Aki Ajo (Red Bull KTM): Was ist das Erfolgsgeheimnis?
Die Bilanz von Red Bull-KTM-Ajo-Teams in der Weltmeisterschaft 2021 nimmt von Grand Prix zu Grand Prix bedrohlichere Ausmaße an. Zumindest für die Konkurrenz. Denn bei den ersten neun Grand Prix hat Ajo in den Klassen Moto3 und Moto2 bisher insgesamt elf von 18 möglichen GP-Siegen (5x Moto3, 6x Moto2) errungen, dazu total bisher 21 Podestplätze (7 in der Moto3, 14 in der Moto2).
Dazu stellt Ajo Motorsport in beiden Klassen den WM-Leader: In der Moto3 liegt der 17-jährige GP-Rookie Pedro Acosta (2021 schon vier GP-Siege) mit der Red Bull-KTM bereits 18 Punkte vor Sergio Garcia (GASGAS). In der Moto2 hat Remy Gardner (drei GP-Siege, fünf weitere Podestplätze, ein vierter Platz) bei WM-Halbzeit immerhin 31 Punkte Vorsprung auf seinen Teamkollegen Raúl Fernández, der als Klassenneuling wie Acosta alle Erwartungen haushoch übertroffen hat.
Das Unternehmen Ajo Motorsport blickt jetzt auf insgesamt 95 GP-Siege, die Hälfte wurde auf KTM-Motorrädern eingefahren. Die 100-Siege-Marke könnte im August (drei Grand Prix) oder September geknackt werden.
Der finnische Teambesitzer Aki Ajo ist momentan stark damit beschäftigt, bei seinen Fahrern und in seinem Team auf die Euphorie-Bremse zu treten. Der Skandinavier ist ein Meister des Understatements.
Als Remy Gardner in Doha beim Katar-Test als Zweiter im März nur 0,048 sec auf die Bestzeit von Sam Lowes verlor und Moto2-Aufsteiger Raúl Fernandez bei diesem Test auf dem Losail Circuit gleich mit Platz 8 überraschte, betonte Red Bull-Teamchef Aki Ajo: «Wir haben noch kein Rennen bestritten.»
Aber bisher liefern die Ajo-Schützlinge an jedem Rennwochenende makellose Leistungen ab. Acosta gewann in Doha sogar trotz eines Pit-Lane-Penaltys, also trotz Verbannung beim Start in die Boxengasse!
In der Moto3-Klasse ging die Dominanz von Ajo bereits beim Katar-Test im März los: Bestzeit fuhr Ajo-Schützling Jaume Masia vor seinem Teamkollegen Pedro Acosta (17), der 2021 als Red Bull-Rookies-Cup-Sieger im GP-Sport debütiert.
Mischung aus Erfahrung und jungen Talenten
Teambesitzer Aki Ajo ist überzeugt, in beiden Kategorien eine gute Mischung von Erfahrung und Talent im Aufgebot zu haben. Dabei erlebte die Ajo-Truppe in der Moto3-Klasse nach Brad Binders Titelgewinn 2016 drei magere Jahre. Doch im Vorjahr stellte Raúl Fernandez, der Junioren-Weltmeister von 2018, sein Talent unter Beweis: Er gewann die Grand Prix in Valencia und Portimão, wurde WM-Vierter – und dann ein Jahr früher als geplant in die Moto2-WM befördert, als Teamkollege von Gardner.
Ajo erkennt aber immer noch gewisse Schwächen bei seinen Fahrern, und er predigt ihnen täglich, dass nur die Zuverlässigkeit und Konstanz zum Ziel führt, also zum Titelgewinn. «Die Konstanz und Beständigkeit müssen wir wie eine Waffe nutzen», sagt Ajo.
«Auch wenn es den jungen Fahrer nicht immer gelingt – für mich ist das die Arbeitsweise, die zum Ziel führt», betont der erfolgreiche Teambesitzer, Talent Scout und Weltmeister-Macher. «Besonders in der Moto2 ist der Fokus auf die Konstanz richtungsweisend und zielführend. Du musst von der ersten Runde im FP1 bis zur letzten Runde im Warm-up alles tun, um für die Renndistanz die bestmögliche Beständigkeit zu erreichen. Das ist der Schlüssel zum Erfolg in der Moto2-Kategorie. Und sicher gilt das auch später in der MotoGP.»
Aki Ajo: «Rául hat den nötigen Speed»
Obwohl Fernández in seinem ersten Moto2-Jahr inzwischen drei GP-Siege errungen hat und WM-Leader Remy Gardner (sechste Moto2-Saison!) schon mehrmals tüchtig eingeheizt hat, will Aki Ajo im Zusammenhang mit dem außergewöhnlich begnadeten Spanier nicht über etwaige Titelchancen reden. «Raúl hat bisher allerdings bewiesen, dass er den nötigen Speed hat. In den nächsten Monaten werden wir sehen, ob er für den Titelgewinn bereit ist.»
Rohdiamant Fernández wird bereits von einigen Teams gejagt, auch von Rossis Sky VR46-Moto2-Truppe. Offenbar wurde bereits eine Ablöse von 500.000 Euro für ihn geboten. Rossi will mit ihm 2022 die Moto2-WM gewinnen und ihn dann mit seiner Aramco-VR46-Ducati-Truppe in die MotoGP-Klasse befördern.
Doch Red Bull KTM hat eine Option auf Fernández, der bereits deutlich gemacht hat, dass er am liebsten 2022 noch einmal in der Moto2 fahren möchte – und zwar bei Red Bull KTM-Ajo.
Doch bei einem Titelgewinn könnte ihn KTM schon 2022 neben Gardner ins Tech3-MotoGP-Team transferieren.
Aki Ajo sagt aber: «Meiner Meinung nach reicht es, wenn ich pro Jahr einen Fahrer für KTM in die MotoGP-Klasse übergebe…»
Und das wäre für die kommende Saison der 23-jährige Remy Gardner.
Denn Ajo muss bei aller Loyalität gegenüber Red Bull und KTM auch ein bisschen egoistisch denken: Er würde für die Moto2-WM 2022 das optimale «Dream Team» mit den unbestrittenen Ausnahmekönnern Pedro Acosta und Raúl Fernández bevorzugen.
Ajos Rezept für die zweite Saisonhälfte: «Wir müssen mit den Beinen auf dem Boden bleiben. Unsere Fahrer müssen alle Schritte mit Geduld machen.»
Der KTM-Teamchef will voreilige Klassenwechsel seiner Supertalente vemeiden. «In den kleinen Klassen ist für die Fahrer ist nicht die richtige Zeit, um ans Geld zu denken», lautet seine klare Botschaft.
Die WM-Titelgewinne von Ajo Motorsport
2008: 125 ccm, Mike di Meglio auf Derbi
2010: 125 ccm, Marc Márquez auf Derbi
2012: Moto3, Sandro Cortese auf KTM
2015: Moto2, Johann Zarco auf Kalex
2016: Moto2, Johann Zarco auf Kalex
2016: Moto3, Brad Binder auf KTM