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Was nicht nur Streckenposten über MotoE wissen müssen

Von Manuel Pecino
Warum zeigte keiner der sechs Hersteller aus der MotoGP-WM Interesse am neuen MotoE-Weltcup? Nicolas Goubert, MotoE-Executive-Director, beantwortet «drei unangenehme Fragen».

Der MotoE-Weltcup, als große Neuheit der Saison 2019 angepriesen, sorgte bisher nur für negative Schlagzeilen, als alle Energica-Bikes sowie das gesamte Equipment der Teams beim Jerez-Test im März in Schutt und Asche gelegt wurden. Die Ursachen des Feuers sind noch immer nicht restlos geklärt, aber am MotoE-Weltcup wird festgehalten: Beim Deutschland-GP sehen wir am 7. Juli, wenn auch mit zweimonatiger Verspätung, das erste Rennen des «FIM Enel MotoE World Cup».

Die Meinungen über diese neue Ära im Zweiradsport gehen weit auseinander, das Thema E-Mobilität polarisiert. Somit ist Nicolas Goubert, MotoE-Executive-Director, der perfekte Gesprächspartner, um ihm unsere «unangenehmen Fragen» zu stellen.

1. Warum hat sich keiner der sechs Hersteller aus der MotoGP-WM, die eigentlich die Top-Marken im Motorsport sein sollten, dafür interessiert, in den MotoE-Weltcup zu gehen?

Ich würde nicht sagen, dass sie kein Interesse zeigten, ich würde sagen, dass sie nicht bereit waren. Lass mich die Parallelen zu dem ziehen, was in der Automobilbranche passiert. Die im Verkauf von Elektrofahrzeugen erfolgreichste Marke ist Tesla; die erste, die Elektroautos verkauft hat. Es war kein bekannter Autobauer, der damit angefangen hat. In der Motorradindustrie ist es dasselbe. Es gab einige Start-ups, Energica und andere Marken in den Vereinigten Staaten. Als Dorna begann, sich auf dem Markt umzuschauen, war schnell klar, dass die Leute, die Erfahrung mit diesem Typ von Motorrädern hatten, nur Start-ups waren. Energica hat schon zwei Jahre lang ein Bike verkauft, das dem, mit dem wir Rennen fahren werden, sehr ähnlich ist.

Willst du damit sagen, dass ein Hersteller wie Honda, Yamaha, Suzuki, Aprilia, Ducati oder KTM nicht über die Technologien eines kleinen Herstellers wie Energica verfügt?

Nein, das sage ich nicht. Es ist wie im Beispiel mit Tesla. Wenn du mich fragst, ob BMW oder Mercedes kein Elektroauto bauen können, hätte ich geantwortet: «Natürlich könnten sie das.» Aber Fakt ist, dass sie nicht die Entscheidung getroffen hatten, damit auf den Markt zu gehen. Es geht also nur darum, wer als erster an diese Technologie glaubt, es geht um Timing. In der Automobilindustrie war es genauso. Das erste Unternehmen, das an die Elektrofahrzeuge geglaubt hat, war keines, das üblicherweise Autos gebaut hat. So ist es auch im Falle der Motorräder.

Wenn du eine etablierte Marke bist, überlegst du dir sehr genau, bevor du einen Schritt machst – und du bist sehr, sehr vorsichtig. Du bist es gewohnt Marktanalysen und so weiter zu machen. Manchmal ist es für eine etablierte Marke schwieriger, einen radikalen Schritt zu machen, als für ein Start-up-Unternehmen.

Kann man sagen, dass die Hersteller vielleicht wollen, dass einer das Risiko eingeht, ein Pionier zu sein – und wenn es funktioniert, springen sie auf den Zug auf?

Das glaube ich nicht. Eine durchschlagende Technologie wie die Elektroautos oder E-Bikes ist nicht so schwierig zu entwickeln. Die Batterieherstellung ist eine Industrie außerhalb der Fahrzeugindustrie, verschiedene Branchen stellen Elektromotoren her, das geht schon mehr als ein Jahrhundert so. Um zurück zur Frage zu kommen: Ich glaube nicht, dass die Auto- oder Motorradhersteller glücklich waren, einen anderen zu sehen, der damit begann und anfing Erfolg zu haben. Aber als die Start-ups sich für die elektrisch betriebenen Autos oder Motorräder entschieden, glaubte die große Industrie noch nicht genug an dieses Projekt, um die Entscheidung zur gleichen Zeit zu fällen. Das ist für mich der einzige Unterschied.

2. Wir müssen über die Sicherheit sprechen, nicht nur wegen des Jerez-Feuers. Ich hätte gerne, dass du mir erklärst, welche Anweisungen die Streckenposten während des MotoE-Tests in Jerez erhielten, als sie gewarnt wurden wegzulaufen, sollten sie sich einem Motorrad nähern und ein rotes Licht aufleuchten.

Nein, überhaupt nicht. Wir haben Energica gebeten, ein Sicherheitssignal auf beiden Seiten des Motorrads zu installieren, das alle, die rund um das Bike arbeiten – Streckenposten, Mechaniker, und so weiter – warnt, falls das Risiko eines Stromschlags bestehen sollte. Es ist unwahrscheinlich, aber wenn es auf der Strecke einen heftigen Crash gibt, besteht dieses Risiko. Wir haben ihnen gesagt, dass sie das Motorrad nicht anfassen sollen, wenn dieses Signal leuchtet, weil wir nicht wollen, dass jemand Schaden nimmt. Das ist etwas, dass in der Formel E von Anfang an gemacht wurde, also haben wir Energica gefragt, ob sie das auch so machen könnten.

Zum Jerez-Feuer: Kannst du bestätigen, dass das, was das Feuer verursacht hat, gelöst wurde?

Um ehrlich zu sein, es wird immer noch untersucht, was in Jerez passiert ist. Wir haben also noch kein endgültiges Ergebnis der Ermittlungen. Eines kann ich aber sagen: Wenn es zu einem derartigen Zwischenfall kommt, dann schaut man sich nochmal alle Aspekte an, um zu sehen, was man besser machen kann, als man es bisher gemacht hast. Das machen wir seit Jerez.

3. Das Format, das wir im MotoE-Weltcup sehen, ist der Anfang von was?

Es ist sehr schwierig, wenn du etwas Neues mit einer innovativen Technologie beginnst, genau zu wissen, wo die Reise hingeht.

Aber ich gehe davon aus, dass ihr, als ihr mit all dem begonnen habt, auf etwas hingearbeitet habt, ein Ziel hattet...

Wir ersetzen nichts. Wir glauben, dass die Technologie, an der wir arbeiten, sicherlich Potential hat. Wenn wir sehen, was in der Welt passiert, vor allem in fortschrittlichen Ländern, dann glauben wir, dass die E-Mobilität Potential hat. Wir wissen aber auch, dass es Zeit brauchen wird. Also bieten wir etwas zusätzlich zu dem an, was wir bisher gemacht haben.

Der erste Schritt ist, den Leuten zu zeigen, ihnen helfen zu realisieren, dass man auch mit Elektromotoren gute Rennen haben kann und dass das Zuschauen Spaß macht. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass die Rennen eng und spannend werden, weil alle Motorräder gleich sind. Es sollte dem Zuschauer Spaß machen.

Nehmen euch die Top-Marken im Motorsport ernst? Haben sie sich angenähert und Interesse gezeigt oder ist es noch zu früh?

Ich glaube, dass alle Hersteller darauf schauen werden, was wir machen und ob das Publikum und die Medien es annehmen. Ich bin mir sicher, dass sie das sehr, sehr genau beobachten werden. Es gibt Marken, die seit Jahren an der E-Mobilität arbeiten, wie KTM oder Harley Davidson, die voll elektrische Modelle auf den Markt gebracht haben, wie Yamaha... Sie schauen sich sicher sehr genau an, was wir machen.

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