Marc Surer: «Mit Sebastian Vettel ist zu rechnen»
Marc Surer
Der Grosse Preis von Monaco steht an, Marc – für viele Fahrer das Highlight der Saison. Was macht diese Strecke so besonders?
Monaco ist wie Bobfahren in einem Formel-1-Boliden. Man fährt in einem Kanal, und jeder Fehler bedeutet fast schon das Aus, weil man irgendwo anschlägt. Für den Fahrer ergibt sich eine völlig andere Situation, da es keine grossen Auslaufzonen gibt. Somit fährt jeder eigentlich mehr gegen sich als gegen die Konkurrenz, denn Überholen ist kaum möglich.
Sebastian Vettel überzeugte zuletzt in Barcelona und rollte das Feld von hinten auf. Ist mit dem Weltmeister wieder zu rechnen?
Vettel bildet auf jeden Fall wieder eine Einheit mit seinem Auto, was vor Barcelona nicht der Fall war. Wenn ein Fahrer so überholen und dermassen schnelle Rundenzeiten fahren kann, dann muss man schon sagen, dass sich Vettel eindrucksvoll zurückgemeldet hat.
Dennoch bemängelte Vettel nach dem Rennen, dass sein Auto am meisten Probleme damit hatte, wenn es einfach nur geradeaus geht.
Wie ist das zu erklären?
Es ist ein hausgemachtes Problem, denn Red Bull Racing hat den meisten Luftwiderstand. Toro Rosso mit den gleichen Motoren fährt beispielsweise auf der Geraden genauso schnell wie Mercedes. Das Jammern über die Motoren ist somit aus meiner Sicht nicht mehr gerechtfertigt. Allerdings sind diese Punkte wegen der kurzen Geraden in Monaco nicht ganz so wichtig.
Wird es also für Vettel reichen, in Monaco ganz vorne anzugreifen?
Monaco ist keine reine Powerstrecke, denn man braucht eine gute Traktion und ein optimales Einlenkverhalten. In einigen Kurvenpassagen ist zudem Abtrieb gefragt, so dass sich Red Bull durchaus die Chance bieten könnte, Mercedes einzuheizen. Allerdings bleiben die Silberpfeile für mich weiterhin das Mass aller Dinge.
Und wer siegt am Ende? Hamilton oder Rosberg?
Das Qualifying am Samstag wird entscheidend sein. In den letzten Jahren kam Rosberg im Fürstentum besser zurecht, und ich kann mir vorstellen, dass er sich den Sieg holt.
Unter Schumacher dominierte Ferrari, zuletzt Red Bull Racing, jetzt Mercedes – was macht die Formel 1 falsch, dass immer wieder ein Rennstall das Geschehen beherrscht?
Grundsätzlich ist die Formel 1 nicht nur eine Fahrer-, sondern auch eine Technikformel. Und es ist irgendwie ein Teil der Formel 1, dass ein Team das Auto besser einstellt als der Rest. Aber ich freue mich über die Situation, dass dieses Mal nicht Red Bull Racing dominiert. Jetzt sind die Bullen in der Verfolgerrolle und müssen angreifen. Das gab es seit deren Einstieg in die Formel 1 nicht, und es ist spannend zu sehen, wie sich das Ganze entwickelt. Mercedes hat den Titel auf jeden Fall noch nicht sicher.
Hältst du es wirklich für möglich, dass der Weltmeister keinen Mercedes fährt?
Ja, das ist vorstellbar. Es gab auch schon einmal den Fall, dass McLaren die ersten Rennen dominierte, aber am Ende überhaupt keine Rolle mehr spielte. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass dies Mercedes auch passiert, aber man muss die Situation mit Vorsicht geniessen.