Lewis Hamilton: WM-Vorentscheidung durch Sotschi-Sieg
Beim Start konnte Nico Rosberg die Spitzenposition gegen Lewis Hamilton verteidigen
Die Freude über den starken sechsten Startplatz von Nico Hülkenberg währte nicht lange. Denn schon in der dritten Kurve geriet der Force India-Pilot auf den Kunstrasen neben der Piste und drehte sich. Opfer dieser Szene wurde nicht nur Sauber-Pilot Marcus Ericsson, dessen Rennen damit gelaufen war, sondern auch Max Verstappen.
Der Toro Rosso-Junior wurde von Hülkenbergs Dienstwagen getroffen und beschädigte sich dabei den Frontflügel und das rechte Hinterrad. Nach seiner Schleichfahrt an die Box reihte sich der Teenager ans Ende des Feldes ein.
Auch Romain Grosjean bog schon nach der ersten Runde an die Box ab, um von den extra-weichen auf die weichen Reifen zu wechseln. Dabei wurde auch die Frontpartie seines Lotus-Renners ausgetauscht. Weil der Genfer beim Stopp den Motor abwürgte, musste er eine lange Standzeit hinnehmen. Der Schaden hielt sich jedoch in Grenzen, da nach dem Crash das Safety-Car auf die Strecke geschickt wurde.
Bitterer Ausfall von Nico Rosberg
Nachdem das Rennen wieder freigegeben wurde, führte Rosberg das Feld vor Hamilton, Bottas, Kimi Räikkönen, Sebastian Vettel, Sergio Pérez, Daniil Kvyat, Daniel Ricciardo, Felipe Nasr, Jenson Button, Felipe Massa, Pastor Maldonado, Fernando Alonso, Carlos Sainz, Grosjean, Roberto Merhi, Will Stevens und Verstappen an.
Schon in der fünften Runde wurde es wieder spannend: Rosberg beklagte sich über Boxenfunk über ein gebrochenes Gaspedal. «Was soll ich tun, wenn es hängenbleibt?» fragte der Leader nach, nur um zwei Runden später im Schleichgang an die Box abzubiegen. Hamilton übernahm die Führung in der siebten Runde in Kurve 2, nachdem Rosberg sichtlich Mühe bekundete, seinen Silberpfeil auf der Strecke zu behalten.
Während Rosberg aus dem Cockpit kletterte, gab Hamilton vor Bottas, Räikkönen, Vettel und Pérez Gas, wohlwissend, dass er bei einem Sieg in Sotschi die WM-Tabelle mit 73 Punkten Vorsprung vor seinem Teamkollegen anführen würde, wobei bei den kommenden vier WM-Läufen noch insgesamt 100 Punkte zu vergeben sind.
Heftiger Crash von Romain Grosjean
Währenddessen arbeitete sich Maldonado an Rosberg vorbei auf den zehnten Platz. Die Freude darüber währte jedoch nicht lange, denn Grosjean sorgte mit einem heftigen Abflug Ausgangs der dritten Kurve für die zweite Safety-Car-Phase des Rennens. Der Genfer verlor die Kontrolle über sein Heck und schlug rechts in die Streckenbegrenzung ein. Damit war das Rennen für ihn zum fünften Mal in diesem Jahr vorzeitig vorbei.
Weil Grosjean, der beim harten Einschlag zum Glück unverletzt blieb, sehr viel Schrott auf der Piste verteilte, warteten die Formel-1-Stars eine kurze Weile ab, ob nicht vielleicht die rote Flagge geschwenkt wurde. Schliesslich bogen einige Piloten an die Box ab, die beiden Ferrari-Stars Räikkönen und Vettel gehörten jedoch nicht zu dieser Gruppe.
Als das Rennen in der 16. Runde wieder freigegeben wurde, liess Vettel nicht unversucht, um an seinem Teamkollegen vorbeizukommen. Der Heppenheimer schaffte es eine Runde später in der siebten Kurve, nachdem der erste Versuch in Kurve 2 noch misslang. «Ich hatte kein Tempo beim Restart, er ist einfach vorbeigezogen», klagte der sonst so coole Finne über Boxenfunk.
Strafe für Carlos Sainz, Warnung für Fernando Alonso
Auch Daniel Ricciardo und Sainz sorgten für Action. Die dritte Kurve durchfuhren die beiden Red Bull-Söldner Rad an Rad, schliesslich schaffte es der erfahrenere Australier am Spanier vorbei, worauf Sainz alle Hände voll zu tun hatte, um sich seinen Teamkollegen Verstappen vom Leibe zu halten.
Während Hamilton die bis zu diesem Zeitpunkt schnellste Rennrunde drehte und seinen Vorsprung auf Bottas auf mehr als sechs Sekunden ausbaute, gab Vettel richtig Gas. Der Deutsche verringerte den Rückstand auf den Williams-Piloten, während sich das südamerikanische Trio Nasr, Massa und Pérez einen unterhaltsamen Dreikampf um die sechste Position lieferte.
Die erste Strafe im Rennen kassierte Carlos Sainz. Der Toro Rosso-Rookie kreuzte in der Boxengassen-Einfahrt die weisse Linie und bekam dafür eine 5-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt. Der 21-Jährige aus Madrid war nicht der Einzige, der sich mit der Berücksichtigung der weissen Linien schwer tat. Auch sein Landsmann Alonso wurde über Boxenfunk gewarnt, die Streckenbegrenzung zu beachten.
Sebastian Vettel beim Boxenstopp an Bottas vorbei
Spannend wurde das Rennen wieder in der 31. Runde, als Vettel zum Reifenwechsel an die Box abbog. Der Ferrari-Star schaffte es damit an Bottas vorbei, der seinen Boxenstopp davor eingelegt hatte. Das Team aus Maranello leistete ganze Arbeit und liess Vettel schon nach 2,2 Sekunden weiterfahren.
Räikkönen, der eine Runde nach seinem Teamkollegen hielt, musste sich knapp hinter Bottas einreihen. Eine Runde später bot auch Hamilton an die Box ab. Seine Standzeit betrug 3,1 Sekunden, trotzdem reichte es locker, um vor seinen ersten Verfolgern wieder auf die Strecke zu kommen.
Für Spannung sorgte auch das finnische Duell von Bottas und Räikkönen in der 35. Runde um Position 5, die beiden Formel-1-Stars wechselten die Positionen mehrmals. Zu diesem Zeitpunkt führte Hamilton das Feld vor Vettel, Pérez, Ricciardo, Bottas, Räikkönen, Sainz, Kvyat, Button, Massa, Alonso, Nasr, Maldonado, Verstappen, Merhi und Stevens an.
Wie viele Renningenieure feuerte auch der Mann im Ohr von Alonso seinen Schützling an und erklärte, dass der Spanier bis zum Rennende gegen den vor ihm fahrenden Massa kämpfen müsse. «Ich liebe euren Sinn für Humor», lautete die trockene Antwort des zweifachen Formel-1-Champions, der kurz darauf erst Nasr, dann Maldonado ziehen lassen musste.
Pech für Carlos Sainz und Daniel Ricciardo
Auch Alonsos Teamkollege Button musste sich kurz darauf dem Lotus-Piloten beugen – genauso wie Kvyat, der sich gegen Massa geschlagen geben musste, büsste der Brite zehn Runden vor dem Fallen der Zielflagge eine Position ein. Bottas schnappte sich daraufhin den vierten Platz von Ricciardo und begann seine Aufholjagd auf Pérez, der auf Podestkurs unterwegs war.
Pechvogel Sainz sorgte in Runde 46 im dritten Sektor für gelbe Flaggen: Die linke Vorderbremse des Spaniers ging in Flammen auf, Sainz drehte sich von der Piste und schlug rückwärts in die Streckenbegrenzung ein. Der Toro Rosso-Rookie konnte zwar im Schleichgang zurück an die Strecke fahren, verlor dabei aber einen Teil seines Heckflügels auf der Strecke.
Eine Schrecksekunde erlebte Sebastian Vettel, der nach Eigenaussage «einen sehr mutigen Russen» vor seiner Fahrzeugnase auftauchen sah. Anders als in Singapur handelte es sich aber nicht um einen betrunkenen Zuschauer, sondern um einen der der Streckenposten, der zur Pistenreinigung auf die Strecke gelaufen war.
Auch Ricciardo sah die Zielflagge nicht mehr. Der Australier, der vor seinen Problemen noch die fünfte Position belegt hatte, klagte über Boxenfunk: «Irgendwas ist kaputt, die Aufhängung oder so.» Sein Team wies ihn an, seinen Dienstwagen am Streckenrand abzustellen, was der dreifache GP-Sieger in der achten Kurve auch tat.
Nach dem Restart griff Bottas nochmals an – und zwar mit Erfolg: Pérez musste sich auch Räikkönen beugen. Weil der Iceman kurz darauf aber Bottas von der Strecke räumte, durfte Pérez doch noch den dritten Podestplatz hinter Hamilton und Vettel feiern. Die Regelhüter kündigten gleich eine Untersuchung des Unfalls an. Hinter dem Mexikaner reihten sich Massa, Räikkönen, Kvyat, Nasr, Maldonado, Button, Alonso, Verstappen, Bottas, Merhi und Stevens ein.