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Marc Surer: «Formel 1 ist schwieriger geworden»

Von Vanessa Georgoulas
Marc Surer: «Zu meiner Zeit sagten wir einfach: Es ging nicht schneller. Heute sagen dir die Ingenieure, warum es nicht schneller ging»

Marc Surer: «Zu meiner Zeit sagten wir einfach: Es ging nicht schneller. Heute sagen dir die Ingenieure, warum es nicht schneller ging»

Im ersten Teil des exklusiven SPEEDWEEK.com-Interviews spricht der ehemalige GP-Pilot und langjährige Sky-Experte Marc Surer über die Tücken seiner Arbeit und erklärt, warum die Formel 1 viel schwieriger geworden ist.
Marc Surer, du durftest in deiner beruflichen Karriere sowohl die Cockpit- als auch die Journalisten-Perspektive einnehmen. Als Experte schaust du nun schon seit mehr als 20 Jahren bei fast jedem Rennen zu. Verspürst du heute noch das Verlangen mitzufahren, wenn du die Formel-1-Stars in der Startaufstellung siehst?

Ich bin mir bewusst, dass diese Zeit vorbei ist. Diese Erkenntnis kam aber erst langsam, am Anfang war es natürlich schwierig. Weisst du, das schöne beim Rennfahren ist, dass man es messen kann. Du hast eine Rundenzeit, die kann gut oder schlecht sein, aber du hast ein Resultat in der Hand. Beim Kommentieren gibt es das nicht, oder nur ganz selten. Du geht also nach Hause und weisst nicht, ob es nun gut war oder nicht.

Ist das für einen Athleten wie dich so unbefriedigend?

Ja, daran musste ich mich ehrlich gesagt erst gewöhnen.

Wie ist denn die Konkurrenzsituation zwischen den TV-Experten, tauscht man sich untereinander aus oder herrscht da weitgehend Funkstille?

Ich diskutiere oft mit Martin Brundle und wir tauschen uns aus, haben auch meistens eine ähnliche Meinung, wenn es um ein Thema geht. Grundsätzlich muss man aber schon für sein eigenes Publikum kommentieren. RTL hat etwa ein breiteres Publikum als Sky, viel mehr gelegentliche Formel-1-Zuschauer. Ich würde sagen, bei uns wissen die Zuschauer im Schnitt sehr viel mehr, denn wenn man für etwas bezahlt, dann ist ja schon ein Grundinteresse an der Formel 1 vorhanden. Deshalb dürfen wir auch etwas mehr ins Detail gehen.

Was ist das Schwierigste an deinem Job?

Das Schwierigste ist sicherlich, immer eine Situation vorauszusagen. Das ist ja die Kunst: Dass du mit deiner Erfahrung sagen kannst, wann etwa ein Überholmanöver gelingt. Das ist aber auch ganz ein heisses Eisen. Denn wenn du es machst, und der Fahrer nicht überholt, siehst du alt aus.

Das Kommentieren ist ja schwieriger, als die meisten TV-Zuschauer vermuten. Warst du damals überrascht, als du erstmals vors Mikrofon getreten bist?

Ja, man unterschätzt das, denn man muss ja 'nur' reden. Das geht allen Fahrern so. Ich kann mich etwa erinnern, wie Nico Hülkenberg bei seiner einjährigen GP-Pause mit uns zusammenarbeitete. Auch er merkte, das ist gar nicht so einfach, wie alle anderen Fahrer, die mit uns zusammengearbeitet haben, auch. Du musst als Experte alles einschätzen können und immer eine Meinung haben. Ich habe zu allem eine Meinung, auch in Schuldfragen. Das kommt natürlich nicht bei jedem gut an, wenn man einem Fahrer die Schuld gibt. Ist etwa Kimi Räikkönen schuld am Crash mit Valtteri Bottas, hassen dich alle Bottas-Fans, und wenn Bottas schuld ist, gehen die Kimi-Fans auf dich los.

Es braucht also auch Mut, Stellung zu beziehen?

Ich sage immer: Es ist mein Job, einen Standpunkt zu haben. Andere Kommentatoren sagen: Man könnte es so oder so sehen, um sich nicht festzulegen und keine Gegner zu schaffen – das ist Wischiwaschi. Ich bin der Meinung, es ist die Aufgabe eines Experten, eine Meinung zu haben. Aber wie gesagt, damit macht man sich nicht nur Freunde.

Einige Kritiker meinen ja, dass du die heutigen Autos gar nicht gut genug kennst, weil deine aktive Karriere schon etwas weiter zurückliegt. Was entgegnest du diesen Stimmen?

Man muss einfach dranbleiben, immer auf dem neuesten Stand sein und nicht locker lassen. Ich interessiere mich für die Autos, ich weiss was die Schwierigkeiten beim Abstimmung und Fahren sind. Da darf man nicht den Anschluss verlieren, das ist ganz, ganz wichtig. Ich bin auch einer von denen, die nicht behaupten, dass heute alles viel einfacher ist. Für mich ist alles viel schwieriger geworden.

Es sind auf jeden Fall mehr Knöpfe am Lenkrad als zu deiner Zeit…

Ja, genau, und wenn man so viele verschiedene Dinge einstellen kann, wird das Fahren nicht einfacher. Wenn du die Bremse mehrmals pro Runde neu einstellen musst und es nicht machst, rächt sich das gleich. Ich finde, die Formel 1 ist wegen des Überwachens schwieriger geworden. Zu meiner Zeit sagten wir einfach: Es ging nicht schneller. Heute sagen dir die Ingenieure, warum es nicht schneller ging.

Man hat als Fahrer also weniger Ausreden?

Ja, wenn du früher einen Fehler gemacht hast, dann sagtest du einfach, dass du dich verbremst hast. Heute muss man gar nichts mehr sagen. Bevor der Fehler korrigiert ist, hat der Ingenieur das schon gesehen. Ich finde es schade, dass wir heute einen gläsernen Fahrer haben.

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