Übler Verdacht: FRIC im Einsatz und keiner merkt’s?
Für sie ist klar, wer am Sonntag unterstützt wird
Im Gespräch mit einem halben Dutzend Formel-1-Techniker kristallisiert sich heraus: fast alle sind der Überzeugung, dass die GP-Renner in Sachen Aufhängungstechnik auf dem Stand Hockenheim ins Ungarn-GP-Wochenende gehen werden; genauer – ohne das umstrittene Aufhängungs-Ausgleichssystem FRIC.
Zum Stand der Dinge: FRIC (front and rear interconnected), eine von Lotus (damals als Renault-Werksrennstall) entwickelte und 2014 von Mercedes zur Perfektion gebrachte Aufhängungshydraulik, sorgt dafür, dass Bewegungen des Fahrzeugs (Beschleunigen, Bremsen, Kurvenfahrt, Buckel) verringert werden. Auf diese Weise kann sich die Aerodynamik besser entfalten. Im Rahmen des britischen Grand Prix war den Teams vom Formel-1-Sicherheitsdelegierten und Regelansprechpartner Charlie Whiting erklärt worden, dass der Autoverband FRIC inzwischen als so hochgestochen erachte, dass es als unerlaubtes aerodynamisches Hilfsmittel eingestuft werden müsse. Ein Einsatz in Hockenheim werde daher den Rennkommissaren gemeldet. Daraufhin verzichteten alle Rennställe beim vergangenen WM-Lauf auf den Einsatz des cleveren Systems.
Haben Sie bemerkt, dass ich oben «fast alle» geschrieben hatte? Denn ein Techniker gibt zu bedenken: «Ich bin der Überzeugung, dass ein Team das System einsetzen könnte und die anderen würden es von aussen nicht erkennen. Erst wenn die Verkleidung abgenommen wäre, würden die Hydraulikleitungen den Trick verraten.»
Von da an gibt es in diesem Gedankenmodell zwei Wege: Entweder, das Team könnte den Kniff ein Wochenende lang geheim halten. Dann passierte überhaupt nichts.
Oder ein gegnerisches Team würde den FRIC-Einsatz spitzkriegen. Durchaus denkbar, dass es dann beim Autoverband FIA vorstellig würde, in Form eines Protests. Der kostet übrigens 2000 Euro. Diese Gebühr wurde eingeführt, damit nicht jeder wegen jeder Lapalie protestiert.
Die vier Rennkommissare müssten sich sodann mit dem Fall beschäftigen. Nicht vergessen: FRIC ist bislang nicht für illegal erklärt worden, vor Hockenheim bauten die Rennställe die Hydraulik freiwillig aus. Würden die Kommissare der Expertise von Charlie Whiting folgen (was anzunehmen ist), hätte die FRIC-Verwendung wohl den Ausschluss zur Folge.
Nochmals unser Techniker: «Werden die Kommissare beispielsweise nach dem Qualifying aktiv und halten auch sie das System für illegal, so müssten die Zeiten des betreffenden Konkurrenten aus dem Abschlusstraining gestrichen werden. Ohne Runde im Abschlusstraining müsste dieser Fahrer aus der Boxengasse ins Rennen gehen. Und er müsste dies tun, ohne eine einzige Runde mit einer Abstimmung ohne FRIC zurückgelegt zu haben. Allein aus diesem Grund kann ich mir dann doch nicht vorstellen, dass einer das wagt.»
Ungarn wird aus FRIC-Perspektive dennoch interessant. Formel-1-Insider wie Marc Surer oder Martin Brundle sind der Meinung, dass wir erst nach Rennen auf Strecken unterschiedlichen Layouts lernen werden, ob sich das Abhängen des Systems aufs Kräfteverhältnis in der Formel 1 auswirkt.