Deutsche Schule für den GP-Nachwuchs für 2020 geplant
Der deutsche WM-Rookie Lukas Tulovic
Der Deutsche Peter Bales trägt seit drei Jahren die Idee einer deutschen Nachwuchs-Akademie für Motorradrennfahrer mit sich herum. Als Vorbild galten die Akademien von Emilio Alzamora (Monlau), Jorge Martinez und die VR46 Riders Academy von Valentino Rossi. Der ehemalige Suzuki-Cup-Organisator und heutige Manager von Lukas Tulovic beobachtet den Niedergang des deutschen Motorradrennsports auf internationaler Ebene seit geraumer Zeit mit wachsendem Unbehagen. In der Moto3-WM ist seit sechs Jahren kein deutscher Fahrer mehr neu in die kleinste WM-Klasse eingestiegen, die letzten Moto3-Newcomer waren 2012 Florian Alt und Philipp Öttl.
«Die aktuellen Fo¨rderprogramme sind hauptsa¨chlich im Ehrenamt angesiedelt. Es fehlt an einem zeitgema¨ssen und intensiven Coaching, sowie den passenden Trainingsmo¨glichkeiten», stellte Bales schon 2016 fest. «Im europa¨ischen Ausland finden wir hingegen zahlreiche Firmen, die mit nachweislichem Erfolg professionelle Nachwuchsarbeit leisten.»
Damals schwebte Bales ein Leistungszentrum in unmittelbarer Nähe einer Rennstrecke in Deutschland vor, sogar von der Piste in Bilster Berg war die Rede, die als Testzentrum für 34 Millionen Euro erbaut worden ist. Auch in der Umgebung von Berlin wurde ein Standort gesucht.
Bales: «Denn wir brauchten einen Standort mit guter Erreichbarkeit, also mit Zug, Auto oder Flugzeug. Deshalb hat sich die Hauptstadt angeboten. Meine erste Idee war, in Deutschland eine 100-prozentige Kopie der Rossi-Akademie zu machen. Aber ich habe die finanziellen Mittel nicht zusammenbekommen, um das darstellen zu können. Allein die Enstehungskosten hätten 1,5 Millionen Euro betragen. Die laufenden Kosten mit Schulbussen und allem Möglichen hätten sich auf ungefähr 1 Million pro Jahr belaufen.»
Die Plätze in der Akademie sollten damals auf 20 begrenzt werden. Wegen der fehlenden Finanzierbarkeit wurde das Konzept vom Unternehmensberater Peter Bales geändert, der danach sogar einen europaweiten Moto2-Cup veranstalten wollte.
«Aber dieses Moto2-Projekt hat die Dorna nicht interessiert», sagt Bales. «Damals ging es darum, die dritte Liga für die Moto2 zu planen. Also Moto2-Cup, Europameisterschaft und dann Weltmeisterschaft. Aber wir hätten die ganzen Fahrzeuge bei Kalex kaufen müssen, also die Vorjahres-WM-Maschinen. Die Kosten hätten für die Serie rund 2 Millionen im Jahr betragen, weil der Kauf der Rennmotorräder so teuer gewesen wäre.»
«Heute ist die Ansiedlung noch offen. Perfekt wäre es, wenn wir diese ‚Schule der Champions‘ in der Nachbarschaft einer Rennstrecke wie Oschersleben oder Sachsenring planen könnten», sagt Bales, der seine Schule für die Saison 2020 plant und jetzt schon 18 konkrete Anfragen vorliegen hat. Bales: «Das zeigt ganz klar, dass unser neues Konzept gut ankommt.» Die Schüler sollen im Alter zwischen 6 und 14 Jahren sein.
«In den Vorbereitungs-Meisterschaften der Dorna in Europa kann man die Anzahl der deutschen Hoffnungsträger an einer Hand abzählen», betont Bales. «Das muss sich ändern.»
Deshalb hat er Carlos Ezpeleta, dem Sporting Director der Dorna, in Katar ein Konzept vorlegt, das sich «Schule der Champions» nennt. «Die Nachwuchsarbeit in Deutschland muss revolutioniert werden», betont Peter Bales. «Momentan ist der Motorradrennsport bei Kindern und Jugendlichen kein Thema. Denn der Sport ist für die meisten Eltern zu teuer. In Deutschland, Österreich und in der Schweiz kommen Kinder und Jugendliche deshalb kaum oder gar nicht in Kontakt mit Rennfahrzeugen.»
Da in der IDM seit Jahren die falschen Klassen ausgetragen werden und sich der ADAC jahrelang aus der IDM ferngehalten hat und seinen Northern Europe Cup lieber außerhalb von Deutschland austrug, bis diese Serie nach zwei Jahren wegen ihrer grenzenlosen Sinn- und Konzeptlosigkeit beerdigt werden musste, liegt die Nachwuchsförderung in Deutschland weitgehend in privater Hand – bei Teams wie Kiefer, Intact, Freudenberg oder PrüstelGP. Der ADAC ließ jahrelang nicht einmal den Junior-Cup im Rahmen der IDM laufen.
«Wir haben uns jetzt zum Ziel gesetzt, den Motorradrennsport zu den Kindern und Jugendlichen zu bringen», kündigt Peter Bales an. «Wir möchten durch die Schule der Champions aktive und zielorientierte Veranstaltungen durchführen und die Kinder und Jugendlichen begeistern, in den Rennsport einzusteigen. Innerhalb von drei bis fünf Jahren werden wir bereits mit den ersten Jugendlichen in einem der Talent-Cups antreten.»
Das Konzept
Es soll sieben Veranstaltungen in Deutschland und in Österreich stattfinden, in einem sicheren und strukturierten Rahmen, alle Rennserien werden auf Prototypen gestartet.
Folgende Rennserien wären denkbar: Elektro-Pocketbike, Pocketbike, Pocketbike-Pro, MiniBike, MiniBike Pro und Moto4.
Jeder Teilnehmer, der eine Rennserie gewinnt, bekommt ein Rennpaket für die nächsthöhere Kategorie kostenlos zur Verfügung gestellt.
Die Schnellsten der Moto4-Klasse bekommen ein Angebot von der «Schule der Champions», in einem der Talent-Cups in Europa zu starten. Als Partner ist das Team Kiefer Racing vorgesehen, das mit Stefan Bradl (2011/Moto2) und Danny Kent (2015/Moto3) schon zwei WM-Titel gewonnen hat und 2019 in der Moto2-WM mit Lukas Tulovic antritt.
Für die Events sollen Kartbahnen mit einer Boxenanlage in Deutschland und Österreich angemietet werden. Die Strecken sollen durch Sanitäter gesichert werden, für die Organisation sollen 15 Personen zur Verfügung stehen.
Um ein breites Publikum anzuziehen, sind für die Events auch Motorradmessen geplant, Sony Playstation will mit einem Truck vor Ort sein, eine Paintball-Arena wird aufgebaut. Die Events sollen sich über Samstag und Sonntag erstrecken. Über Youtube soll eine Livestream-Berichterstattung sichergestellt werden. 15 Kameras (10 an der Strecke, fünf an den Motorrädern) sollen das Geschehen einfangen.
Das Projekt Schule der Champions soll im Umkreis von 100 km an den Schulen beworben werden, dazu auf allen nennenswerten Motorradmessen im deutschsprachigen Raum, auf Radiosendern und einschlägigen Internet-Plattformen.
«Wir wollen unter der deutschsprachigen Bevölkerung wieder konkurrenzfähige und vermarktungsfähige Piloten finden», sagt Peter Bales. «Unser Ziel ist es, mehrere schnelle und repräsentative Piloten aus den deutschsprachigen Gebieten in den Rennserien der Dorna zu platzieren.»
«Mittlerweile bin ich bei der Kostenkalkulation des Projekts, das bei der Dorna großen Gefallen gefunden hat», ergänzt Peter Bales im Gespräch mit SPEEDWEEK.com «Für sieben Veranstaltungen in Deutschland und Österreich werden ca. 700.000 Euro nötig sein.»
Das Budget soll von Sponsoren, Verbänden, der Motorradindustrie und Partnern finanziert werden. Bales: «Wir werden für die Durchführung insgesamt 25 Männer und Frauen als Personal benötigen.»
Nähere Informationen bei: office@pbme.email
«Was die genauen Details für die Schule 2020 betrifft, bin ich noch nicht sprechfähig. Man kann sich noch nicht einschreiben», betont Bales. «Das Projekt wird erst in den nächsten Monaten spruchreif sein. Bisher ist es nur ein Plan und eine Vision. Vorläufig können wir das Konzept nur interessierten Partnern oder Sponsoren präsentieren.»