MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Indien-GP-Debüt: Am Ende Begeisterung statt Skepsis

Kolumne von Ronny Lekl
SPEEDWEEK.com-Fotograf Ronny Lekl reiste mit seinem sächsischen Kollegen Steve Wobser zum Indien-GP. Es gab viele Vorbehalte und Skepsis, die bald in Begeisterung umschlug.

Was ist im Vorfeld zum Grand Prix auf dem eindrucksvollen Buddh International Circuit nicht alles für eine Aufregung gewesen? Das ganze Fahrerlager machte sich Sorgen wegen der Bürokratie, wegen der Visa, wegen der problematischen Ernährung und anderen Zuständen in diesem fernen, unbekannten Land. Viele Fragen haben uns beschäftigt.

• Wie wird wohl die Strecke aussehen?
• Wird die erforderliche Sicherheit gegeben sein?
• Klappt das alles mit der Einreise?
• Kommen wir überhaupt gesund dort wieder raus oder verbringen wir die meiste Zeit auf der Toilette?
• Wie sieht es mit gefährlichen Tieren aus? An der Strecke wäre es voll von Schlangen, wurde angekündigt.
• Das wird der teuerste Grand Prix des Jahres, wurde uns vorausgesagt.
• Die Shuttle Services seien extrem teuer, Mietwagen können für Ausländer nicht versichert werden.

Um es kurz zu machen: Bis auf das Chaos mit der Visa-Erteilung war es genauso, wie man eine Reise und einen Aufenthalt in solchen Ländern erwartet. Es läuft etwas anders ab, aber am Ende klappt alles. Für mich, wie sicher auch für viele andere Beteiligte, war es der verrückteste Grand Prix überhaupt.

Von Ausfällen, aufgrund von Magenproblemen, habe ich nichts gehört. Bis auf Affen und Eichhörnchen gab es an der Strecke keine weiteren Tiere zu sehen. Auch keine Schlangen, bloß gut.

Für die Teams kann es durchaus der teuerste Grand Prix des Jahres gewesen sein. Kosten für Shuttles, Hotels und die Beratungskosten durch den bürokratischen Irrsinn mit der Besteuerung der anteiligen Fahrergehälter usw. Da kommt einiges zusammen. Ganz zu schweigen von dem bürokratischen Aufwand, der im Vorfeld betrieben werden muss. Da stellt sich teils die Frage, wer sich da so die Taschen füllt. Für uns Media-Leute hielten sich die Kosten in Grenzen. Ein indisches Uber-Taxi zur Strecke kostet im Schnitt € 3.- Hotel um die € 300.- fürs ganze Wochenende. Abendessen für 5 bis 10 Euro. Also alles bezahlbar.

Das Visa-Chaos wird so sicher nächstes Jahr nicht mehr stattfinden. Am Ende hätte es gereicht, einfach ein Touristenvisum zu machen und alles wäre im grünen Bereich gewesen. Ob das auch auf die Fahrer oder andere Schlüsselpersonen aus dem Paddock zutrifft, kann ich schwer beurteilen. Noch einmal wird man sich mit dem bisherigen sicher nicht so blamieren.

Wie überall, wenn man so einen Event das erste Mal durchzieht, geht Vieles schief und man kann viel daraus lernen. Genauso wird es hier auch sein. Nächstes Jahr wird vieles besser funktionieren.

Die Inder geben sich auf jeden Fall sehr viel Mühe. Im Media Centre gab es sogar Mittagsbuffet. In Europa größtenteils undenkbar.

Dieser Grand Prix hat alles hervor gebracht:
• Verspätete Sessions, weil die Marshals noch nicht bereit waren.
• Rote Flaggen wegen der erwarteten Massenstürzen in der ersten Kurve im Sprint und in der Moto2.
• Marshals, die teils völlig überfordert waren, wenn mal jemand gestürzt ist.
• Verspätete Sessions aufgrund von Starkregen.
• Das Warm-Up der MotoGP fing verspätet an, weil die Strecke noch gesäubert werden musste. Warum das erst kurz vorher auffällt, weiß der Fuchs.
• Spannende Kämpfe auf der Strecke bis zur totalen Erschöpfung, siehe Jorge Martin.
• Abseits der Strecke ein nie erlebter Kulturschock mit einem Verkehr, in dem es kaum eine Sekunde gibt, in der nicht gehupt wird. Ein Chaos, in dem am Ende aber doch alles irgendwie funktioniert.

Genau das wollen wir doch erleben. Aktion und Abenteuer in jeder Hinsicht. Ein perfekt organisierter und glatt geleckter Grand Prix in Europa ist schön und gut, aber am Ende doch irgendwie langweilig und immer das Gleiche. Diese Abwechslung tut den Zuschauern gut und auch der MotoGP in der Vermarktung.

Was noch fehlt, ist die örtliche Begeisterung, die Euphorie für diesen Grand Prix. Die Siegerehrung in der Moto3 fühlte sich eher wie eine Beerdigung an. Null Stimmung.

Zur MotoGP waren die Ränge dann auf einmal mehr gefüllt. Die meiste Stimmung kam auf, als sich Shri Yogi Adityanath, der Minister von Uttar Pradesh, auf dem Podium blicken ließ.

Mit einem Einzugsgebiet, in dem rund 30 Millionen Menschen leben, ist das überschaubare Interesse mit schon erstaunlich. Am Sonntag sollen immerhin 58.605 Zuschauer erschienen sein. Der Markt ist groß, aber das Interesse hält sich leider sehr in Grenzen. Das könnte natürlich auch mit den geringen Einkommen der indischen Bevölkerung zu tun haben.

Es war also, entgegen aller Erwartungen, eine super Idee in Indien einen Grand Prix zu fahren.

Entertainment vom aller Feinsten. Auf und neben der Strecke.


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