Sharni Pinfold-Rücktritt wegen Sexismus im Motorsport
Sharni Pinfold geht neue Wege
«RT Motorsports by SKM - Kawasaki ist stolz darauf, bekannt zu geben, dass die Australierin Sharni Pinfold aus Perth künftig bei der IDM Supersport 300 antreten wird», so erklärten es die Teamleitung mit Rob Vennegoor und Frank Krekeler am 27.10.2020. Beide waren von der Leistungsfähigkeit der Australierin nach dem elften Platz in der Britschen Moto3-Meisterschaft überzeugt. Auch ihr WM-Debut mit dem Team Smrz Racing hatte sie in Magny-Cours absolviert.
Doch jetzt ist schon wieder Schluss und die Pilotin tritt die Reise zur IDM und ihrem neuen Team gar nicht erst an. Sharni Pinfold nutzte den Sonntag, um in einer ausführlichen Botschaft über ihre Facebook-Seite ihren sofortigen Rückzug aus dem Motorsport zu verkünden.
«Die Entscheidung ist mir nicht leichtgefallen», schreibt sie. «Von Beginn meiner Karriere an hatte ich mich entschieden, 100 Prozent zu geben, weil ich wusste, dass ich am Ende nur die Gewissheit haben kann, alles getan zu haben, was ich konnte. Mein Vater verstarb, kurz bevor ich mit dem Rennsport begonnen habe. Das bedeutete, dass ich alles, was ich getan habe, allein gemacht habe, ohne Anleitung oder Unterstützung. Aus einem Background ohne finanzielle oder persönliche Unterstützung zu kommen, bedeutete, dass ich meine Karriere mit purer Entschlossenheit und Aufopferung vorantrieb. Womit ich letztendlich in die Abhängigkeit anderer Menschen geriet. Diese Herangehensweise bedeutete viele Lektionen, die ich auf die harte Tour gelernt habe.»
2017 verließ sie dafür ihr Zuhause und nahm einen Job bei einem Sponsor an. Aus dem Rennsport wurde mehr als nur ein Hobby und sämtliche Aktivitäten und Entscheidungen kreisten nur um dieses eine Thema. Mit einem One-Way-Ticket ging es von Australien auf die andere Seite des Erdballs. «Ich arbeitete Vollzeit ohne Lohn», berichtet sie, «nur um weiterzumachen. Ich opferte viele Dinge. Mein Glück, meinen Lebensstil, meine Familie, meine geistige und meine körperliche Gesundheit. Ich hatte das Gefühl, dass der Rennsport der einzige Sinn war, den ich in meinem Leben hatte. Das fühlte sich damals wie ein geringer Preis an, den ich zahlen musste.»
«Während meiner Reise im Motorsport habe ich viele Anforderungen erlebt und war ihnen ausgesetzt», schildert sie ihre Erlebnisse, «auch einige, über die ich nicht einmal sprechen kann. Die meisten Herausforderungen, mit denen ich konfrontiert wurde, waren allerdings auf den mangelnden Respekt und die abwertende Behandlung von Frauen zurückzuführen. Dinge, von denen ich weiß, dass ich sie nie hätte erleben oder mich ihnen aussetzen müssen, wenn ich ein Mann gewesen wäre.» Pinfold hat für sich nun einen Punkt erreicht, an dem sie sich nach eigener Aussage nicht länger diesem Verhalten aussetzen und nicht mehr in dieser Weise behandelt werden möchte.
«Das macht mich zutiefst traurig», offenbart sie, «wenn ich die Herausforderungen auf meinem Weg betrachte und die Tatsache erkenne, dass Frauen, die ihr Leben der Verfolgung ihrer Träume widmen, diesem Verhalten ausgesetzt sind und auf diese Weise behandelt werden. Dies war der Hauptgrund für meine Entscheidung zum Ausstieg.»
«Meine Liebe zum Sport hört damit nicht auf», versichert sie. «Ich bin mir nicht sicher, was die Zukunft für mich bereithält. Ich bin sehr stolz darauf, was ich in diesem Sport erreicht habe und finde es schade, dass ich mein volles Potenzial noch nicht ausschöpfen konnte. Ich möchte mich bei allen bedanken, die mich unterstützt haben, mir Möglichkeiten geboten haben und bei den Freunden, die ich auf meinem Weg getroffen habe. Ich hoffe, dass ich durch meine Reise anderen helfen und sie ermutigen kann, zu wissen, dass sie all dessen würdig sind, was sie sich wünschen. Ich wünsche mir, dass andere wissen, dass niemand das Recht hat, ihnen das Gefühl zu geben, unwürdig zu sein oder sich unwohl zu fühlen, oder dass sie alles abtun müssen, was nicht zu ihnen passt. Die Intuition ist der zuverlässigste Führer, den wir haben, und die Antworten, die wir suchen, sind alle in uns. Man ist stärker, als man denkt, und man ist zu mehr fähig, als einem bewusst ist.»