konnte er allerdings noch sieben Rennen gewinnen, stand insgesamt 13 Mal auf der Pole Position und wurde mit 90 Punkten Weltmeister. Die Überlegenheit von McLaren in diesem Jahr war deprimierend für die anderen Teams, die lediglich wie Statisten wirkten. Acht Siege für Senna, sieben für Prost. Wären in Monza nicht beide ausgefallen, hätte McLaren in diesem Jahr alle Rennen gewonnen. Man verstand sich – noch.
Stallkrieg mit Prost
Beim Grand Prix von Portugal kam es jedoch zur ersten ernsthaften Konfrontation der beiden. Nach dem Start fuhren beide nebeneinander auf die erste Kurve zu, keiner wollte nachgeben und Senna drängte Prost - bei Tempo 300! - immer weiter in Richtung Boxenmauer. Prosts Worte nach dem Rennen sind inzwischen legendär. «Ich wusste nicht, wie sehr Du diesen Titel willst. Du kannst ihn haben, ich will nicht dafür sterben.» Bei leichtem Nieselregen in Suzuka war es dann auch geschafft. Ayrton Senna war zum ersten Mal Weltmeister.
1989 ging es ähnlich weiter. In Imola eskalierte aber der Streit zwischen den Teamkollegen. Man hatte ein Abkommen, dass derjenige, der in der ersten Kurve vorne lag, zunächst nicht angegriffen werden sollte. Prost lag vorne, trotzdem überholte Senna ihn kurz darauf in der Tosa-Kurve. Der Auftakt zu einer jahrelangen Feindschaft, die, im Nachhinein gesehen, beide aber zu Höchstleistungen antrieb, zu denen sie, wäre die Situation entspannter gewesen, vielleicht nie fähig gewesen wären.
Der Saisonverlauf war wohl einer der spannendsten der Geschichte. Vor dem vorletzten Rennen in Suzuka wusste Senna, dass er alles riskieren musste, wollte er die WM noch gewinnen. In Runde 47 startete Senna vor der Schikane einen Überholversuch, Prost zog nach rechtes, beide verhakten sich und rutschten geradeaus. Prost stieg aus und fühlte sich schon als Weltmeister. Senna aber fuhr weiter, holte sich an der Box einen neuen Frontflügel – und gewann. Nur um nach der Zieldurchfahrt zu erfahren, dass er wegen Auslassens der Schikane disqualifiziert worden war.
Senna und McLaren legten Berufung ein, bekamen aber als Quittung zusätzliche 100.000 Dollar Strafe aufgebrummt und Senna einen sechsmonatigen Lizenzentzug wegen gefährlicher Fahrweise in mehreren Fällen. Senna schäumte und sprach von einer Manipulation der Weltmeisterschaft zugunsten Prosts, die Jahre später indirekt auch eingeräumt wurde. Er zog sich nach Brasilien zurück und war nahe daran, mit der Formel 1 aufzuhören.
Die Rache in Suzuka
Im folgenden Jahr fuhr Prost für Ferrari, Sennas neuer Teamkollege war Gerhard Berger, mit dem ihn eine enge Freundschaft bis zu seinem Tod verbinden sollte. 1990 war der McLaren bei weitem nicht mehr so überlegen und Senna schaffte «nur» sechs Siege, stand vor dem Grand Prix von Japan in Suzuka aber trotzdem kurz vor dem Gewinn der Weltmeisterschaft. Prost musste gewinnen, um seine eigenen Chancen intakt zu halten. Senna stand auf Pole, Prost auf Startplatz zwei. Am Start zog der Franzose vorbei, kam aber nicht weit, denn Senna krachte ihm bei Tempo 240 ins Heck und beide flogen von der Strecke – Senna war Weltmeister. «Ein ganz normaler Rennunfall», sagte er, gab aber Jahre später zu, dass es die Rache für 1989 war. «1989 hat er mich abgeschossen, da habe ich das gleiche mit ihm gemacht.»
Die große Zeit von McLaren war 1991 endgültig vorbei und Sennas neuer, großer Rivale war Nigel Mansell im Williams. Senna gewann zwar die ersten drei Rennen, zum ersten Mal auch seinen Heim-Grand-Prix in Brasilien, aber Mansell wurde immer stärker. Eine ständig defekte Tankanzeige beim McLaren tat ein Übriges, dass der amtierende Weltmeister mehr als ein Mal ohne Sprit auf der Strecke stehen blieb. Der Kampf um die WM-Krone blieb jedoch bis zum Grand Prix von Japan in Suzuka offen. Ein Bremsdefekt warf den Engländer aus dem Rennen und Senna konnte seinen dritten Titel nach Hause fahren. Da konnte er es sich sogar leisten, den Sieg seinem Freund und Teamkollegen Berger zu schenken, der an seinem Erfolg großen Anteil hatte.
Alain Prost zog sich Ende 1991, vorläufig, vom Grand Prix-Sport zurück und 1992 trumpfte Williams auf. Ein Auto mit aktiver Radaufhängung, Traktionskontrolle, halbautomatischem Getriebe, Mansell gewann die ersten fünf Rennen überlegen während Senna drei Mal ausfiel und nur zwei dritte Plätze für sich verbuchen konnte. Dann kam Monte Carlo und der «König von Monaco» schlug wieder zu.
Fünfter Sieg im Fürstentum
Mansell lag mit gut 30 Sekunden in Führung, als er im Tunnel leicht anschlug und an die Box zum Radwechsel musste. Senna übernahm die Führung, Mansell war nach wenigen Runden aber schon wieder am Heck des McLaren und das nun folgende Duell war das mit Sicherheit spannendste in der Geschichte des Monaco-Grand-Prix. Der Brite versuchte es rechts, links, wieder rechts, wieder links, aber Senna machte sich so breit, dass kein Weg an ihm vorbeiführte. Die Belohnung war Ayrton Sennas fünfter Sieg im Fürstentum. Am Ende des Jahres war Senna Vierter in der WM-Wertung, hinter einem neuen, großen Rivalen, Michael Schumacher.
Senna war klar, dass er, wollte er noch einmal Weltmeister werden, zu Williams gehen musste. Dort hatte aber inzwischen sein Erzfeind Alain Prost angeheuert und sich vertraglich zusichern lassen, dass Senna als Teamkollege ausscheide. Zu allem Übel hatte McLaren für 1993 auch noch die Honda Motoren verloren und musste sich mit Ford V8-Triebwerken zufrieden geben. Senna war frustriert und erwog ernsthaft, seine Karriere zu beenden, er hatte keine Lust mehr und fuhr bis Saisonmitte ohne richtigen Vertrag bei McLaren. Pro Rennen eine Million Dollar. Trotz des unterlegenen Ford-Motors, mit dem außer ihm nur Michael Schumacher an der Spitze mithalten konnte, gewann Senna drei der ersten sechs Rennen und war zwei Mal Zweiter.
Einen dieser Siege feierte Ayrton Senna in Donington beim Grand Prix von Europa. Ein Rennen, das bis heute unvergessen und das vielleicht beste Rennen seiner Karriere ist. Die Strecke war nass, Senna stand auf dem vierten Startplatz hinter Prost, Hill, Schumacher und Wendlinger. Es schien, als würde der McLaren in einer anderen Liga fahren und Mitte der ersten Runde war er erster. Die wechselnden Wetterverhältnisse machten allen das Leben schwer. Slicks, Regenreifen, Slicks, zurück auf Regenreifen und so weiter. Der einzige, der in diesem Chaos den Überblick zu behalten schien, war Senna. Am Ende stand er als strahlender Sieger auf dem Podium, neben ihm Damon Hill als Zweiter und Prost als Dritter.
Rückkehr zu Williams
Nach einem zweiten Platz in Spanien und einem weiteren, seinem sechsten, Sieg in Monaco lief es nicht mehr so gut. Erst die letzten beiden Rennen in Suzuka und Australien konnte er wieder für sich entscheiden und wurde, trotz des unterlegenen Autos zweiter in der WM, hinter Alain Prost, der seine Karriere Ende 1993 endgültig beendete. Der Platz bei Williams war frei für Senna und zwischen ihm und Prost kam es nach jahrelangen Anfeindungen sogar zu einer Versöhnung. Bei der Pressekonferenz in Adelaide war die Welt wieder in Ordnung. «Wir sollten uns an die schönen Dinge erinnern», sagte Senna und Prost schloss sogar eine künftige Freundschaft der beiden nicht aus.
Schon vor Saisonbeginn 1994 stand für die meisten Beobachter der neue Weltmeister bereits fest. Der beste Fahrer im besten Auto, wer sollte ihn schlagen? Doch es kam anders. Sennas neuer, großer Gegner hieß Michael Schumacher in Benetton. Erstes Rennen, der Grand Prix von Brasilien. Ayrton Senna startet von der Pole Position, verliert beim Boxenstopp aber gegen Schumacher und der Deutsche führt. 15 Runden vor Schluss dreht sich der Brasilianer von er Strecke und Schumacher gewinnt das Rennen.
Zweiter Grand Prix im japanischen Aida. Wieder gewinnt Schumacher, Senna hatte zwar wieder Pole, wurde aber bereits am Start von Mika Häkkinens McLaren von der Strecke geschoben und von Nicola Larinis Ferrari endgültig torpediert. Der zweite Ausfall im zweiten Rennen. Was beim drittem Saisonrennen in Imola passierte, ist wohl allen noch zu gut in Erinnerung.