GP-Neuling Pascal Wehrlein: Flugangst und Uhrentick
Pascal Wehrlein
Als Ralf Schumacher 2013 seine Karriere überraschend beendete, war das die Chance für Pascal Wehrlein. Von jetzt auf gleich bekam er ein DTM-Cockpit bei Mercedes, ein Kaltstart sozusagen. Kurz zuvor hatte er noch in der Formel 3 Rennen in Monza absolviert. «Ich hatte vier Testtage und bin dann zum Saisonauftakt nach Hockenheim gereist», erinnert sich der Mercedes-Pilot, der in der vergangenen Saison zum jüngsten Champion in der DTM-Geschichte gefahren war.
Bei ihm ging in der Karriere sowieso vieles sehr schnell. Nach einer erfolgreichen Karriere im Kartsport gewann Wehrlein in der Saison 2011 das ADAC Formel Masters. Im Jahr darauf stieg er in die Formel 3 auf. Bereits in seiner Debütsaison 2012 belegte er den zweiten Platz in der Formel 3 Euroserie. Seine Saison rundete er mit dem Gewinn des «Rookie of the Year» Titels ab, ehe der Wechsel in die DTM folgte.
Hier räumte er in seinem dritten Jahr endgültig ab. Jüngster Champion mit 20, jüngster DTM-Pilot überhaupt mit 18 Jahren und jüngster Rennsieger mit 19: Es dauerte zwar ein wenig, bis er sich an den Tourenwagen gewöhnt hatte. Doch dann startete er umso erfolgreicher durch. Erst recht, als dann auch sein Dienstwagen endlich konkurrenzfähig war.
Der Weg war vorgezeichnet
Einen Tag nach seinem ersten Sieg auf dem Lausitzring 2014 wurde er zum Ersatzfahrer beim Formel-1-Team von Mercedes befördert. Einige Testfahrten durfte er absolvieren, sowohl für Mercedes, als auch für das Kundenteam Force India. Sein Aufstieg in die Motorsport-Königsklasse schien nicht nur deshalb vorgezeichnet. In die Formel 1 gebracht hat ihn vor allem sein Talent, verbunden mit einem unbändigen Ehrgeiz. «Hätte ich den DTM-Titel nicht gewonnen, wer weiß, ob ich dann diese Chance erhalten hätte. Aber es war auch wichtig, bei Mercedes und Force India gute Tests zu zeigen und das Vertrauen der Leute zu gewinnen», so Wehrlein.
Kein Wunder also, dass sein Wunsch, in die Formel 1 zu kommen, sehr früh entstand. «Ungefähr mit vier oder fünf Jahren, da habe ich mit einem Vater alle Rennen angeschaut, egal ob es eine Zeitverschiebung gab oder nicht. Seitdem hatte ich den Wunsch, Formel-1-Pilot zu werden. Ich war dann 1999 in Hockenheim bei der Formel 1, da war der Wunsch gefestigt», sagte Wehrlein.
Wie tickt das neue Formel-1-Talent? Wehrlein liebt Autos und Klamotten, hat einen Uhrentick, rund 20 besitzt er bereits. Schuhe sind ebenfalls ein «Laster», sich selbst bezeichnet er beim Shoppen als «schlimm». Wehrlein lebt für den Motorsport, für seine Ziele, die er sich schon früh gesetzt hat. Da kann es schon mal vorkommen, dass er aufgrund seines großen Ehrgeizes etwas verbissen wirkt, was nicht überall gut ankommt.
«Mir wird nachgesagt, ich wirke arrogant»
«Ich bin ruhig, in mir und konzentriert. Ich rede dann nicht so viel. Mir wird deshalb nachgesagt, dass ich dadurch unsympathisch oder arrogant wirke. Aber mir hilft das. Es ist mir wichtig, ruhig zu sein. Denn wenn du nicht ruhig bist, machst du Fehler», sagte Wehrlein, der auf dem Weg zum Titel per Teamfunk auch schon mal seinen Renningenieur anpampte, unverblümt DRS forderte oder bei einem Konkurrenten an die Scheibe klopfte und ihm die Meinung geigte. «Das ist eben mein Charakter. So bin ich einfach, das sind meine Emotionen. Danach steige ich aber wieder ins Auto, bin ruhig und konzentriert.»
Er hat vor allem auf dem Weg zum DTM-Titel an Profil gewonnen, scheute auch keine verbalen Scharmützel mit den erfahreneren DTM-Kollegen. Der breiten Masse wurde er 2014 ausgerechnet durch seine bisher wohl schlimmste Erfahrung bekannt: Im Trainingslager der deutschen Fußball-Nationalmannschaft verletzte er bei einem Unfall im Rahmen eines Werbetermins einen Zuschauer schwer. Sprechen will Wehrlein darüber heute verständlicherweise nicht mehr, geprägt hat es ihn aber schon. «Die Zukunft ist wichtiger als die Vergangenheit. Ich schaue mehr nach vorne. Auf das, was ich noch erreichen will.»
Wie fokussiert der 21-Jährige ist, zeigte vor allem auch der Funkskandal von Spielberg im vergangenen August. Danach lamentierte er nicht lange, sondern ließ Leistung sprechen. Das erste Rennen nach dem Skandal gewann er auf Anhieb. Ausschlaggebend auf dem Weg zum DTM-Titel war vor allem seine Konstanz, in 15 von 18 Rennen fuhr er in die Punkte. «Man muss immer ruhig und konzentriert sein. Das ist auch antrainiert, aber auch bedingt durch eine gewisse Routine», so Wehrlein.
Als Ersatzfahrer war er zwar bereits in der Vergangenheit fester Bestandteil des F1-Trosses. Doch eine Herausforderung wird bleiben: «Ich hasse Fliegen. In 10.000 Meter Höhe zu sein und keine Kontrolle zu haben, mag ich nicht.»