Jules Bianchi: Neue Erkenntnisse zum Horror-Unfall
Die Experten sind sich sicher, dass auch ein Fahrzeugdach Bianchis Leben nicht hätte retten können
Seit gut 30 Jahren bemüht sich der Automobilweltverband FIA, die Sicherheit auf den Formel-1-Rennstrecken dieser Welt zu verbessern. Sowohl die Sicherheitsbestimmungen für die ?Boliden als auch für die Pisten wurden ?stetig verschärft, zudem wurden Unmengen von Daten zu mehr als 200 Unfällen erfasst. Diese Datenbank nutzen die Sicherheitsexperten, um die richtigen Schlüsse aus den Unfällen zu ziehen.
Wie die Kollegen von Auto, Motor und Sport berichten, haben die FIA-Verantwortlichen ihre Unfalldatenbank nun standardisiert und auf den neuesten Stand gebracht. Auch die Eckdaten der bisher aufwendigsten Analyse in der Geschichte der FIA-Unfallforschung sind erfasst worden: Der tragische Crash vom Japan-GP vom 5. Oktober 2014, der am 17. Juli zum Tod des Marussia-Piloten Jules Bianchi führte, wurde eingehend untersucht.
Bianchi war auf nasser Piste von der Strecke gerutscht und mit einem Bergungsfahrzeug kollidiert, das den zuvor an gleicher Stelle abgeflogenen Sauber-Renner von Adrian Sutil wegräumen wollte. Der Blick in die Zahlen zeigt: Zwischen dem Kontrollverlust bei 213 km/h und dem Moment, in dem Bianchi mit dem Bergungsfahrzeug kollidierte, vergingen nur 2,61 Sekunden.
Was sich in den folgenden 80 Millisekunden ereignete, führte dann zum tragischen Tod von Bianchi, der nach neun Monaten im Koma am 17. Juli verstarb. Der Marussia-Renner schlug mit 126 km/h in das 6,8 Tonnen schwere Bergungsfahrzeug ein, und erfuhr dabei eine Verzögerung von 58,8 g. Weil sich der Marussia zum Teil unter den Überhang des Krans vergrub und dabei von oben gegen den Boden gedrückt wurde, erfuhr der Renner eine überaus abrupte Verzögerung, bei der Bianchis Helm gegen den Kran knallte.
Berechnungen haben ergeben, dass der Kopf des jungen Rennfahrers dabei mit 254 g verzögert wurde. Die Experten sind sich sicher, dass auch ein Fahrzeugdach Bianchis Leben nicht hätte retten können. Denn in diesem Fall wäre der Helm mit dem Dach kollidiert – das Ergebnis in Sachen Hirnverletzung wäre das Gleiche geblieben.
Auch die gleich nach dem Unfall von einigen geforderten Schürzen am Bergungsfahrzeug, die das Abtauchen des Marussia-Renners verhindern sollen, hätten angesichts des Gewichts des Bergungsfahrzeugs und der hohen Aufprallgeschwindigkeit nicht viel Wirkung gezeigt. Deshalb sind sich die Experten sicher: Ein solches Szenario darf sich nicht wiederholen.
Als eine der Massnahmen wurde das so genannte virtuelle Safety-Car eingeführt – wenn der Führungswagen noch nicht auf der Bahn ist, die Piloten eine Unfallstelle aber mit deutlich verringertem Tempo passieren müssen.