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DMSB: Wie der Verband neu die WM-Fahrer abzockt

Kolumne von Günther Wiesinger
Der deutsche Motorsportverband DMSB feiert 2017 sein 20-jähriges Bestehen. Das bekommen auch die Lizenznehmer zu spüren – mit Wucherpreisen für Bradl, Cortese, Schrötter, Öttl, Reiterberger & Co.

Im neuesten Verbandsmagazin des DMSB findet Präsident Hans-Joachim Stuck im Editorial auf Seite 3 verheißungsvolle Worte. Er kündigt revolutionäre Taten und Reformen an.

Das sensationelle, ehrenhafte, ja fast aberwitzige Ziel: «Mehr Nähe zu den Lizenznehmern.»

Das sei die große Überschrift im Jahr 2017, in dem der DMSB sein 20-jähriges Bestehen feiert, lautet die hinreissende Botschaft von Stuck.

Die große Frage lautet aber: Wie nahe kann der DMSB den bedauernswerten Untertanen (= Lizenznehmern) in einem Jahr kommen, nachdem er sich 20 Jahre lang kontinuierlich von ihnen entfernt hat?

Stuck versichert, er habe sich jetzt für das Jubiläumsjahr viel vorgenommen. Den Untertanen schwant Unheil.

Der Dachverband der deutschen Motorsportler wolle näher an die Bedürfnisse der Rennfahrerinnen und Rennfahrer heranrücken, ihnen besser zuhören und ihnen einen besseren Service bieten. Es sei eine Strukturreform geplant, damit jeder Lizenznehmer seine Motorsportdisziplin mitgestalten kann, kündigt Stuck an.

Da frage ich mich. Was hat Stuck in den ersten Amtsjahren getan?

Wie lange lässt sich so eine längst überfällige Strukturreform hinauszögern? Braucht es dafür nicht neue, glaubwürdige Persönlichkeiten, die auch für den Zweiradsport etwas übrig haben?

Wenn man das aktuelle Tagesgeschäft des DMSB betrachtet, dann erhält man den Eindruck: Bisher rückte der Verband nur näher an die Geldbörsen der Lizenznehmer heran.

In den letzten Wochen haben wir von unterschiedlichen Rennfahrern gehört, die sich von den beim DMSB für die Lizenzen zuständigen Mitarbeitern nicht gerade freundlich behandelt fühlten, von Überheblichkeit, mangelnder Hilfsbereitschaft und eitler Herablassung war vielfach die Rede.

Unangenehme Erfahrungen machten zum Beispiel auch Stefan Bradl und Sandro Cortese, die immerhin die einzigen zwei deutschen Rennfahrer sind, die in den letzten 20 Jahren einen GP-Weltmeistertitel gewonnen und dem DMSB dadurch viel Ruhm und Anerkennung eingebracht haben.

Stefan Bradl hat in der MotoGP-WM in den letzten fünf Jahren nie einen Euro für eine Lizenz bezahlt. Die Lizenz wurde von der FIM ausgestellt und über das Team ausgehändigt.

In diesem Jahr hätte der Red Bull-Honda-Pilot wegen des merkwürdigen DMSB-Gebarens beinahe nicht am Superbike-WM-Auftakt in Australien (25./26. Februar) teilnehmen können. «Ich musste betteln, dass sie mir noch eine Lizenz rechtzeitig bis zum Saisonstart ausstellen», erklärte der Moto2-Weltmeister von 2011.

Da der DMSB selbst bei einem Ex-Weltmeister wie Bradl die Lizenz nur gegen Vorauskasse ausstellt, musste der Bayer extra einen Abgesandten nach Frankfurt schicken, der dort den Betrag von 1350 Euro in «cash» ablieferte. Im Jahr 2017, wohlgemerkt! Dabei hat Bargeld heute längst einen unsauberen Beigeschmack. Und wozu wird auf den Antragsformularen eine Deutsche-Bank-Kontonummer angeführt, wenn man im Zeitalter des «electronic bankings» immer bar zahlen muss?

Die Kosten für Bradl beliefen sich insgesamt auf ca. € 1.700.–, die an den DMSB gingen. Man braucht eine A-Lizenz national, dann eine Inter-Straßen-Lizenz und dazu noch jeweils eine SBK- oder GP-Lizenz. «Ich habe Glück, dass ich jetzt SBK fahre. Denn für Grand Prix-Fahrer ist es noch einmal um 155 Euro teurer», stellte Bradl fest.

Sandro Cortese: «Nie etwas gekriegt»

Auch Sandro Cortese war stinksauer, als der DMSB auf einmal mit diesen Kosten aufgetaucht ist. Denn auch in den GP-Klassen Moto3 und Moto2 gab es für die deutschen Fahrer in den letzten Jahren null Aufwand und null Kosten für die GP-Lizenz, alles hat dank der FIM reibungslos funktioniert.

Aber dann stieß der DMSB auf eine neue Einnahmequelle, rechtzeitig passend zum Jubiläumsjahr, das eventuell ein paar stilvolle Orgien für die Funktionäre mit sich bringen und zu zusätzlichen Kosten führen wird. Also heißt es jetzt: Es sei nicht rechtmäßig gewesen, dass die FIM die GP-Lizenzen einfach kostenlos ausgestellt habe.

«Ich fahre seit mehr als zehn Jahren Grand Prix und habe vor der Saison 2017 noch nie einen Cent für die Lizenz bezahlt», wundert sich Sandro Cortese, Moto3-Weltmeister 2012 auf KTM. «In diesem Jahr muss ich plötzlich für GP-Lizenz und nationale Lizenz zusammen fast 2000 Euro bezahlen. 1500 kostet die Internationale Lizenz, die nationale kostet mehr als 400 Euro.»

Cortese weiter: «Ich habe angefragt, ob es für die WM-Fahrer eine Unterstützung durch den DMSB gibt. Aber da wird nichts gemacht. Ich habe gesagt, die paar deutschen WM-Fahrer sollte man eigentlich unterstützen. Wir haben vom Verband noch nie irgendetwas gekriegt. Ich finde das... Also gut.»

Man muss dem DMSB zugute halten: Er will von den WM-Piloten nur das Beste – ihr Geld.

Übrigens: Sogar eine Lizenz für eine One-Event-GP-Wildcard kostet für einen deutschen Fahrer nicht weniger als 465 Euro.

Und wozu braucht ein WM-Fahrer auch eine nationale Lizenz? Fällt das nicht unter arglistige Täuschung? Kann man darüber berichten, ohne das Wort Erpressung zu vermeiden?

Mit welchem Recht verscherbelt der DMSB unter Zwang nationale Lizenzen an Fahrer, die nur international fahren? Verbieten die EU-Gesetze nicht das Ausnützen einer monopolistischen Stellung?

Auf welche Paragraphen sich der DMSB bei seiner neu erfundenen Abzocke stützt, weiß von den prominenten Lizenznehmern niemand.

DMSB: Wo versickern die Millionen?

SPEEDWEEK.com hat schon im Jahr 2013 aufgedeckt, dass sich der DMSB auf Kosten der Rennfahrer gerne ein Zubrot verdient. So bekam der DSMB als Verband, in dessen Land jedes Jahr ein Motorrad-GP ausgetragen wird, von der FIM seit 1992 rund 125.000 US-Dollar. Dieser Betrag war zweckgebunden für die Förderung junger GP-Talente und Bestandteil jener Summe, die die Dorna jedes Jahr für die kommerziellen GP-Rechte an die FIM überweist, dieser Betrag liegt bei rund 7 Millionen US-Dollar jährlich.

Immerhin hat sich in 22 Jahren ein erkleckliches Sümmchen von rund 2,75 Millionen US-Dollar zusammen geläppert, das von der FIM an den DMSB bezahlt wurde.

Hans Stuck versprach 2013 gegenüber SPEDWEEK.com Aufklärung zum Verbleib des Geldschatzes. Naja, man soll nichts überstürzen, es sind ja noch nicht einmal vier Jahre verstrichen.

Solche unliebsamen Angelegenheiten muss man aussitzen...

SPEEDWEEK.com recherchierte damals ausführlich in dieser Angelegenheit und fand keinen deutschen Fahrer und kein deutsches Team, das jemals etwas von dieser Fördertopf gewusst hat, geschweige denn auch nur einen Cent daraus erhalten hat.

Das gilt zum Beispiel für die Teams Kiefer, Freudenberg, Eckl, Racing Team Germany und so weiter sowie für Fahrer und Talente wie Cortese, Bradl, Amato, Grünwald, Kappler, Gemmel, Heidolf, Lässer, Finsterbusch, Alt, Peter und Philipp Öttl, Klein, Stolz, Hofmann, Nebel, Bühn, Fritz, Jarno Müller, Schneider, Fröhlich, Minneropp, Müller, Geissler etc.

«Ich war überrascht, als ich auf SPEEDWEEK.com von diesem Fördertopf erfahren habe», erklärte Ex-Rennfahrer Dirk Heidolf, damals Teilhaber des Racing Teams Germany. «Ich habe 1996 im Junior-Cup begonnen und bin 1997 erstmals mit Wildcards im GP-Sport dabei gewesen; ich habe zehn Jahre später aufgehört. Ich habe vom DMSB direkt nie einen Cent erhalten. Ich habe vom Verband nie eine Unterstützung erhalten, weder finanziell noch materiell. Nach meinem Rücktritt als Fahrer war ich Teammanager beim Racing Team Germany, wir hatten auch Teams in der IDM und in der CEV, aber vom DMSB kam nie eine Unterstützung. Nie.»

Hans Stuck schreibt im Leitartikel: «Freuen Sie sich mit mir auf das Jubiläumsjahr. Es wird viele positive Neuerungen bringen.»

Die Motorrad-WM-Fahrer würden auf solche Neuerungen gerne verzichten.

Dass wir seit vier Jahren keinen neuen deutschen GP-Fahrer erlebt haben, das beschäftigt den DMSB nicht. Er betreibt Nachwuchsförderung, indem er die IDM mit bemerkenswertem Geschick und mit erstaunlicher Hartnäckigkeit an den Rand des Ruins treibt. 

So schafft sich der Verband zielstrebig selber ab.

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