Bruce McLaren: Belgien-GP-Sieger – ohne es zu wissen!
Der Neuseeländer Bruce McLaren sah das Leben als Herausforderung. Und er war bereit, dafür den höchsten Preis zu bezahlen. «Etwas gut zu machen, ist so erstrebenswert, dass es nicht töricht sein kann zu sterben, wenn man sich verbessern will. Es ist eine Vergeudung des Lebens, nichts aus seinen Fähigkeiten zu machen. Denn ich bin der Überzeugung: das Leben sollte nicht in Jahren bemessen werden, sondern in Errungenschaften.» Bruce McLaren sprach die Worte bei der Beisetzung seines Freundes, des Rennfahrers Tim Mayer (der Bruder des späteren McLaren-Teamchefs Teddy Mayer). 1970 hätten die Worte bei den Trauerfeierlichkeiten von Bruce McLaren selber nicht passender sein können ...
Zwei Jahre lang schon setzte Bruce McLaren in der Formel 1 Autos mit eigenem Namen ein, doch die Rennwagen wurden von Kinderkrankheiten geplagt – 1966 und 1967 wurde er jeweils WM-14. 1968 sollte alles besser werden.
Das neue Modell M7A (nach einem Entwurf von Robin Herd, ausgeführt von dessen Nachfolger Gordon Coppuck) wurde im Frühling präsentiert und debütierte am 17. März beim nicht zur WM zählenden Formel-1-Rennen in Brands Hatch, dem Race of Champions: die Wagen in Papaya-Orange von Bruce McLaren und Denny Hulme schlugen ein wie der Blitz – Bruce gewann von Pole aus.
Tyler Alexander, langjähriger Wegbegleiter von Bruce McLaren, erinnert sich: «Ich weiss nicht mehr, was wir nach dem Lauf in Brands an den Autos machen mussten, aber es muss aufwändig gewesen sein. Ich weiss jedenfalls noch, dass ich bei der Fahrt zum folgenden Rennen in Silverstone, der BRDC International Trophy, seelig im Rennwagen schlief, während der Lastwagen mit der kostbaren Fracht Richtung Northamptonshire rumpelte ...»
Silverstone lief noch besser: Doppelsieg, Denny Hulme vor Bruce McLaren.
Zeitsprung nach Spa-Francorchamps, dritter Lauf zur Formel-1-WM 1968. Tyler Alexander nimmt den Faden auf: «Denny fuhr stark, dann aber gab es Probleme mit der Halbwelle. Bruce war solide unterwegs, vor allem aber lief sein Wagen standfest, und so fand er sich kurz vor Schluss auf Rang 2 wieder. Zu Beginn der letzten Runde dann helle Aufregung – Leader Jackie Stewart brachte seinen Matra für ein paar Liter Sprit an die Box. Ich zeigte bei McLaren damals die Tafeln. In der Runde zuvor hatte Bruce den Mexikaner Pedro Rodriguez im Nacken. Mir blieb keine Zeit, um Bruce ein «P1» für Platz 1 auf die Tafel zu stecken, da kam er auch schon angebraust. Ich zeigte ihm mit dem Finger auf die Strecke, keine Ahnung, wieso ich das machte, aber mir fiel nichts Besseres ein. Als Bruce über die Ziellinie fuhr, hatte er mit andere Worten nicht den geringsten Schimmer, dass er in Führung lag.»
Bruce McLaren erinnerte sich später in seiner internationalen Kolumne (geschrieben von einem anderen Wegbegleiter, dem Journalisten Eoin Young) an diesen Moment: «Ich zischte über die Linie, dabei winkte ich dem Mann mit der karierten Flagge kurz zu. Dann fuhr ich hinten an der Box durch, um den Wagen beim Renntransporter zu parken. Ich dachte: Rang 2, gar nicht so übel. Vor allem nicht, weil ich in Spanien ausgefallen war und mir in Monaco einen Dreher geleistet hatte. Hinter unserer Box waren so viele Leute, dass ich nicht mehr weiter kam. Ich wunderte mich ein wenig um den Rummel.»
«Der erste Mann, der an meinem Wagen war – Cyril Atkins, ein BRM-Mechaniker. Er faselte etwas von Boxenstopp und Stewart und seinem Piloten Rodriguez, und er seufzte: „Was für ein Finale!“ Als er mein reichlich ratloses Gesicht sah, dämmerte ihm langsam etwas. „Du bist die Nummer 1», grinste er. Ich dachte nur – wovon spricht der Kerl? Ich fahre doch mit Startnummer 5. Da brüllte Atkins: „Du hast gewonnen! Weisst du das denn nicht?” Ich hatte es wirklich nicht gewusst, und selten habe ich süssere Wort vernommen.»
Nach dem Unfall hatte Bruce das brandneue Chassis No. 3 verwendet, es war so neu, dass noch nicht einmal die Zeit geblieben war, das berühmte Kiwi-Logo der Rennwagenfirma oder den Namen des Gründers anzubringen ...
McLaren – 50 Years of Racing
Diese und viele weitere Anekdoten sind im fabelhaften Band «McLaren – 50 Years of Racing» zusammengefasst. Das grossformatige, schwere Werk überzeugt durch eine kluge Bildauswahl, grosszügiges Layout und umwerfende Geschichten.
Unser Mitarbeiter Maurice Hamilton hat sich dazu mit McLaren-Zeitzeugen wie Teddy Mayer, Eoin Young, Emerson Fittipaldi, Niki Lauda, Martin Whitmarsh und Jenson Button unterhalten, einige der atemraubendsten Stories stammen vom US-Amerikaner Tyler Alexander und anderen Mechanikern.
Von den bescheidenen Anfängen des Firmengründers in Neuseeland bis zum Vorzeige-Rennwagenwerk, dem McLaren Technology Centre von Woking, war es ein langer Weg. Kein Buch beschreibt diesen Weg eindrucksvoller.
Maurice Hamilton und Paul Fearnley: McLaren – 50 Years of Racing
Prestel Publishing
ISBN-13: 978-3-7913-4813-1
Format 26 x 37,5 cm?
296 Seiten
Mehr als 250 Fotos
Text in englischer Sprache?
Ab rund 80 Euro im Fachhandel