Jerez-Test, Tag 2: Antwort auf 10 wichtigste Fragen
Fernando Alonso im McLaren-Honda
Kurz vor acht Uhr früh ist es in Jerez noch nicht ganz hell, aber die Mitglieder des Formel-1-Zirkus sind hellwach: Es geht in den zweiten Testtag auf dem Circuito de Jerez. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
1. Wer fährt heute?
Im Einsatz stehen:
Mercedes: Lewis Hamilton
Red Bull Racing: Daniil Kvyat
Williams: Valtteri Bottas
Ferrari: Sebastian Vettel
McLaren-Honda: Jenson Button
Toro Rosso: Max Verstappen
Lotus: Romain Grosjean
Sauber: Felipe Nasr
2. Was macht das Wetter?
Es sind seit gestern Wolken aufgezogen, die Meteorologen schliessen Regen am Nachmittag nicht aus.
3. Kann Lotus fahren?
Das neue Modell E23 wurde erst gestern nach Jerez geflogen, parallel dazu waren weitere Lkw von Lotus auf dem Weg nach Jerez. Die Erfahrung hat gezeigt: niemand bringt ein modernes Auto an die Rennstrecke und beginnt gleich zu fahren. Die Lotus-Truppe hat die Nacht durchgearbeitet (im Gegensatz zu GP-Wochenenden gibt es keine vorgeschriebene Nachtruhe für die Mechaniker), aber es ist eher unwahrscheinlich, dass der neue Lotus gleich um neun Uhr, also bei Testbeginn auf die Bahn gehen wird.
4. Wie gross sind die Probleme von Honda?
Gestern ist Fernando Alonso im McLaren-Honda kaum zum Fahren gekommen. Es gab Schwierigkeiten mit der Steuerelektronik und mit der Elektrik. Honda-Rennchef Yasuhisa Arai beteuerte gestern Abend in Jerez, dass die Probleme bekannt und lösbar seien und dass man heute mehr zum Fahren komme. Wir werden sehen.
5. Sind die neuen Autos lauter geworden?
Mercedes-Motorenchef Andy Cowell: «Das war ein Riesenthema in der ganzen Boxengasse. Wir haben keine Messungen angestellt, aber auch ich habe den Eindruck, dass die Triebwerke lauter klingen. Ob das wirklich so ist, oder ob wir einer Täuschung unterliegen, weil wir einfach zu lange keine Motoren gehört haben, wissen wir selber nicht. Vielleicht liegt es auch an der Pistencharakteristik von Jerez, weil die Piste in Hügeln liegt. Von der Konstruktion her gäbe es keinen Grund, wieso sie lauter sein sollten.»
6. Wie lange wird Red Bull Racing das Tarnfarben-Design verwenden?
Der Rennstall gibt darüber keine Auskunft. Teamchef Christian Horner sagt nur, dass er damals von einem ähnlichen Design des Helms von Sebastian Vettel fasziniert war und so auf die Idee kam. Red Bull Racing war überdies beim Aufbau des Fahrzeugs so knapp dran wie noch nie. Da blieb einfach keine Zeit für die übliche, aufwändige Lackierung. Der Zebra-Look hat dazu viel Medienaufmerksamkeit erregt, also war damit allen gedient. Zum zweiten Wintertest hin in Barcelona sollte genügend Zeit sein, den Wagen mit den 2015er Farben zu bemalen.
7. Wie gut ist der neue Mercedes wirklich?
Sebastian Vettel mag gestern im Ferrari die Bestzeit erzielt haben, knapp vor Marcus Ericsson im Sauber, aber der grosse Aufreger im Fahrerlager war (neben dem angesprochenen Zebra-Look) die Anzahl Runden, die Nico Rosberg im Mercedes fuhr. Die Weltmeister bleiben der Massstab.
8. Wer wird erster Herausforderer von Mercedes?
Es ist noch zu früh, das zu sagen, weil einige Anwärter auf diese Rolle (Williams, Red Bull Racing, Ferrari, McLaren-Honda) noch mit Kinderkrankheiten ihrer Autos zu Schaffen haben. Daher ist das wahre Potenzial dieser Autos nicht klar. Toro-Rosso-Technikchef James Key: «Was wirklich Sache ist, werden wir erstmals frühestens beim letzten Wintertest in Barcelona anfangs März spüren – wenn viele Rennställe jene Teile am Wagen haben, die auch in Australien zum Einsatz kommen.»
9. Wo bleibt der Hauptsponsor von McLaren-Honda?
McLaren-Chef Ron Dennis hat in Jerez bestätigt, dass sich das Erscheinungsbild des McLaren-Honda ändern wird. Er wollte nur nicht sagen, wann. Die ganzen McLaren-Lastwagen stehen ohne auch nur einen einzigen Sponsorenkleber da. Im Fahrerlager haben sich zwei Fraktionen gebildet: die einen beteuern, McLaren werde bald einen neuen Hauptsponsor bekanntgeben und dann auch die neue Lackierung zeigen. Aus Japan hören wir jedoch, dass Honda bei der Rückkehr verhindern will, was Renault seit Jahren bei Red Bull Racing passiert – so unscheinbar auf dem Wagen zu stehen, dass den meisten Fans gar nicht klar ist, was da unter der Motorverkleidung steckt.
10. Wer ist derzeit das grösste Sorgenkind?
Force India. Es halten sich hartnäckig (vom Team dementierte) Gerüchte, wonach der wahre Grund für die Absenz in Jerez nicht darin bestehe, mit der Technik im Rückstand zu sein, sondern dass sich der Rennstall des Inders Vijay Mallya vor dem finanziellen Kollaps befinde. So oder so hat das Beispiel Lotus im vergangenen Jahr gezeigt: den ersten Test auszulassen, ist eine schlechte Idee. Sky-TV-Experte Marc Surer: «Der Nachteil wird nicht ganz so gross sein wie 2014 bei Lotus, weil damals die Turbo-Motoren für alle neu waren. Force India hat mit dem Mercedes-Motor ein Aggregat, das keine Mucken machen sollte. Dennoch – einen Drittel der Wintertestzeit preisgeben zu müssen, ist ein Nachteil, das kann niemand schönreden.»