«Schwachsinn»: Gerhard Berger ledert gegen Formel 1
Gerhard Berger
Was die Formel 1 angeht, steht der Österreicher auf dem Standpunkt, dass früher vielleicht nicht alles, aber doch einiges anders und vor allem besser war als in der heutigen Ära der Motorsport-Königsklasse.
Denn die wird seit einiger Zeit mit einigen Vorwürfen konfrontiert. Zu langweilig und zu kompliziert zum Beispiel. Für Berger fängt alles schon mit der Diskussion um die Motoren an. Und er nimmt auch wie gewohnt kein Blatt vor den Mund. «Der Motor ist nur ein Teil des Problems, das man lösen muss. Der Motorsport muss von Grund auf überdacht werden», sagte er den Kollegen von auto, motor und sport.
Und dann legt er los. Früher sei die Formel 1 ein Ritt auf der Kanonenkugel gewesen. Und heute? «Heute wird der Zuschauer mit einem Haufen von Regeln und Wörtern konfrontiert, die er nicht kapiert. Jeden Sonntag kommt ein neuer Begriff dazu. Wir haben DRS, KERS, Token, der Ultrasoft-Reifen, und so weiter. Kein Mensch auf der Welt weiß, was ein Token ist. Die Formel 1 aber diskutiert jeden Tag darüber. Die Leute müssen die ganze Woche arbeiten. Die wollen in den 2 Stunden Grand Prix mit Sport unterhalten werden. Wenn Bernie und Jean nicht in der Lage sind, diesen Schwachsinn von den Zuschauern fernzuhalten, müssen sie sich nicht wundern, dass sich keiner mehr dafür interessiert.»
Berger weiter: «Es ist ein Schaulaufen von wahnsinnig komplizierter Technik. Der Fahrer fällt hinten runter. Wenn ein Debütant bei Testfahrten nach einem Tag bis auf drei Zehntel an die Bestzeit rankommt, ist die Anforderung nicht hoch genug.» Deshalb müsse die Anforderung geändert werden. Und da kommt Berger auf die MotoGP zu sprechen.
«Das Auto muss mehr Leistung als Grip haben. Das beste Beispiel ist die MotoGP. Die haben 270 PS, wiegen 160 Kilogramm, haben null Abtrieb und eine begrenzte Auflagefläche vom Reifen. Da sieht jeder Zuschauer sofort, was die Jungs draufhaben. Das ist Motorsport pur» , sagte Berger. In der Formel 1 habe man das Gegenteil. «Das kombiniert mit den leisen Motoren ist weder Show, Herausforderung noch Spektakel. Das wird uns der Fan mittelfristig nicht verzeihen.»
Ein Vorwurf ist auch die Langeweile durch die Dominanz von Mercedes, die in den vergangenen beiden Jahren so ziemlich alles gewonnen haben, was es zu gewinnen gibt. Auch früher gab es natürlich Phasen der Dominanz.
Trotzdem: «Die Fans wurden damals wenigstens noch durch das Fahrspektakel unterhalten. Die Rennen waren trotzdem unberechenbar, weil es so viele Ausfälle gegeben hat. Oder weil so viele Fehler passiert sind. Wer bleibt heute noch ohne Sprit liegen? Der Sport ist heute so perfekt, dass eine Dominanz eines Autos den Unterhaltungswert mehr beeinträchtigt.»
Auch die Strecken sind Berger ein Dorn im Auge, weil fast schon zu perfekt. Damals wurden Fehler nicht verziehen. Wer zu schnell war, landete in der Leitplanke. «Heute wird ein Ausrutscher nicht mehr bestraft. Wer sich dreht, wird von riesigen Auslaufzonen aufgefangen. Der Fahrer kommt wieder zurück auf die Strecke und verliert in der Regel noch nicht einmal einen Platz.»