Lotus: 67,8 Mio Euro Verlust, Renault als Retter
Die Rettung kam fünf vor zwölf: Der Lotus-Rennstall schrieb im Jahr 2015 tiefrote Zahlen – 67,8 Mio Euro Verlust. 2014 waren es noch 6,9 Millionen Verlust gewesen. Die früheren Lotus-Besitzer um den Investor Gérard Lopez (44) hatten keine Lust mehr, eigenes Geld in das Verlustgeschäft Formel 1 zu stecken, das Team fand keine Sponsoren mehr, die sportliche Baisse führte zu verringerten Einnahmen bei den Preisgeldern.
Gérard Lopez wurde am 27. Dezember 1971 in Luxemburg geboren und studierte in Miami (USA) Management. Nach einem Bachelor-Abschluss dauerte es nicht lange, bis er seine erste Firma gründete. Bis heute gründete und leitete er eine ganz Reihe von Firmen, wie Icon Solutions oder die Leasingfirma ProLease. Darüber hinaus investiert er in Privatunternehmen aus allen möglichen Bereichen, von Immobilien bis Technik.
Gemeinsam mit Mark Tluszcz gründete er im Jahr 2000 Mangrove Capital Partners, die in den Anfängen des Unternehmens auch in das Internet-Telefonsystem Skype investierten. Durch Mangroves Verbindungen mit Gravity Sport Management kam Lopez mit dem Motorsport in Berührung und nahm mit dem Gravity Racing International Team sogar selbst an Langstreckenrennen teil.
2008 gründete Lopez gemeinsam mit Eric Lux die Investment Gesellschaft Genii Capital, sitzt aber gleichzeitig auch im Vorstand diverser anderer Firmen.
Am bekanntesten wurde Lopez jedoch als Vorsitzender und Teamchef des Lotus Formel-1-Teams, das er 2009 Renault abgekauft hatte.
Die Formel 1 ist jedoch nicht sein einziges sportliches Betätigungsfeld. Gérard Lopez ist auch Direktor des luxemburgischen Fußballvereins CS Fola Esch, bei dem er selbst als Teenager gespielt hat, und besitzt seit Dezember 2014 einen weiteren Fußballverein, den spanischen Club Deportivo Lugo.
Im Herbst 2015 ging der Formel-1-Rennstall aus Enstone von Lopez zurück an Renault, der Unternehmer ist heute Minderheitsteilhaber ohne Mitspracherecht.
2015 fiel der Umsatz bei Lotus von 136,42 Mio Euro (2014) auf 93,25 Millionen (2015). Sponsoren sprangen ab, Lotus fand keine neuen Geldgeber, sportlich befand sich das Team im Rückwärtsgang. Lotus wurde 2014 lediglich WM-Achter, also gab es 2015 einen kleineren Anteil aus dem Preisgeldtopf von Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone. 2013 war Lotus noch WM-Vierter geworden, das gleich gute Ergebnis war 2012 erzielt worden.
Renault befindet sich heute in einer Phase des Um- und Aufbaus. Firmenchef Carlos Ghosn hat die Marschrichtung ausgegeben, dass 2018 um Podestränge gekämpft werden kann.
Technikchef Bob Bell sagt: «Der Plan sieht vor, dass wir unser Team in Enstone in den nächsten 12 bis 18 Monaten auf 650 Mitarbeiter vergrössern. Das ist machbar, aber wir müssen dabei sicherstellen, dass wir das richtig hinbekommen und die richtigen Leute an Bord holen.»
Die Motorenabteilung in Viry-Chatillon ist im Gegensatz zum Chassis-Werk schon heute gut aufgestellt, erklärt Bell weiter: «Wir müssen uns im Bereich der Antriebseinheit nicht so stark vergrössern, denn in diesem Bereich wurden immer genügend Ressourcen investiert. Das Team verfügt deshalb auch schon über die nötige Stärke und wird nicht merklich vergrössert. Dort geht es mehr darum, die richtige Organisationsstruktur zu etablieren.»
Der 58-Jährige aus Belfast ist überzeugt, dass Renault die nötigen finanziellen Ressourcen aufbringen wird, um den Rennstall voranzubringen: «Renault blickt auf eine lange Motorsport-Tradition zurück und wenn die sagen, dass sie sich einer Sache verschreiben, dann tun sie das auch.»
Bell räumt aber auch ein: «Natürlich hat man heutzutage nur wenig finanziellen Spielraum, denn es kostet sehr viel, wenn man in der Formel 1 vorne mitmischen will. Hinzu kommt, dass die grossen Geldgeber von einst in diesen Tagen nicht mehr da sind. Alle Hersteller, sei es Renault, Mercedes oder Fiat, müssen sich genau überlegen, wieviel Geld sie in die Motorsport-Projekte investieren.»
«Renault wird voll und ganz hinter uns stehen und uns mit den nötigen Mitteln versorgen. Sie erwarten dafür aber auch, dass wir kosteneffizient arbeiten, die richtigen Ergebnisse liefern und auch neue Geldgeber anziehen. Man kann nicht erwarten, dass Renault die ganze Rechnung alleine begleicht.»