MotoGP-Aufstieg? Was Aki Ajo seinen Schützlingen rät
Remy Gardner und Raul Fernandez: Ajo-Doppelsieg in Le Mans
Der Finne Aki Ajo ist mit 91 GP-Siegen in den kleinen Klassen (125 ccm, Moto3 und Moto2) der erfolgreichste Rennstallchef der vergangenen 20 Jahre. Seit 2012 bildet er mit Red Bull KTM das Nr.-1-Team der Österreicher in der 250-ccm-Viertakt-Einzylinder-Klasse. Das Ajo-Team bildet gemeinsam mit dem Tech3-Moto3-KTM-Team die «KTM MotoGP Academy», deren Aufgabe es ist, Talente aus dem Rookies-Cup und aus der Moto3-Junioren-WM für höhere Aufgaben in der Moto2- und MotoGP-WM zu finden, zu formen und aufzubauen.
Das Red Bull-Ajo-Team hat 2021 mit den vier Piloten (Acosta und Masia in der Moto3, Gardner und Raúl Fernandez in der Moto2) bereits sechs von zehn möglichen GP-Siegen errungen. In der Moto3 hat die Ajo-Mannschaft die WM-Ränge 1 und 7 und in der Moto2 die Plätze 1 und 2 inne.
Das heißt: Ajo Motorsport kann Red Bull KTM für 2022 und 2023 mit Gardner, Fernandez und Acosta bis zu drei außergewöhnliche Eigenbau-Talente für die Königsklasse anbieten.
Aber Aki Ajo ist für seine Bodenständigkeit bekannt. Er hat zwar mit seinem Team schon sechs WM-Titel gewonnen, gilt aber als notorischer Tiefstapler. Hochtrabende Pläne und kühne Prognosen sind ihm ein Gräuel. Er lässt lieber Taten sprechen.
Aki Ajo möchte deshalb am liebsten gar nicht über die Zukunftsaussichten seiner begabten Schützlinge sprechen.
«Es ist besser, wenn wir mit den Füßen auf dem Boden bleiben», sagt Ajo, der von Acosta wegen seines kühlen skandinavischen Temperaments kürzlich als «Statue» bezeichnet wurde. «Wenn wir jedes Jahr einen Fahrer aus unserer Moto2-Struktur für die beiden MotoGP-Teams von KTM anbieten können, ist das mehr als genug… Es ist immer ein langwieriger Prozess, die Fahrer zu bewerten und dann zum richtigen Zeitpunkt dem richtigen Team und der richtigen Kategorie zuzuordnen. Ich vergleiche das immer mit einer Schulklasse. Du kannst eventuell eine Klasse überspringen. Aber wenn du zu schnell aufsteigst, kann das nachteilige Folgen haben.»
Doch Jack Miller gelang 2014 im Red Bull-KTM-Ajo-Team Platz 2 in der Moto3-WM, und er riskierte dann den direkten Aufstieg in die MotoGP-Klasse – die Moto2 übersprang er.
Aki Ajo übernahm dann in der MotoGP-Klasse das persönliche Management von Miller. Aus seinen Worten ist aber heute zu entnehmen, dass er seinen Schützlingen diesen Weitsprung nicht empfehlen würde. «Man kann das tun. Ich will nicht beurteilen, ob das richtig oder falsch war. Ich kann auf jeden Fall sagen, dass die Lernphase in der MotoGP-Klasse länger dauert, wenn du von 250 ccm gleich auf 1000 ccm umsteigst. Und wir wissen, dass viele Teamchefs in unserem Sport dann nicht die nötige Geduld haben, um zu warten, bis sich der Erfolg einstellt.»
Richtig: HRC hat Stefan Bradl von 2012 bis 2014 bei LCR unterstützt, danach hat HRC an seiner Stelle Miller drei Jahre gefördert – und dann auch bei ihm die Geduld verloren, deshalb ging er zu Pramac.
«Ich bevorzuge es, geduldig zu sein und einen Schritt nach dem anderen zu machen», betont Aki Ajo im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Doch manche Fahrer im Teenager-Alter sehen nur die Millionengagen der MotoGP-Helden – und können die Aufstieg kaum erwarten. Die geldgierigen Manager tun das Ihre dazu. Sie sehnen sich nach den fetten Provisionen.
«Es ist möglich, dass manche Menschen so kurzsichtig sind», räumt Ajo ein. «Aber in der Moto3 und Moto2 ist nicht die richtige Zeit, um an das große Geld zu denken. Da gibt es wichtigere Aufgaben.»
Welche Antwort würde Aki Ajo heute seinem Schützling Pedro Acosta geben, wenn dieser ihn um Rat fragt, ob er 2022, 2023 oder 2024 in die MotoGP-Klasse aufsteigen soll?
Die Antwort des Weltmeister-Machers kommt wie aus der Pistole geschossen. «Wenn mich Pedro oder sonst jemand aus meinem Team jetzt dazu befragen würde, hätte ich nur eine kurze Antwort – ‚shut up!’ Denn jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt, um darüber zu reden», ist Ajo überzeugt.
Das System von Aki Ajo, KTM und Red Bull hat sich in dieser Hinsicht bestens bewährt. «Ich spreche mich mit meinen Partnern bei KTM und Red Bull ab, und wir machen diese Schritte gemeinsam zum richtigen Zeitpunkt. Wir motivieren die Talente auf die richtige Art. Das ist ein wichtiger Teil des Lern- und Erziehungsprozesses.»