Ducatis Elektro-Debüt in Jerez: Ist das die Zukunft?
Nach der bestandenen Feuertaufe beim dreitägigen Testlauf in Jerez spendeten sich die Ducati-Mitarbeiter rund um eMobility Director Roberto Canè erleichtert und zufrieden gegenseitig einen spontanen Applaus.
Ein Wermutstropfen: Acht der zwölf je 15-minütigen Test-Sessions fanden auf Regenreifen statt, nur vier auf Slicks – und nie waren die Streckenbedingungen gut genug, um die Rundenzeiten wirklich vergleichen zu können, etwa mit der ins Visier genommenen Moto3-Messlatte.
Immerhin fiel der All-Time-Lap-Record für die MotoE-Klasse dank Eric Granados 1:47,053 min an Tag 2 bereits. Die Moto3-Piloten fuhren drei Tage später auf komplett trockener Piste 1:46,090 min.
Alle Beteiligten waren sich dennoch einig: Es ist nicht übertrieben, von einer neuen MotoE-Ära zu sprechen. Denn es wurde kein elektrisches Straßenmotorrad auf die Rennstrecke gebracht, sondern – ganz nach Ducati-Philosophie – ein echtes (elektrisches) Rennmotorrad gebaut.
Vergleiche mit der Energica Ego Corsa aus den ersten vier MotoE-Jahren sind daher müßig, vielmehr sprechen alle Beteiligten lieber von einem ganz neuen Konzept.
«Genau, es war etwas anderes», hielt Nicolas Goubert, MotoE Executive Director, gegenüber SPEEDWEEK.com fest. «Jetzt ist es aber wirklich das, was wir in diesem MotoGP-Umfeld gewohnt sind. Ducati kommt von hier. Sie haben alles, was sie wissen, für diesen Prototyp angewandt – mit einer Technologie, die auch für sie neu ist. Alles, was Ducati über die Elektronik, das Set-up usw. wissen, kommt aus der MotoGP- und Superbike-Welt. Genauso wie sie arbeiten, wie sie organisiert sind. Es ist gut, wirklich sehr gut.»
Deutlich wird das angefangen bei der Batterie der V21L, die der Form nachempfunden ist, die in einem traditionellen Motorrad von Tank und Verbrennungsmotor ausgefüllt wird, und gleichzeitig wie bei der Panigale V4 tragender Teil des Chassis ist.
Nur der Sound fehlt
«Das Gefühl war in Runde 1 schon da – das ist mein Motorrad», hielt nicht nur Randy Krummenacher nach seinen ersten Runden auf der elektrischen Ducati fest, sichtlich angetan von der Ergonomie und dem Fahrgefühl. «Es macht richtig viel Spaß. Wenn ein Motorrad so gut funktioniert, kannst du einfach ans Gas geben denken», kam der Schweizer aus dem Dynavolt Intact GP MotoE Team ins Schwärmen. «Es gibt so viele Parallelen zum Motorrad mit Verbrennungsmotor. Es fehlt eigentlich nur der Sound.»
Der langjährige MotoGP-Crew-Chief Ramon Forcada wagte mit Verweis auf Flügel und Devices sogar zu behaupten: «Jetzt ähnelt dieses MotoE-Bike mehr einem Motorrad als ein MotoGP-Bike.»
Interessant: Trotz teils widriger Streckenverhältnisse wurde nur drei Stürze verzeichnet. Das ist auch auf die fortschrittlichen elektronischen Kontrollsysteme zurückzuführen, die von Ducati Corse, der Rennabteilung in Borgo Panigale, entwickelt wurden. Auf der Kehrseite werden die Bikes damit für die Mechaniker und Techniker komplizierter in der Handhabung.
«Wir sprechen von der MotoGP der Elektromotorräder, es ist sehr ähnlich wie in der MotoGP», unterstrich Roberto Canè. «Wer solche Motorräder nicht gewohnt ist, muss auch lernen, sie abzustimmen.»
Beim ein oder anderen kamen allerdings Zweifel auf, ob mehr Elektronik im Umkehrschluss nicht weniger Show bedeute. Ein Thema, das auch in der heutigen Königsklasse MotoGP immer wieder für Gesprächsstoff sorgt.
Sicher ist: Die MotoE-Renndistanz bleibt kurz und knackig. 15-Minuten-Rennen, unabhängig von Strecke und Bedingungen, so lautete die Vorgabe der Dorna, die Ducati erfüllte.
Unerfüllt blieb damit vorerst der Wunsch vieler Beobachter auf eine verbesserte Reichweite.
Gewicht vor Reichweite
«Das mag überraschend klingen, aber die Renndistanz hat der Dorna nie Kopfzerbrechen bereitet. Es hat mir Sorgen gemacht, als ich angefangen habe», gestand Nicolas Goubert. «Ich erinnere mich daran, dass mir Carmelo Ezpeleta dazu gesagt hat: ‚Erinnerst du dich, dass wir in der 500-ccm-Klasse keine Flag-to-Flag-Rennen hatten?‘ Das wurde damals ja so gehandhabt, dass das Rennen unterbrochen und dann neu gestartet wurde, über eine kürzere Distanz. Und diese zweiten Rennen waren immer die besten Rennen. Das stimmt.»
Tatsächlich stand auf der Prioritätenliste der Verantwortlichen aber ein anderer Aspekt klar auf der Pole-Position: Eine Gewichtsreduktion. Die wichtigste Kennzahl der V21L sind daher die 225 kg Gesamtgewicht (110 kg entfallen allein auf die Batterie).
«Wenn man das mit dem Gewicht eines Rennmotorrads aus der Endurance-WM vergleicht, dann sind wir da zu Beginn mit vollem Tank auch bei knapp 200 kg», gab MotoE-Direktor Goubert zu bedenken. «225 kg sind also nicht mehr ein massiver Unterschied.»
Fazit: Die V21L sieht richtig gut aus und fühlt sich laut Fahrer-Feedback in Jerez auch sehr gut an. An die Vorteile des niedrigen Lärmpegels gewöhnt man sich doch überraschend schnell. «Ich darf es nicht laut sagen, aber das stimmt», grinste ein Techniker in Jerez.
Bis die Batterietechnologie für ein vernünftiges Straßenmotorrad bereit ist, wird es allerdings noch dauern. Aktuell verbringen die MotoE-Bikes zwischen jeder 15-Minuten-Session rund eine Stunde an den Ladestationen, die in Jerez übrigens direkt am Stromnetz des Circuits angeschlossen waren.
Damit sind wir auch schon bei der großen Frage: Ist das die Zukunft? Auf kurze Sicht nicht, das sieht selbst Ducati so und bezeichnet das MotoE-Engagement als eine Art Forschungslabor.
Claudio Domenicali, CEO des italienischen Motorradherstellers, erklärte dazu: «Es handelt sich um eine wichtige Experimentierphase, in die wir investieren, um Know-how aufzubauen und bereit zu sein, sobald die Batterietechnologien die Fertigung eines wirklich aufregenden elektrischen Straßen-Bikes zulassen sollten – ein Bike, bei dem Gewicht, Performance und Reichweite dem entsprechen, was die Motorradfans von einer Roten aus Borgo Panigale erwarten.»
MotoE-Test Jerez, Gesamtbestzeiten (6. bis 8.3.):
1. Eric Granado, 1:47,053 min
2. Matteo Ferrari, 1:47,310
3. Nicholas Spinelli, 1:47,478
4. Mattia Casadei, 1:47,504
5. Randy Krummenacher, 1:47,524
6. Hikari Okubo, 1:47,526
7. Jordi Torres, 1:47,548
8. Kevin Manfredi, 1:47,638
9. Hector Garzo, 1:47,695
10. Miquel Pons, 1:47,810
11. Tito Rabat, 1:48,043
12. Luca Salvadori, 1:48,159
12. Alessandro Zaccone, 1:48,219
13. Kevin Zannoni, 1:48,620
14. Matteo Ferrari, 1:48,693
15. Mika Perez, 1:49,737
16. Andrea Mantovani, 1:48,795
17. Alessio Finello, 1:49,881
18. Maria Herrera, 1:49,934
MotoE-Test Jerez, kombinierte Zeiten Tag 3 (8.3.):
1. Randy Krummenacher, 1:47,675 min
2. Eric Granado, 1:47,735
3. Nicholas Spinelli, 1:47,970
4. Miquel Pons, 1:48,305
5. Luca Salvadori, 1:48,323
6. Jordi Torres, 1:48,337
7. Alessandro Zaccone, 1:48,395
8. Hector Garzo, 1:48,403
9. Hikari Okubo, 1:48,468
10. Mattia Casadei, 1:48,472
11. Matteo Ferrari, 1:48,693
12. Kevin Manfredi, 1:48,859
13. Kevin Zannoni, 1:49,727
14. Tito Rabat, 1:49,847
15. Andrea Mantovani, 1:50,087
16. Maria Herrera, 1:51,662
17. Mika Perez, 1:52,169
18. Alessio Finello, 1:52,414
MotoE-Test Jerez, kombinierte Zeiten Tag 2 (7.3.):
1. Eric Granado, 1:47,053 min
2. Matteo Ferrari, 1:47,310
3. Nicholas Spinelli, 1:47,478
4. Mattia Casadei, 1:47,504
5. Randy Krummenacher, 1:47,524
6. Hikari Okubo, 1:47,526
7. Jordi Torres, 1:47,548
8. Kevin Manfredi, 1:47,638
9. Hector Garzo, 1:47,695
10. Miquel Pons, 1:47,810
11. Tito Rabat, 1:48,043
12. Luca Salvadori, 1:48,159
13. Alessandro Zaccone, 1:48,219
14. Kevin Zannoni, 1:48,620
15. Andrea Mantovani, 1:48,795
16. Mika Perez, 1:49,737
17. Alessio Finello, 1:49,881
18. Maria Herrera, 1:49,934
MotoE-Test Jerez, kombinierte Zeiten Tag 1 (6.3.):
1. Luca Salvadori, 1:55,522 min
2. Matteo Ferrari, 1:55,710
3. Kevin Manfredi, 1:56,134
4. Jordi Torres, 1:56,257
5. Randy Krummenacher, 1:56,639
6. Hector Garzo, 1:56,711
7. Tito Rabat, 1:56,993
8. Mattia Casadei, 1:57,098
9. Mika Perez, 1:57,319
10. Alessandro Zaccone, 1:57,747
11. Miquel Pons, 1:58,323
12. Alessio Finello, 1:58,408
13. Hikari Okubo, 1:58,415
14. Kevin Zannoni, 1:58,638
15. Maria Herrera, 2:01,824