Formel-1-Erfolgsrezept von Mercedes: Wie eine Armee
Alain Prost über Mercedes-Duell: «Es wird alles andere als einfach, die gute Beziehung zwischen den Piloten aufrecht zu erhalten»
Der vierfache Weltmeister Alain Prost gehört zu den erfolgreichsten Formel-1-Piloten aller Zeiten. Nur der aktuelle Champion Sebastian Vettel (vier Titel), Rekord-Weltmeister Michael Schumacher (sieben Titel) und Rennlegende Juan Manuel Fangio (5 Titel) haben sich die WM-Krone in ihrer Karriere mindestens vier Mal sichern können. Von 1987 bis 2001 hielt der Pilot mit dem Spitznamen Professor mit 51 Triumphen den Rekord für die meisten GP-Siege. Erst als Schumacher 2001 den Belgien-GP für sich entschied, wurde der Franzose entthront.
Im Rahmen des Monaco-GP sprach der 59-jährige Renault-Markenbotschafter über die Chancen von Red Bull Racing, die Überlegenheit der Silberpfeile und die Tücken des Leitplanken-Dschungels von Monte Carlo, in dem er in seiner 13-jährigen Karriere vier Mal triumphierte.
Alain Prost, kann Red Bull Racing in Monaco ein Comeback an der Spitze feiern?
Wieso nicht? Dieser GP unterscheidet sich grundsätzlich von allen anderen. Natürlich ist die Motorenpower für jedes Team ein Schlüssel zum Erfolg. Und Mercedes dominiert in dieser Hinsicht, die sind so stark! Aber dagegen lässt sich nichts machen, wir können die Silberpfeile ja nicht zurücksetzen lassen, nur weil sie stark sind. Aber sie haben schon einen grossen Vorteil mit ihrem Chassis und dem Motor. Auch auf dieser Strecke wird Mercedes einen starken Eindruck hinterlassen. Aber zum Glück macht auf diesem Kurs immer noch der Fahrer den Unterschied im Qualifying. Und die Strecke ist für alle Piloten eine echte Herausforderung. Einige Teams könnten hier kleine Wunder vollbringen – wie etwa das Williams-Team, das von grossem Talent profitiert.
Wieso ist Mercedes so überlegen? Geht der Vorsprung auf harte Arbeit und mehr finanzielle Mittel zurück? Oder wo liegt der Unterschied zu Renault?
Das ist schwer zu sagen. Es ist unmöglich, einen Vergleich auf Budget-Ebene zu ziehen. Seit Mercedes von den neuen Regeln gehört hat, hat sich das Team damit befasst. Die sind wie eine Armee organisiert, durchstrukturiert und stark. Die Organisation der Arbeiten am Chassis und am Motor wurden gut organisiert, die Silberpfeile waren im Januar 2014 bereit für die WM. Man hat also vorausgeplant. Renault hat hingegen nicht ganz die gleichen Herausforderungen zu meistern. Man konnte zuletzt mit Sebastian Vettel vier WM-Titel in Folge gewinnen. Und Renault beliefert vier verschiedene Rennställe. Beim Tempo bestehen noch Unterschiede, aber wie hoch die sind, ist schwer zu sagen. Renault hatte einen schwierigen Saisonstart, doch die Statistik zeigt, dass man einen grossen Schritt nach vorne machen konnte.
Bei Mercedes kämpfen mit Lewis Hamilton und Nico Rosberg derzeit zwei sehr starke, unerbittliche Formel-1-Piloten um den WM-Titel. Wie lange geht das gut?
Es wird schwierig, beiden Fahrern über die Dauer die gleichen Chancen einzuräumen. Das Team ist da sehr vorsichtig, aber es wird trotzdem alles andere als einfach, die gute Beziehung zwischen den Piloten aufrecht zu erhalten. Dazu braucht es einen fairen Zweikampf – Mann gegen Mann. Der WM-Schlussspurt verspricht spannend zu werden – mit 50 WM-Punkten pro GP-Sieg in den letzten Rennen.
Macht Mercedes damit alles richtig? Oder sollte ein Rennstall auf eine klar definierte Nummer 1 setzen?
In meiner Karriere habe ich sowohl solche Duelle wie den aktuellen Mercedes-Zweikampf erlebt, als auch das Gegenteil davon. Damals gab es keine Stallregie. Normalerweise gibt es in einem Rennstall aber eine Nummer 1, was meistens im Vertrag festgeschrieben wird. Es ist sehr positiv, dass es in diesem Jahr anders läuft. Das Auto ist stark, aber die Fahrer sind aussergewöhnlich. Sollte Renault wieder erstarken, kann es für Mercedes gefährlich werden, denn die Silberpfeile dürfen keine Risiken eingehen. Es kommt der Zeitpunkt, an dem es gefährlich wird, überhaupt etwas zu unternehmen, um den Vorteil zu halten. Und dann kann die Stimmung im Team leicht kippen...
Ein gutes Qualifying ist in Monaco entscheidend für den Erfolg. Wie lautet der Geheimtipp von Alain Prost?
Für Monaco existieren etliche Erfolgsrezepte. Zwischen dem ersten Training am Donnerstag und dem letzten Einsatz im GP liegen Welten. Der Kurs ist wie ein mehrgängiges Menu: Vorspeise, Hauptmahl und Dessert. Am Samstag ist die Strecke noch ganz anders als am Rennsonntag. Die Leitplanken sind sehr nah und die besten Piloten tasten sich langsam an die Grenze heran, wobei sie die meiste Energie im Qualifying freisetzen. Auf dieser Strecke muss man am einen oder anderen Punkt Risiken eingehen. Es hat keinen Platz für Fehler oder Probleme. Die Strecke selbst ist fantastisch, deren passive Sicherheit wird ständig erhöht. Beim Start und in den ersten Runden hälst du die Luft an, denn es fühlt sich so schnell an und es gibt so wenig Platz! Auch die Streckenposten sind hier besonders gefordert, sie machen einen wirklich guten Job.