Formel E in Riad: Wie präsentiert sich Saudi-Arabien?
Formel E in Riad: Wie präsentiert sich Saudi-Arabien?
Die «Arab News» titelten perfekt: «Formula E-nrique». Bevor noch Samstag die Elektroboliden der Formel E in Ad Diriyah in ihre fünfte Saison starten, begann in diesem Vorort der saudischen Hauptstadt Riad das dreitägige «Festival mit Musik, Kultur und Motorsport».
Und mit Latin-Pop-Superstar Enrique Iglesias («Hero», «Escape»). Ein Musikfestival im erzkonservativen Saudi-Arabien, das bzw. dessen politische Führung in der ganzen Welt wegen des Falls Kashoggi und des Jemen-Konflikts am Pranger steht?
Ja.
Ein halbes Jahr nach der Aufhebung des Autofahrverbots für Frauen ist das Rennen der Formel E am Samstag auch ein Neubeginn vor allem für die einheimische Jugend. Mädchenschwarm Iglesias wurde in Ad Diriyah genauso bejubelt wie anderswo, die jungen Damen kreischten und sangen mit. Und es wurde getanzt – bisher auch undenkbar in Saudi-Arabien. Auch Jason Derulo löste Begeisterung aus. Einige junge Damen erlebten ein Idol erstmals «wirklich».
Das Festival geht weiter: Heute, Freitag, treten auf der Riesenbühne im Renngelände die Black Eyed Peas und der arabische Star Amr Diab auf, Samstag geht das Festival nach dem Rennen mit OneRepublic und David Guetta zu Ende – eine Promiliste des Pop, die vor Kurzem in Saudi-Arabien undenkbar war.
Die Formel-E-Gemeinde – Teamangehörige, Marketing- und Medienleute – waren vor dem Auftakt in einer anderen Welt als der gewohnten skeptisch.
Doch schon bei der Einreise auf dem King-Khalid-Airport herrschte allgemeine Überraschung: Freundliche Helfer, freundliche Beamte bei der Passkontrolle, die den Besucher sogar mit «Willkommen bei uns» begrüßten.
Saudi-Arabien lässt sich das erste Antreten einer «westlichen» Motorsportserie kolportierte 300 Millionen Dollar kosten – 30 Millionen pro Jahr auf zehn Jahre.
Eine weitere «Revolution»: Sonntag können die Formel-E-Teams noch Testfahrten unternehmen – die meisten mit Damen am Steuer der 250 kW (340 PS) starken Boliden. Da sind Profirennfahrerinnen wie die früheren Indy-500-Teilnehmerinnen Simona de Silvestro (Schweiz), Pippa Mann oder Katherine Legge (beide UK) genauso dabei wie Nachwuchsfahrerinnen – oder Amna al Qubaisi.
Die 18-Jährige ist die erste Rennfahrerin aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, bestritt heuer die italienische Formel 4. Und setzt eine Familientradition fort: Vater Khaled al Qubaisi war der erste Emirati, der (seit 2010) an den 24 Stunden von Le Mans teilnahm – darunter drei Mal als Porsche-Teamkollege des Steirers Klaus Bachler.
«Das ist der erste internationale Event in unserem Land, der Kultur, Motorsport und Familienunterhaltung verbindet», erklärte der Vizevorsitzende des saudischen Sportrates, Prinz Abdulaziz al Faisal, Freitag in einem SN-Gespräch an der Rennstrecke. Seit 2014 sei mit F-E-Promotor Alejandro Agag über das Rennen verhandelt worden, doch es ging konkret immer um den Auftakt in Saison fünf. Was erstaunt: Das Areal der Rennstrecke samt Fahrerlager etc. war bis September noch Sandwüste.
«Diese Tage sind ein Festival vor allem für die Jugend, ein Experiment, in dem rund 30 Regierungsbeamte involviert sind und das ein Türöffner für weitere Veranstaltungen dieser Art sein soll», erklärte der Enkel des früheren Königs Faisal ibn Abd al-Aziz, der selbst aktiver Rennfahrer ist – und zwei Mal die Porsche-Mittelost-Challenge gewann, die bekanntlich der Salzburger Walter Lechner organisiert.
«Auch im Visa-Prozedere gingen wir neue Wege», bestätigte al Faisal, ein Abkömmling der Saud-Dynastie: Eine Visaerteilung war ohne Weg zur nächsten Botschaft online mit dem Kauf eines Renntickets möglich. «Auch das sehen wir uns diesmal genau an und wollen diesen Weg weitergehen», ergänzte der Prinz. «Und wir wollen aus diesen Erfahrungen für künftige Ereignisse lernen.»