Bernie Ecclestone will «Racer, keine dummen Regeln»
Bernie Ecclestone zetert
Wir haben uns fast an die Verbalpfeile gewöhnt, die Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone hin und wieder zum Zustand seines Produkts verschiesst. Selbst wenn es immer wieder seltsam anmutet. Würde Sergio Marchionne so weit gehen und wettern, in diese Alfa-Kisten setze er sich bestimmt nicht hinein?
Anfangs 2016 hielt der 85jährige Ecclestone fest: «Die Formel 1 ist so schlecht wie nie zuvor. Ich würde mein Geld nicht ausgeben, um mit meiner Familie ein Rennen anzusehen.»
Der Baumeister der modernen Formel 1 schimpfte über die Dominanz von Mercedes-Benz (über die jahrelange Dominanz von Michael Schumacher mit Ferrari regte er sich damals nicht auf) und über den FIA-Präsidenten Jean Todt: «Unglücklicherweise ist Jean ein Diplomat geworden. Er möchte jeden glücklich machen. Das ist sehr nett von einem Präsidenten. Aber so funktioniert es nicht.»
Aber so schlecht macht sich die Formel 1 nicht: Die Einschaltquoten steigen, nicht zuletzt dank der kontroversen Auftritte des Supertalents Max Verstappen.
Eine Theorie, die oft zu hören war: Ecclestone rede den Sport schlecht, um den Wert zu mindern und wieder die Mehrheit zu übernehmen. Doch das passiert nicht. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass die Investmentfirma CVC Capital Partners, Mehrheitseigner der «Formula One Group», ihre Anteile an jemand anders abstossen wolle – für angeblich 8,5 Millarden Dollar an «Liberty Media».
Die Liberty Media Corporation ist ein US-amerikanisches Medienunternehmen, welches sich mehrheitlich im Besitz von John Malone befindet. Liberty Media besitzt Fernsehsender, Zeitungen und Filmstudios (Time-Warner, Discovery-Gruppe und viele mehr). Ein absoluter Schwergewichtler mit Umsätzen von rund 12 Milliarden Dollar im Jahr. Angeblich plant Liberty Media den Börsengang der Formel 1 in New York.
Die Investmentfirma CVC Capital Partners hält derzeit am meisten Anteile an der Formel 1, 35,5 Prozent. Sie hat Bernie Ecclestone als Verwalter eingesetzt. Ecclestones Familien-Fonds Bambino gehören 8,5 Prozent, Ecclestone selber 5,3 Prozent. Die weiteren Inhaber sind Investmentfirmen wie Blackrock, Norges oder Waddell & Reed.
Seit Jahren ist davon die Rede, dass CVC ihre Anteile abstossen wolle. Im Rennen um diese Anteile waren Investoren aus Katar und der US-Milliardär Stephen Ross (dem Immobilien-Mogul Ross gehören unter anderem die Miami Dolphins aus der amerikanischen Football-Profiliga NFL. Sein Vermögen wird auf knapp sechs Milliarden Euro geschätzt). Wie der britische TV-Sender Sky im vergangenen Frühling berichtete, beteilige sich eine Gruppe chinesischer Investoren am Projekt, die Anteile von Formel-1-Mehrheitsbesitzer CVC Capital zu übernehmen. Die Firma China Media Capital (CMC) stehe an der Spitze einer Gruppe chinesischer Unternehmen, die zusammen rund 1,5 Milliarden Dollar beisteuern wollen für jenes Übernahmeprojekt, das unter der Leitung des US-Amerikaners Stephen Ross entstehe. Aber auch das ist nicht passiert. Ernsthaft wird es erst jetzt mit Liberty Media.
In Monza haben die Kollegen der britischen Sky Bernie Ecclestone nach der Vertragsverkündung zur Zukunft des Italien-GP befragt (das Rennen bleibt 2017, 2018 und 2019 in Monza). Bernie sagt: «Das Abkommen ist vorderhand für drei Jahre, aber ich hoffe, wir bleiben noch hundert Jahre hier.»
Dann wird Ecclestone zum Wirbel um die Fahrweise von Max Verstappen befragt, und Bernie schimpft: «Wir wollen Piloten, die echten Motorsport zeigen. Aber sie werden von doofen Regeln davon abgehalten. Ich will Racer, keine dummen Regeln. Ich will nicht, dass von aussen auf Pistenkämpfe Einfluss genommen wird, all diese Strafen um das Verlassen der Piste oder für neue Motorelemente. Fahr nicht über die weisse Linie! Tu dies nicht, tu das nicht! Du musst von ganz hinten losfahren, weil die neue Motorteile erhalten hast. Das ist doch alles komplett verrückt.»
Red-Bull-Teamchef Christian Horner kennt Ecclestones Verhalten seit Jahren. Seine Theorie: «Für mich ist das nur Ausdruck von Frustration über den Zustand der Formel 1 und den Mangel an schneller Änderung. Und wieso ist er frustriert? Weil die Formel 1 nicht mehr so funktioniert wie einst. Früher war es eine Diktatur, und er konnte einführen, was immer er wollte. Heute ist es eine Demokratie, da ist die Entscheidungsfindung natürlich anders. Ich glaube, damit tut er sich schwer.»
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