Tragödie um Joey den Besten: Unfassbare Zustände
Der tödliche Unfall des populären 30-jährigen Joey den Besten auf dem Strassenkurs von Imatra/Finnland hat in der Szene heftige Diskussionen ausgelöst. Für den Deutschen Max Geenen, Freund des Niederländers und als Besitzer der Firma Motorradtechnik Geenen GmbH auch Sponsor des 1000-ccm-Kawasaki-Superbike-Piloten, brach am Sonntag eine Welt zusammen. Erschüttert berichtet der 26-Jährige über die unbeschreiblichen Zustände beim finnischen Event der International Road Racing Championship (IRRC) auf der ehemaligen GP-Strecke, die nur ca. 4 km von der russischen Grenze entfernt liegt. Mit einer Länge von 4,950 km zählt der «Jarno Saarinen Circuit» in Imatra zu den anspruchsvollsten Pisten im Kalender.
Nach dem verhängnisvollen Sturz von Joey den Besten am Sonntag in Imatra schreckten manche ahnungslose Besserwisser nicht einmal vor dem Hinweis zurück, mit einem in der Einführungsrunde tödlich verunglückten Straßenrennfahrer müsse man nicht viel Mitleid haben.
Zu Beginn der langen Gegengeraden hatte Joey den Besten aufgrund von Aquaplaning die Herrschaft über seine Kawasaki verloren, war links neben die Strecke geraten und gegen einen Lichtmast geprallt.
Doch Max Geenen schildert im Interview mit SPEEDWEEK.com im Detail, was vor dem zweiten Superbike-Rennen am Sonntag in Imatra vorgefallen ist. «Es war vor dem Start im Hintergrund eine riesige schwarze Regenwolke zu sehen. Jeder hat sie im Wetterradar gesehen und gewusst, dass bald viel Regen runterkommt. Jeder konnte sich ausmalen, dass demnächst ein Wolkenbruch runterkommt, aber die Funktionäre haben lange gezögert und gezögert. Man hätte von Anfang an sagen können, wir ziehen das schnell durch mit einem verkürzten Startprozedere, fünf Rennrunden fahren, wenn der Regen kommt – Abbruch. Aber sie haben gewartet und gewartet und ein Regenrennen draus gemacht. Sie haben die Teilnehmer die Einführungsrunde im Trockenen absolvieren lassen. Während dieser Einführungsrunde kam dieser gewaltige Regenguss. Wir sind also zurück an die Box gerollt, dort wurden die Regenreifen drauf gemacht. Dann hiess es: ‘So, jetzt Neustart.’ Dann gingen alle raus. Die Strecke wurde noch einmal mit einem Tesla abgefahren. Man hätte auch noch ein paar Runden mehr fahren können, denn die eine Runde hat nichts genützt.»
An die Adresse der Kritiker im Internet, die sich fragen, wie man in der Einführungsrunde stürzen kann, hält der tief betroffene Max Geenen entgegen: «Ein Rennfahrer muss in dieser Einführungsrunde die Regenreifen warm kriegen und auf Betriebstemperatur bringen. Die Leute, die in der IRRC vorne mitfahren, müssen pushen. Man kann es sich als Spitzenfahrer nicht leisten, sich in der ersten Rennrunde gemütlich einzurollen. Denn der Gegner hat sonst die Regenreifen in der Einführungsrunde warm gefahren und kann in der ersten Kurve reinhalten. Deshalb konnte der Sturz in der Einführungsrunde passieren, ganz klar. Und wir wissen alle – Joey ist sonst praktisch nie gestürzt.»
«Wenn ich jetzt zusammenfasse, was ich nach diesem Unfall an mangelnder Unterstützung in Imatra erfahren habe, und wenn ich mir diese Zustände noch einmal vor Augen führe, bin ich sicher, dass ich nie mehr einen Fahrer in der IRRC einsetzen und in dieser Serie nie wieder etwas an den Start bringen werde», sagt Geenen. «Denn ich kann keinem Fahrer aktuell vertrauenswürdig sagen: ‘Wenn etwas passiert, bist du in guten Händen, es gibt Hilfe.’»
«Jeder Fahrer, der in dieser Serie mitfährt, weiß, was passieren kann. Aber die zuständigen Funktionäre des Veranstalters haben jedes Mitgefühl, jegliche Empathie und jeden Support für das betroffene Team und die anderen Teilnehmer vermissen lassen», bedauert der 26-jährige Max Geenen, der in Kempen (Niederrhein) mit seinem Bruder ein Motorradgeschäft betreibt. «Die Fahrer unterhalten sich und stehen auch zu dem, was sie machen. Aber was der Veranstalter in Imatra und die Funktionäre der IRRC alles gemacht beziehungsweise unterlassen haben, spottet jeder Beschreibung. Die ganze Organisation hat uns nach dem Unfall einfach unbeachtet stehen lassen. Wir mussten selber bei der Polizei und selber im Krankenhaus anrufen, um herauszufinden, wo sich Joey befindet.»
Die Fahrer und Zuschauer wurden während des ganzen Rennens nie über das tragische Unglück informiert; der Streckensprecher feierte nachher die Sieger, als sei nichts geschehen.
Dabei war der Niederländer (Joey den Besten landete im ersten Rennen am Samstag in Imatra auf Platz 8) laut Aussage von Max Geenen von einem Arzt bereits zwei Minuten nach dem Unfall für tot erklärt worden.
Der Bayer David Datzer wusste während des ganzen IRRC- Rennens am Sonntag nicht, dass Joey nicht überlebt hatte.
Geenen: «Das ist ihm erst von uns erst nach dem IRRC-Lauf und vor dem Start zum Rennen 'King of Imatra' mitgeteilt worden. David ist da zu uns ans Zelt gekommen, und mein Vater musste ihm die Nachricht von Joeys Tod überbringen. Vorher musste ich selber zum Streckensprecher gehen und ihm sagen, er solle den Fahrern mitteilen, dass Joey den Besten tot ist. Sonst hätten sie nach dem letzten Rennen des Tages auch noch gejubelt, gefeiert und Champagner gespritzt. Erst nach meiner Aufforderung hat der Veranstalter das weitere Feiern unterlassen.»
«Für mich als jungen Menschen war die Tragödie am Sonntag ein heftiger Schock. Nicht weil ich nicht wahrhaben wollte, dass so etwas passieren kann. So blauäugig bin ich nicht. Aber es geht um die Art und Weise, wie und warum es passiert ist», sagt Max Geenen.
Stand in der IRRC-Superbike-Serie (nach 3 von 6 Events)
1. Lukas Maurer, (CH), Kawasaki, 140 Punkte
2. Patrick Hoff (D), BMW, 92
3. Didier Grams (D), BMW, 87
4. Joey den Besten (NL), Kawasaki, 64
5. Nico Müller (D), BMW, 58
6. Markus Karlsson (S), BMW, 57
7. Vincent Lombois (B), Yamaha, 53
8. Luca Gottardi (I), BMW, 52
9. Johannes Schwimmbeck (D), BMW, 45
10. Laurent Hoffmann (B), 44