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«Bonovo Action»: Fluch oder Segen für die Sidecars?

Von Rudi Hagen
Keine gute Lösung: IDM-Seitenwagen als Mehrklassengesellschaft

Keine gute Lösung: IDM-Seitenwagen als Mehrklassengesellschaft

Die IDM Seitenwagen entwickelt sich immer weiter zur Mehrklassengesellschaft. Mit Bonovo Action ist ein potenter Sponsor im Rennen. Kommen die Sidecars dadurch voran?

Als zum Ende der vergangenen Saison bekannt wurde, dass mit Jürgen Röder ein absoluter Seitenwagen-Freund und finanzstarker Unternehmer in die IDM Seitenwagen einsteigen wolle, war die Begeisterung bei vielen groß. Er wolle mit seinem Team «Bonovo action powered by MGM Racing» die Seitenwagenklasse wieder mehr in den Focus rücken und damit auch die IDM weiter professionalisieren.

Das hehre Ziel scheint bisher durchaus gelungen – oder nicht?. Nachdem im Vorfeld des Saisonstarts in Assen das Thema Bonovo schon große mediale Aufmerksamkeit erzeugt hatte, stimmen jetzt auch deren Ergebnisse, einigermaßen jedenfalls. Röder und Yamaha-Experte Michael Galinski haben dafür gesorgt, dass nicht nur die Seitenwagen-Duos des Rennstalls, sondern auch die Solisten mit Galionsfigur Jonas Folger an der Spitze, in der IDM zur absoluten Leistungsspitze zählen.

Folger gewann in Assen zweimal seine Superbike-Rennen, bei den Sidecars belegen die Bonovo-Teams Bennie Streuer/Ilse de Haas (NL) und Josef Sattler/Luca Schmidt (D) die Plätze 2 und 3, dahinter folgt das inoffizielle Junior-Team von «Bonovo Action», Max Zimmermann/Ferry Segers (D/NL), auf Platz 4.

Die großen Favoriten der 600er-Klasse, Tim Reeves/Kevin Rousseau (GB/F), gingen in Assen trotz Dominanz in Trainings und Qualifyings leer aus. Ein technisches Problem mit ihrer Adolf RS Yamaha 600 im ersten Rennen führte zum Ausscheiden aus dem Lauf und die Missachtung einer Durchfahrtsstrafe in Rennen 2 zog eine Disqualifikation der beiden Top-Favoriten nach sich. Das machte dann null Punkte.

Schaut man sich die Seitenwagen-Konkurrenz einmal genauer an, dann wird ein großes Dilemma sichtbar. Die Unterschiede in der IDM Seitenwagen sind nicht nur enorm, sondern sie werden immer größer. Das ist natürlich nichts Neues, aber vor allem nachdem das Hubraumlimit der Motoren für die FIM Weltmeisterschaft auf 600 ccm festgesetzt wurde und in der IDM eine Zweiklassen-Wertung, 600 und 1000 ccm, erfolgte, gehen die Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Teams immer weiter auseinander.

Sieht man sich die Zeiten an, wird deutlich, wie unterschiedlich leistungsstark die Teams sind. Die Führenden bei den 600ern sind die beiden Schweizer Markus Schlosser/Marcel Fries auf einer LCR Yamaha. Schlosser ist ein genialer Racer, der das Vermögen hat, mit seinem Partner Fries sowohl die IDM als auch die WM zu gewinnen. Aber dem Schönbühler fehlt das nötige Geld, um möglichst über die Distanz ganz vorne durchzuhalten. Schon in Assen fuhr man die Qualifikation mit gebrauchten Pneus. Die aufgrund der Corona-Pandemie arg verkürzte Saison könnte für die Schweizer aber insofern von Vorteil sein.

In Assen lagen Schlosser/Fries im zweiten Rennen bei der Zieldurchfahrt fünf Sekunden vor Streuer/de Haas und 18 Sekunden vor Sattler/Schmidt. Die 600er im hinteren Feld hatten einen Rückstand von zum Teil mehr als zwei Minuten. Auch das beste 1000er-Team, Mike Roscher/Anna Burkard (D/CH) war 50 Sekunden langsamer als die Schweizer und das mit so viel Pferdestärken mehr im BMW-Aggregat als in der Yamaha 600.

«Das ist kein Wunder, dass die in der Spitze mit ihren 600ern mittlerweile schneller sind als wir mit 1000 ccm», sagte Roscher in Assen fast resignierend, «ich denke, die müssen nach den Rennen immer ihre Motoren revidieren und Teile austauschen, das kostet dann eben auch viel Geld. Ich fahre meine BMW die ganze Saison über und muss da gar nichts machen. Die können es sich auch leisten, immer wieder neue Reifen aufzuziehen, während sich da die anderen das eben nicht leisten können und mit gebrauchten herumfahren.»

Wer mit «die» gemeint ist, mag sich jeder denken, wie er will. Natürlich sind die Teams von «Bonovo action powered by MGM Racing» finanziell und damit technisch und trainingsmäßig im Vorteil, aber Neid ist hier kein guter Ratgeber. Fest steht, hätte es Jürgen Röder nicht gegeben, hätten die Seitenwagen in dieser Saison möglicherweise keine Startmöglichkeit in der IDM gehabt. Der Chef der Firma Bonovo hat hier das Geld für alle in die Hand genommen.

Allerdings muss man auch feststellen, dass das Leistungsgefälle bei den Sidecars dadurch weiter zugenommen hat. Die super ausgestatteten Teams von Bonovo sind top, andere eher hop. Sei es aus finanziellen Gründen oder durch fehlendes Talent. Fest steht auch, dass die 1000er-Armada immer mehr bröckelt. In Assen waren inklusive Gaststarter gerade mal sieben Teams der 1-Liter-Klasse dabei, mit zum Teil grottenschlechten Zeiten. Kein Wunder, mit welchem «Geraffel» da zum Teil herumgegurkt wird.

Möglich wäre, dass die 1000er-Seitenwagen sich in die Internationale Sidecar Trophy verabschieden, denn dort geht es um Hobbysport und vor allem darum Spaß zu haben. Dadurch könnte sich die 600er-Klasse weiter professionalisieren und möglicherweise wieder mehr Sponsoren anlocken. Aber das Feld der IDM Seitenwagen würde dadurch insgesamt schrumpfen, vielleicht aber nur vorübergehend.

Wie wäre es für 2021 mit einer Anschubfinanzierung, einem großen Pool für alle Teams der Seitenwagen 600 nach Vorbild der BSB in England? Vielleicht durch Bonovo und weitere Sponsoren? Sie könnten eine Summe zur Verfügung stellen, die allen Teams zugute kommt. Gestaffelt nach Leistung, aber so, dass auch den Schwächsten ein vergleichbares «Grundeinkommen» zugute kommt, damit auch für sie die IDM finanzierbar wäre. Dann könnten alle technisch aufzurüsten, um in der Meisterschaft einigermaßen mithalten zu können.

Dann wäre das Projekt «Bonovo action powered by MGM Racing» erst richtig geglückt und mit den IDM Sidecars ginge es endlich wieder aufwärts.

Stand IDM Seitenwagen 600 ccm:

1. Markus Schlosser/Marcel Fries (CH), 50 Punkte
2. Bennie Streuer/Ilse de Haas (NL), 40
3. Josef Sattler/Luca Schmidt (D), 32
4. Max Zimmermann/Ferry Segers (D/NL), 24
5. Janez Remse/Manfred Wechselberger (SLO/A), 21
6. Jakob Rutz/Thomas Hofer (CH), 18
7. Wiggert Kranenburg/Carolin Zimmermann (NL/D), 18
8. Markus Schwegler/Ondrej Kopecky (D/CZ), 14
9. Michael Grabmüller/Sébastien Lavorel (A/F), 13
10. Dean Nicholls/Ronja Mahl (GB/D), 7
11. Peter Kimeswenger/Kevin Kölsch (A/D), 7
12. Tim Reeves/Kevin Rousseau (GB/F), 0
G Kees Endeveld/Hendrik Crome (NL/D)
G Cyril Vinet/Claude Vinet (F)

Stand IDM Seitenwagen 1000 ccm:

1. Mike Roscher/Anna Burkard (D/CH), 50 Punkte
2. Cedric Pierard/Arnau Pierard (F), 33
3. Helmut Lingen/Michael Prudlik (D), 32
4. Franz Kapeller/Markus Billich (A), 20
5. Rogier Weekers/Remco Moes (NL), 13
6. Jorden Klok/Carmen Laudy (NL/D), 11
G Kurt Gussé/Frank Claeys (B)

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