Dominic Schmitters IDM-Analyse zum Reglement 2022
Dominic Schmitter weiß, wie es geht
«Technisch bin ich da eher zurückhaltender, aber ich gebe gerne mein Wissen in der Beziehung preis», erklärt Dominic Schmitter. «Das Wichtigste wurde leider nicht geändert. Das, was mit der Chancengleichheit am meisten zu tun gehabt hätte.» Die Rede ist vom technischen Reglement der IDM. Schwarz auf Weiß gibt es die Änderungen und das komplette Regelwerk noch nicht. Doch der Promoter hat unlängst vorab die wichtigsten Passagen veröffentlicht. Die Saison 2022 beginnt zwar erst im Mai, aber viele Teams und Fahrer sind bereits zu den ersten Testfahrten aufgebrochen. Dominic Schmitter, im letzten Jahr selbst noch ein Kandidat für den Titel, erklärt, was es mit den Änderungen auf sich hat.
Die Gabel
Reglement: In der IDM Superbike wird es ab der Saison 2022 möglich sein, statt der Original-Gabel alternativ auch Gabeln von IDM-Serienpartnern einzusetzen. Der Kaufpreis ist allerdings gedeckelt. Eine einsatzbereite Gabel darf inklusive aller notwendigen Adapter maximal 5.000 Euro netto kosten und muss für alle in der IDM Superbike (permanent) eingesetzten Motorradmodelle verfügbar sein.
Dominic Schmitter: «Je nach Hersteller und Modell ist das super. Bei Yamaha ist das zum Beispiel so, dass, wenn man keine M-Variante hat, da hat man ja dann auch eine andere Gabel, diese Gabel von der normalen Yamaha manchmal klemmt. Daher ist das ein logischer Schritt und die Regel taugt in Richtung Chancengleichheit. Da hatte ich im Vorjahr immer Mühe, da wir eben nicht die M hatten, wenn das Fahrwerk, also die Gabel, ganz eingefedert war, hat sie kein gutes Feedback gegeben, wenn sie nicht sauber hochkam. Ich kann es nur bezüglich Yamaha sagen, mit Kawasaki oder anderen Motorrädern kann ich keine direkten Vergleiche ziehen.»
Die Gabelbrücke
Reglement: Ebenso werden Gabelbrücken von IDM-Serienpartnern zulässig sein, vorausgesetzt, dass sie im Handel den Preis von 1.500 Euro netto nicht übersteigen und mit dem jeweiligen Serienoffset des Motorrads verbaut werden können. Das erspart einen Teil der Testarbeit. Da die Preisdeckel auf Serienpreisniveau liegen, werden lediglich Alternativen zur Originalgabel zugelassen.
Dominic Schmitter: «Das mit der Gabelbrücke ist sicherlich ein Cooles „Nice-to-have“, was man eben haben kann. Ich finde es allerdings unnötig. Denn das sind wirklich Kosten, die könnte man sich sparen. Eine Gabelbrücke entscheidet dann, wenn man da was einstellen kann, wenn man das Team dazu hat und dazu noch das nötige Know-how hat. Und man zusätzlich viel Tests macht. Dann bringt es zwei, drei Zehntel. Und wenn man das alles nicht macht, dann bringt es genau nichts. Für mich wäre es besser, wenn die Regel bezüglich der Gabelbrücke nicht beim Reglement dazugekommen wäre.»
Die Schwinge
Reglement: Beim Thema Fahrwerk wurde die lange geführte Diskussion über die Schwinge an der Yamaha Typ RN65 beendet. An dem unter dem Namen YZF-R1 bekannten Modell darf ein genau fixierter, für den Rennsporteinsatz bereits vom Hersteller markierter Bereich des Radachsschlitzes geöffnet werden. Durch die Verlängerung des Radstands wird mehr Stabilität erreicht.
Dominic Schmitter: «Beim Thema Schwingenlänge bei der Yamaha halte ich das neue Reglement wiederum für einen wichtigen Schritt. Yamaha hat eine kurze Schwinge und durch die neue Regel wird der Radstand erhöht und das bringt mehr Stabilität und mehr Sicherheit. Und Sicherheit ist das A und O bei unserem Sport, der zwar immer sicherer wird, aber eben auch immer schneller und dadurch wieder gefährlicher.»
Federbein, Nockenwellen, Ansaugtrichter
Reglement: Für alle Modelle in der IDM Superbike ist die Federbeinumlenkung mit ihren Zugstreben und Lagern frei wählbar. Hier sind entweder Kit-Teile des jeweiligen Herstellers zu verwenden oder der IDM Technik-Kommission ist alternativ ein Herstellernachweis samt technischer Zeichnung vorzulegen.
Im Motor der IDM Superbikes dürfen zukünftig die Ansaugtrichter nach eigenem Ermessen ausgesucht werden. Erlaubt sind auch Kit-Nockenwellen des jeweiligen Motorradherstellers, einschließlich der dazugehörigen Ventilfedern, Teller und Keile. Unzulässig sein soll nach jetzigem Stand das Umprogrammieren („Flashen“) der Serien-ECU (Engine Control Unit). Dieses Motorsteuergerät regelt, steuert und kontrolliert wichtige Funktionen der Drosselklappensteuerung über die Motorbremse bis hin zu den Einspritz- und Zündungskennfeldern. Mit einem Flash, also der Direktprogrammierung des Steuergerätes, ließen sich Serieneinstellungen verändern. Ab jetzt ist aber nur noch die Kit-Elektronik des jeweiligen Herstellers erlaubt.
Dominic Schmitter: «Das mit den Federbein-Kitteilen, Kit-Nockenwellen und Ansaugtrichter finde ich allerdings alles wieder sehr fragwürdig. Es sind einfach Kosten, die entstehen für nichts. Die Motorräder sind motorentechnisch fast alle gleich stark, abgesehen von Ducati. Die Unterschiede sind nicht so krass. Diese neue Regel finde ich nicht so gut für die Meisterschaft, denn das erhöht unglaublich die Kosten. Unnötig. Für Kit-Teile, die es eigentlich nicht bräuchte, da alle Motoren ja ungefähr plus minus zehn PS gleich sind.»
Die Analyse
«Das was ich allerdings am wichtigsten finden würde, ist, dass man endlich mal eine Elektronik raushaut», so die Meinung Schmitters. «Magneti Marelli oder Motech. Damit da jeder frei machen und tun kann. Grundlage ist aber, dass jeder das gleiche Elektronik-Paket verwenden kann und muss. Das wäre das Sinnvollste. Und es würde Chancengleichheit herrschen. Ähnlich wie es die Britische Superbikemeisterschaft hat. Dort hat jeder Motech. Dort hat man zum Beispiel ganz klar festgelegt, Traktionskontrolle gibt’s nicht und fertig. Das halte ich für einen Super-Weg.
Ich bin letztes Jahr einmal mit der Maschine (BMW) von BCC gefahren, mit der Markus Reiterberger auf dem Schleizer Dreieck gewonnen hat. Mit der bin ich mal in Hockenheim gefahren. Das ist so ein krasser Unterschied von der Elektronik zur Yamaha und wahrscheinlich auch zu Honda und so weiter. Die BMW-Elektronik ist eine richtige Elektronik. Das hat sich für mich angefühlt wie in der Superbike-WM. Ohne Witz. Es hat überall perfekt geregelt, wo es regeln muss. Es hat mit der Motorbremse genau geregelt und abgebremst, dass das Hinterrad nicht so querkommt. Das finde ich richtig unfair. Denn nicht jeder ist ein Jonas Folger, der alle in Grund und Boden fährt mit einer Yamaha. Oder andere krasse Fahrer, die so überragend sind. Es gibt nicht viele solcher Talente. Ich kann sagen, dass ich letztes Jahr viel Mühe mit der Elektronik hatte, weil die Yamaha-Elektronik einfach hinterherhinkt. Ähnlich wie Suzuki und Kawasaki auch. Es ist einfach nicht das gleiche. Die BMW-Elektronik sollte irgendwie gedrosselt werden. Oder eben eine Einheits-Elektronik. Das wäre eine sinnvolle Regeländerung, die auch wieder für mehr Chancengleichheit sorgt.»
Wer profitiert von den neuen Regeln?
«Bei der Gabel ganz sicher Yamaha», glaubt der Schweizer. «Bei der Gabelbrücke profitiert wahrscheinlich jeder gleich viel. Bei der Schwingenlänge wieder ganz klar Yamaha, da sie auch die einzigen sind, die das machen können. Bei dem Kitteilen profitiert jeder gleich viel. Ich bin eben einfach gegen sowas. Das sind einfach nur Kosten, die man hochtreibt. Schade.
Die Teams, die groß sind und am meisten investieren können, oder auch wollen, profitieren am meisten durch die Regeländerung bei den Kit-Teilen. Sie haben das meiste Budget im Hintergrund und können auch am meisten testen. Es wird wahrscheinlich auch weniger Überraschungssieger geben. Wenn die Ersten schon ein viel besseres Motorrad haben, als einer der ab und an für ein Hoch sorgen könnte, das gibt es dann einfach nicht mehr. Das ist halt schade. z.B. ein Ein-Mann-Team, wie Hess-Racing das mit mir letztes Jahr gemacht hat, wird eben seltener, dass da jemand vorne mitfahren kann.»
«Aber ansonsten machen die bei der IDM einen Super-Job», meint Schmitter abschließend. «Das muss man auch ganz klar anerkennen. Mega. Das Feld rückt zusammen und die Meisterschaft wird immer besser.»