Thomas Schiffner: «Was ist mit den Schiedsrichtern?»
Thomas Schiffner, Vorsitzender des MSC Neuenhasslau
Thomas Schiffner, Vorsitzender beim MSC Neuenhasslau ist enttäuscht. Enttäuscht von fehlender Solidarität der Bahnsport-Schiedsrichter und der Verbände mit so einem kleinen und vermeintlich unbedeutenden Verein wie dem MSCN aus Hasselroth im hessischen Main-Kinzig-Kreis. SPEEDWEEK.com sprach mit Schiffner.
Thomas, euer Rennen auf dem «E-DRENALIN» Kinzigtalring am 1. Oktober ist doch wieder durchaus erfolgreich verlaufen. Aber du bis trotzdem unzufrieden, warum?
Ja weißt du, unser Rennen, das wir jetzt seit 2018 zum sechsten Mal durchgeführt haben, trotz Corona zwischendurch, haben wir wieder erfolgreich über die Bühne gebracht. Aber fast hätten wir die Veranstaltung absagen müssen.
Wegen der Witterung hätte das aber nicht sein können. Was ist denn genau passiert?
Uns fehlte bis zwei Tage vor dem Rennen ein Schiedsrichter. Meiner Meinung nach funktioniert das System im Bahnsport nicht so, wie es sein sollte. Das betrifft vor allem kleinere Veranstaltungen. In breiten Kreisen des Bahnsports besteht da auf Funktionärsebene kein Interesse.
Das musst du mal genauer erklären.
Wir beim MSC Neuenhasslau veranstalten Clubsport-Grasbahnrennen, also nicht Europa-offen oder international mit DMSB-Genehmigung, weil das nicht bezahlbar ist. Clubsport wird über den Verband, in unserem Fall den DMV, genehmigt. 2020 und 2021 war der MSC Neuenhasslau der einzige Verein in ganz Deutschland, der in der Corona-Zeit Rennen durchgeführt hat und zwar unter strengsten Auflagen und mit Limitierung auf weniger als 800 Zuschauer. Wir haben das alles geschafft, ohne dass etwas passiert ist.
Seid ihr denn finanziell hingekommen?
Nun, wir hatten Zuschauerzahlen, mit denen andere Veranstalter noch nicht einmal das Buch aufmachen würden. Aber wir haben uns damit abgefunden, haben Sponsoren gesucht und konnten alle Rennen kostendeckend durchführen. Das sechste Rennen war dieses Jahr am 1. Oktober.
Was war jetzt mit den benötigten Funktionären?
Wir fangen mit der Vorbereitung unserer Rennen immer mindestens ein halbes Jahr früher an. Wir haben uns daher frühzeitig um einen Rennleiter und einen Schiedsrichter bemüht. Als Rennleiter hatte uns Thomas Gallus aus Berghaupten frühzeitig zugesagt, da er schon früher bei uns zu unserer vollsten Zufriedenheit tätig war. Aber leider ist er am 16. Juni plötzlich und unerwartet verstorben. Wir haben nach Ersatz gesucht und ein halbes Dutzend Personen mit Rennleiterlizenz kontaktiert, die infrage kamen.
Und es hat niemand zugesagt?
Nein, das war erste Frust in der Vorbereitung. Ausreden gab es bei den Gefragten, egal ob männlich oder weiblich, genug. Da wurde gesagt «das muss ich mir überlegen» oder «mal sehen». Oder es wurde auf die DM in Herxheim verwiesen, die mit uns ja gar nicht kollidierte, da der Termin erst zwei Tage später war. Des weiteren wurden wir von einigen Angesprochenen vertröstet, und bei anderen Damen und Herren haben wir bis heute keine Antwort oder erst Wochen später auf unsere Anfragen bekommen. Die normale Höflichkeit, Anfragen zu beantworten, scheint hier nicht bei allen gegeben zu sein.
Aber ohne Rennleiter und ohne Schiedsrichter geht es doch nicht, egal ob männlich oder weiblich. Wie habt ihr das dann noch hinbekommen?
Das war nicht einfach. Im August habe ich dann endlich einen Rennleiter gefunden, der mir zugesagt hat. Er sagte dann aber so vier Wochen vor unserem Rennen ab mit dem Argument, er müsse wahrscheinlich an dem Wochenende arbeiten. Dann ging die Suche wieder von vorne los. Schließlich konnte ich dann doch noch einen Rennleiter sogar aus der Umgebung finden.
Also war die Suche nach dem Rennleiter schon mal erfolgreich erledigt. Wie stand es mit der Frage nach dem Schiedsrichter?
Der Schiedsrichter hatte uns schon lange vorher zugesagt, dann aber fünf Tage vor dem Rennen abgesagt. Er sagte, er könne wegen einer Erkrankung nicht kommen. Dann begann die Odyssee. Stell’ dir vor, fünf Tage vor dem Rennen musst du dich um alles mögliche kümmern. Um die Bahn, das Festzelt, die Fahrer, den Aufbau von Zäunen, Toilettenwagen, und, und, und. In dieser Zeit habe ich 17 Schiedsrichter, die dafür in Frage kamen, kontaktiert, beziehungsweise angerufen und zwar in ganz Deutschland, von Teterow bis nach Niederbayern. Alle diese 17 Personen, meines Wissens gibt es gar nicht mehr als diese, alle diese Leute haben letztendlich abgesagt und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen.
Welche Begründungen gab es denn für die Absagen?
Nun, manches war nachvollziehbar, wie zum Beispiel ein Einsatz in Abensberg am gleichen Wochenende. Dann kamen zwei Absagen wegen eines Simsonrennens, das ist eine von keinem Verband genehmigte Veranstaltung in Langnau am Bodensee. Sie hatten dort eine Funktion und konnten deshalb nicht zu uns kommen. Eine andere nachvollziehbare Begründung für die Absage war, dass man nach Torun zum Speedway-GP wollte oder dass es einen Todesfall im Umfeld gab, alles verständlich.
Welche Begründungen für eine Absage waren eher nicht so stichhaltig?
Na ja, zum Beispiel eine Einladung zur Hochzeit oder zum Geburtstag, oder dass man an dem Wochenende mal mit der Freundin ausgehen wollte und nicht kommen könnte. Ich finde, mit dem Erwerb einer Schiedsrichter-Lizenz geht man auch gewisse Verpflichtungen ein, wo private Termine mal zurückstehen müssten.
Habt ihr als MSC Neuenhasslau denn keine Lobby?
Mir stellt sich hier die Frage nach der Solidarität im Bahnsport beziehungsweise unter Bahnsportlern. Wir sind unter den Bahnsportclubs wahrscheinlich der kleinste in Deutschland, was Bahnsport oder Grasbahnrennen betrifft, mit einem kleinen Team, wenigen Zuschauern, mit kleinen, aber doch guten Fahrerfeldern. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass bei den 17 Anfragen mit Sicherheit die Hälfte an Zusagen bekommen hätte, wenn es sich zum Beispiel um die Deutsche Meisterschaft in Herxheim gehandelt hätte. Anscheinend ist niemand bereit einem Verein zu helfen, wenn es sich nur um ein sogenanntes Feld-, Wald- und Wiesenrennen handelt, wo nur wenig Zuschauer und keine tollen Fahrerfelder sind.
Du hast aber glücklicherweise noch einen Schiedsrichter gefunden.
Ja, ich konnte durch eine persönliche Beziehung dann doch noch jemanden als Schiedsrichter gewinnen, ohne dass uns das viele hundert oder tausend Euro gekostet hätte, wenn er von weit her gekommen wäre. Das war zwei Tage vor unserem Rennen. Wenn die Zusage nicht gekommen wäre, hätten wir die Veranstaltung absagen müssen und das nicht wegen der Witterung. Das wäre wohl in Deutschland einmalig gewesen, eine Absage, weil kein Schiedsrichter zu bekommen war.
Dein Fazit zum Schluss?
Ich appelliere an dieser Stelle an die Solidarität der Betreffenden und auch an die Verbände. Was machen die Verbände oder wie machen die ihren Einfluss in dieser Beziehung geltend? Unsere Veranstaltung hing auf jeden Fall am seidenen Faden, aber es ging dann ja doch noch Mal gut und wir hatten auch rund 800 Besucher an der Bahn und das Rennen geschafft, ohne finanziellen Verlust zu machen.