Lewis Hamilton: «Erlebte immer wieder Rassismus»
Lewis Hamilton: Früher beschimpft, heute bewundert
Politik ist im Formel-1-Fahrerlager ein heikles Thema, das die meisten Protagonisten meiden. Zu viele verschiedene Interessen müssen die GP-Stars berücksichtigen und deshalb ihre Worte sehr sorgfältig wählen. Kontroverse Inhalte werden also möglichst vermieden und entsprechende Fragen meist mit dem Hinweis, man konzentriere sich auf den Sport, abgeschmettert.
Nicht so Weltmeister Lewis Hamilton. Der Mercedes-Pilot erzählt im Gespräch mit den Kollegen des Magazins «Complex» von seinen Erfahrungen, die er mit Rassismus gemacht hat. Doch auch er wählt seine Worte mit Bedacht. «Ich bin nun schon eine ganze Weile in diesem Sport dabei und es heisst immer, dass man dieses Thema meiden und nicht zu viel darüber reden soll. Das ist ein altbekanntes Problem und die Leute im Rampenlicht immer zurückhaltend sind», bestätigt er.
Und Hamilton betont : «Ich sehe, was passiert, und es kommen bestimmte Gefühle in mir auf. Aber bevor man etwas sagt und macht, muss man sich überlegen, ob das aus den richtigen Gründen und auf die richtige Art und Weise passiert. Es ist schwierig, das richtige Mass zu finden, denke ich.»
Der dreifache Champion erzählt: «Ich begegnete während meiner Kindheit immer wieder Rassismus. Ich wurde schikaniert. Aber das hat mich definitiv angetrieben.» Und er erinnert sich: «Mein Vater sagte mir immer: 'Gibt die Antwort auf der Strecke'. Das habe ich auch von Anfang an gemacht. Er sagte mir, ich solle die Ergebnisse lauter sprechen lassen als alles, was ich zu sagen habe. Ich müsse diesen Leuten sonst nichts erwidern. Aber ich habe es natürlich erlebt, dass mir Kinder Beleidigungen nachgerufen haben. Es gab auch Lehrer,die mir gesagt haben, dass ich nie ein Rennfahrer werden würde. Dass ich es zu nichts bringen würde. Sie haben einfach versucht, mich runterzuziehen.»
Der 49-fache GP-Sieger verrät: «Ich vergleiche mein Leben gerne mit dem Film 'Cool Runnings', einer meiner Lieblingsstreifen. Es gab ja vorher nie ein Bob-Team aus Jamaika und als die Mannschaft auf Sponsorensuche ging und fragte: Würdet ihr ein jamaikanisches Bob-Team unterstützen? Da wurde sie ausgelacht. Mein Dad ging auch zu all diesen Unternehmen und fragte: Wollt ihr den ersten schwarzen Formel-1-Fahrer unterstützen? Ich stelle mir vor, dass die dann auch gelacht haben. Und nun beissen sie sich wahrscheinlich in den Allerwertesten...»
«Auch als die Jamaikaner mit ihrem alten Schlitten ankommen und alle innehalten – das war bei meinem Vater und mir genauso. Wir kamen an, und waren die totalen Amateure neben all diesen Leuten mit ihren Mechanikern und Zelten. Sie hielten nicht inne, aber sie starrten uns an. Es war beinahe wie im Film, alle Augen waren auf uns gerichtet. Sie fragten sich: 'Was machen die denn hier?' Wir waren die einzigen Schwarzen. Und so ging es jedes Wochenende, wenn wir ankamen», erzählt Hamilton weiter.
Der Mercedes-Star fügt trotzig an: «Es gab schon eine Zeit, in der mich das gekümmert hat. Aber mit den Jahren habe ich den Standpunkt eingenommen, dass ich keine Anerkennung brauche. Ich kenne mein Herz und weiss, wie hart ich arbeite. Ich weiss, was ich wert bin. Ich kenne die Liebe zu meiner Familie und weiss, wer ich als Mensch bin. Und ich geniesse das Leben. Auch wenn das irgendwelchen Leuten nicht passt. Sie wollen nicht, dass ich rausgehe und Spass habe!»