Paul Ricard: Füsse auf dem Boden, Kopf in den Sternen
Die meisten Formel-1-Fans wissen: Die Formel 1 ist seit vergangenem Juni wieder im Département Var zuhause, erstmals nach zehn Jahren Pause hat die Grande Nation wieder einen Grand Prix, aber nicht mehr wie zuletzt 2008 in tiefster Provinz von Magny-Cours, sondern im sonnengeküssten Le Castellet. Einige GP-Anhänger wissen auch, dass die Rennstrecke das Kind des Apéritiv-Herstellers Paul Ricard ist und daher seinen Namen trägt. Aber damit hat sich’s. Warum um alles in der Welt baut ein Pastis-Produzent eine Rennstrecke? Und warum ausgerechnet auf diesem Hoch-Plateau? Was hat er sich nur dabei gedacht?
Mein Kollege Daniel Ortelli ist solchen Fragen nachgegangen und hat ein Buch verfasst, das ich allen Formel-1-Kennern ans Herz legen darf. Wir lesen, wieso Paul Ricard mit beiden Füssen fest auf dem Boden stand, den Kopf aber immer in den Sternen hatte. Wir staunen, was der Hintergrund war, die 1,8 Kilometer lange Mistral-Gerade zu bauen. Wir sind verblüfft über die Geschichte, wieso bei der Eröffnung der Rennstrecke Ricard nicht das Band durchschneiden wollte und sich stattdessen aus Protest auf eine Tribüne hockte. Diese und ganz viele weitere Geschichten stehen in «Circuit Paul Ricard – Les Seigneurs de la F1».
Lesen Sie, welches nicht-automobile Rennen die Grand-Prix-Stars Mitte der 70er Jahre ausgetragen haben, warum beim ersten Grossen Preis von Frankreich in Paul Ricard gleich sieben Franzosen gemeldet waren, aber nur fünf davon am Start standen, wie die Piste in die Hände von Bernie Ecclestone überging und wer wirklich hinter dem Design der Rennstrecke stand (das erraten Sie nie). Hier nur so viel: Der erste Pistenkonstrukteur sagte bei der Eröffnung der Bahn jedenfalls: «Ich erkenne mein Kind nicht mehr.»
Abgerundet wird das Werk von 250 Fotos der französischen Formel-1-Fotografen Bernard Asset sowie Bernard und Paul-Henri Cahier. Viele dieser Bilder werden erstmals gezeigt.
Ortelli geht umfassend auf die WM-Läufe von Paul Ricard ein (von 1971 bis 1990), er würzt sein Werk mit vielen Hintergrundgeschichten und Biographien grosser Fahrer.
Ein Sonderteil befasst sich mit dem neuen Paul Ricard, wie die Piste jahrelang vorwiegend als Testbahn galt und 2018 für die Rückkehr der Formel 1 fit gemacht wurde.
Das Werk ist schmissig geschrieben, und wenn wir uns nach einigen Jahrzehnten in unserem Lieblingssport als Fachmann bezeichnen dürfen, so haben wir immer wieder geschmunzelt und oft gestaunt, welche Stories diese Rennstrecke im Laufe der Zeit hervorgebracht hat.
Daniel Ortelli: Circuit Paul Ricard
Les Seigneurs de la F1
Mit Fotos von Bernard Asset sowie Bernard und Paul-Henri Cahier
Editions Gilletta
ISBN: 978-2-35956-102-9
Format 24 x 29 cm
184 Seiten
250 Fotos
Text in französischer Sprache
Für 29,90 Euro im Fachhande