Randy Krummenacher: «Ich wollte die Moto2 begraben»
Randy Krummenacher beim GP von Mugello 2015
Randy Krummenacher hat im GP-Sport vier komplette Jahre in der 125er-WM absolviert, bestes Ergebnis: Platz 3 in Barcelona 2007 auf der Red Bull-Werks-KTM. In der Moto2-WM gelang ihm gleich in der Debütsaison 2011 ein vierter Platz auf dem Sachsenring, er war damals bei WM-Halbzeit WM-Achter.
Nachher ging einiges schief. Nach insgesamt 145 Grands Prix steigt der 25-jährige Schweizer auf einer Kawasaki Ninja ZX-6R mit dem Team Puccetti Racing in die Supersport-WM um, als Teamkollege des vierfachen Weltmeisters Kenan Sofuoglu.
In der Moto2-WM fuhr der Zürcher Oberländer 2011 und 2012 im Grand Prix Team Switzerland, dann bei bei Technomag, Iodaracing und JiR.
Am Dienstag und Mittwoch dieser Woche blieb «Krummi» seinem Teamkollegen aus der Türkei beim Jerez-Test dicht auf den Fersen.
Sein Crew-Chief bei Puccetti ist der Australier Andrew Pitt, der die Supersport-WM 2001 (auf Kawasaki) und 2008 (auf Honda) gewonnen hat.
SPEEDWEEK.com nahm den Umstieg in die Supersport-WM zum Anlass für ein grosses Interview mit Randy Krummenacher. Heute lesen Sie den 3. und letzten Teil seiner GP-Bilanz.
Randy, du warst im Oktober 2015 in der Moto2-WM bei JiR noch zweimal in den Top-Ten. Aber diese Ergebnisse lagen hinter deinen Erwartungen. Du willst in der WM nicht mehr dauerhaft um Platz 20 fahren?
Ich bin viel lieber in der Supersport-WM gut platziert als in der Moto2 manchmal in den Punkten.
Wann war dir in der Saison 2015 endgültig bewusst, dass du nicht ewig im Mittelfeld der Moto2-Klasse herumkurven willst?
Hm, das ist mir in Brünn im August klar geworden. Dort war ich nach dem Rennen völlig verärgert, denn ich habe alles gegeben und bin auf Platz 19 gelandet.
Da habe ich mir gesagt: Jetzt begrab ich die Moto2, das bringt gar nichts mehr. Dann habe ich Kontakt zu Teams in der Supersport-WM aufgenommen.
Du hast jahrelang deine Saison immer mit Glanzpunkten auf deinen Lieblingspisten wie Barcelona und Sachsenring gerettet. Selbst das hat in der Saison 2015 nicht mehr geklappt?
Nein, das hat 2015 nicht geklappt, weil in der Moto2-WM das Niveau so hoch ist, dass es nicht mehr drauf ankommt, ob dir diese Strecke super liegt. Wenn die Teamstruktur nicht passt, kannst du das nicht mehr überspielen.
Du hast erwähnt, dass du nach dem Weggang aus dem KTM-125-Werksteam einen ehemaligen GP-Fahrer als Berater gebraucht hättest, um die vielen Fehler zu vermeiden. Kannst du heute den jüngeren Piloten einen Tipp geben, wie sie sich bei den ersten Schritten im GP-Sport verhalten sollen? Viele deutsche Kollegen wie Grünwald, Finsterbusch und Alt sind in den letzten Jahren gescheitert.
Ja, Fahrer wie Florian Alt haben genau das Gleiche mitgemacht wie ich, weil er keinen fachkundigen Berater hatte.
Hast du Ex-Rennfahrer im Sinn, die da helfen könnten?
Ich habe mir nie Gedanken gemacht, wer da in Frage käme oder welche Person das machen könnte. Es muss halt einer sein, der weiss, wie das Spiel läuft und welche Schachzüge man machen muss.
Ich sehe im Ausland, dass es Emilio Alzamora und Mamola können. Randy Mamola hat mir in meiner ersten Saison auch noch Tipps gegeben. Er kann das. Mein Papa Peter war ja Mamola-Fan und hat mich deshalb auf seinen Vornamen taufen lassen. Joan Olivé hat auch eine Funktion im Red Bull-KTM-Ajo-Team.
Du warst jetzt beim Jerez-Test Zweiter hinter Weltmeister Sofuoglu. Wie sehen deine Ziele in der Supersport-WM 2016 aus? Was ist da machbar?
Ich will ganz klar vorne mitfahren.
Das heisst: Top 3? Oder Top-5?
Ich würde jetzt mal sagen, am Anfang sind die Top-5 realistisch. Ich habe jetzt das Team kennengelernt. Ich kenne inzwischen das Material.
Ich sehe bei Puccetti Racing auf der Kawasaki eine Chance, wie ich sie 2007 und 2008 bei KTM im 125-ccm-Werksteam gehabt habe.
Nur weiss ich jetzt ganz genau, was das für eine Chance ist. Und ich weiss das zu schätzen. Dazu habe ich die Erfahrung, um diese Chance bestmöglich zu nützen. So sehe ich das.
In der 125er und Moto2-WM warst du oft zu verkrampft, du hast dir zu viel Druck gemacht, du warst zu ungeduldig. Stimmt dieser Eindruck? Und du hast eher zu viel trainiert als zu wenig? Du hast dir oft nicht genug Zeit zum Regenerieren gegönnt?
Ja, ja.
Hast du das jetzt besser im Griff?
Ja, ich habe es besser im Griff, weil ich es auf die harte Tour lernen habe müssen. Denn es gab Momente, wo ich nicht mehr genug Kraft und Energie hatte.
Du hast dann auch keine Ratschläge von aussen angenommen? Du warst einfach zu verbissen? Hast du jetzt einen geeigneten Mittelweg gefunden?
Ja, ich glaube schon, denn ich fühle mich sehr gut. Klar, manchmal trainiere ich ein bisschen zu viel, aber dann schraube ich das Pensum ein bisschen runter und mache ein bisschen weniger als normal. So finde ich den Ausgleich.
Ich habe es wirklich auf die harte Tour gelernt, weil ich erlebt habe, als ich gar nicht mehr genug Energie hatte, wie ich nicht mehr hungrig genug war und an meiner Aufgabe nicht mehr 100 Prozent Freude hatte.
In diese Situation will ich nie mehr kommen. Dieses Wissen schützt mich ein bisschen vor der Gefahr, zu viel zu trainieren.
Als du im Technomag-Jahr 2013 in Silverstone unverschuldet schwer gestürzt bist, hast du nachher noch zwei Rennen bestritten, erst dann hast du dir eine monatelang Pause gegönnt. Auch da ist dir deine Verbissenheit und dein Ehrgeiz im Weg gestanden? Du hättest gleich pausieren sollen? Warst du damals nahe am Burn-out?
Ich war vor dem Sturz nicht unbedingt Burn-out-gefährdet. Sondern ich habe einfach brutal lang an dieser Gehirnerschütterung gelitten. Ich hatte dadurch Konzentrationsprobleme, ganz klar.
Dazu musste ich die Ernährung umstellen, ich habe gewisse Intoleranzen. Das habe ich bis dahin nicht gewusst, dadurch habe ich bei der Ernährung vieles falsch gemacht. Das hat mir auch richtig Energie geraubt.
Du bist nach dem Trainingssturz in England noch die Rennen in Silverstone und Misano gefahren. Ein Fehler?
Ja, das war ein Riesenfehler. Deshalb hat dann auch die Genesung länger gedauert.
Ich musste einiges aufräumen. Ich habe bis dahin Sachen gegessen, die dazu geführt haben, dass ich bei den Rennen keine Energie hatte. Ich bin dadurch völlig kraftlos gewesen.
Ich verzichte jetzt generell auf Milch. Auch Teigwaren lasse ich weg. Und wenn ich jetzt welche esse, reagiere ich nicht mehr so stark darauf, weil ich sie sonst zu fast 100 Prozent weglasse.
Wenn ich jetzt einen Teller Pasta esse, sind die Auswirkungen nicht mehr so schlimm. Aber ich lasse sie trotzdem weg – so gut es geht.
Wirst du 2016 einmal auf Besuch zu einem Moto2-Rennen kommen?
Ich werde im Mai, Juni und Juli viel in Italien unterwegs sein, denn meine Freundin geht nach Hawaii Englisch lernen. Ich werde in dieser Zeit viel in Misano auf der Strecke trainieren und auf der Ranch bei Valentino. In dieser Zeit werde ich sicher Gelegenheit für einen GP-Besuch haben.