Sieger Tom Lüthi: «Ich war etwas nervös»
Sieger Tom Lüthi
Vor zwei Wochen musste Tom Lüthi beim GP von Tschechien zuschauen, weil er sich im Qualifying von Brünn eine schwere Gehirnerschütterung zugezogen hatte.? Am Donnerstag musste er sich zuerst einmal von Rennärztin Dr. Heike Romer untersuchen lassen, ob er fit genug ist. Dann stürzte er am Samstag wieder, humpelte am Sonntag ein bisschen – aber im Rennen marschierte der Schweizer Kalex-Pilot aus dem Garage Plus Interwetten-Team unwiderstehlich nach vorne.
Schließlich gewann Tom nach 18 Runden den zweiten Grand Prix in diesem Jahr – Morbidelli wurde um 0,856 Sekunden geschlagen. ?Dabei war Lüthi nach zwei Runden nur an achter Stelle gewesen. Nach acht Runden lang der 125-ccm-Weltmeister von 2006 an der Spitze vor Zarco, Morbidelli und Lowes.?Lüthi rückte mit diesem Sieg in der WM-Tabelle auf Platz 4. 1. Zarco 181. 2. Rins 171. 3. Lowes. 137. 4. Lüthi 131. 5. Folger 119.
«Es ist sehr schwer zu erklären, dieses Gefühl ist unbeschreiblich. Die Zeit nach einem Unfall in Brünn war nicht einfach. Ich verpasste das Moto2-Rennen und dann auch den MotoGP-Test mit KTM. Das schmerzte sehr. Doch dann konzentrierte ich mich auf das Comeback in Silverstone. Und ich habe es geschafft, in der letzten Woche merkte ich, dass ein Start in Silverstone möglich ist. Ich konnte mich aber nicht wirklich auf den Grand Prix vorbereiten, daher war ich zu Beginn etwas nervös. Für mich war es gut, dass alle Fahrer nicht besonders viele Runden im Trockenen drehen konnten. Es war eine Art Glückspiel, denn wir waren uns alle mit dem Set-up nicht ganz sicher und wussten nicht, wie sich die Reifen über eine Renndistanz verhalten würden», berichtete Lüthi.
«Im Rennen erkannte ich aber, dass ich einen guten Rhythmus habe. Ich pushte und sah, dass ich etwas schneller war als die anderen Jungs. Ich konnte sie sofort überholen, nachdem ich sie eingeholt hatte. Ich ging in Führung und konnte sie bis zum Ende verteidigen. Den Unfall zwischen Johann und Sam sah ich auf einer großen Leinwand. Ich wusste aber nicht, ob der Unfall direkt hinter mir passiert war. Auf meiner Boxentafel stand zunächst noch nicht der neue Vorsprung, erst eine Runde später wusste ich, dass ich 1,1 sec vorne liege. Danach verwaltete ich meinen Vorsprung», fuhr der Schweizer fort, der wohl selbst nicht mit einem Sieg gerechnet hatte, denn sein Rückflug von Birmingham nach Zürich geht schon am Sonntag um kurz vor 18 Uhr. Der Schweizer war nach der Podest-Zeremonie in Eile, da noch eine Stunde Autofahrt zum Flughafen vor ihm lag.
Du lagst nach den ersten Runden auf Platz 8, warst aber teilweise 1,7 sec schneller als die anderen Fahrer. Hast du das während des Rennens mitbekommen? «Nein, dass es so krass ist, habe ich nicht gewusst. Nach dem Getümmel in den ersten Runden habe ich gemerkt, dass es geht und ich reinhalten kann. Dann war ich mit Corsi beschäftigt, denn wir haben hart gekämpft und uns sogar berührt. Das war ein krasser Kampf, aber ich konnte mich durchsetzen. Ich war schneller als die Fahrer vor mir, obwohl ich schon am Limit war, die Maschine hat sich stark bewegt. Ich konnte aufschließen und habe mich entschlossen, sofort anzugreifen und den Rhythmus zu halten. Das war meiner Meinung nach einer der Schlüsselfaktoren. Ich war früh an Johann und Sam dran. Meine Taktik war, es zu probieren und dann vorne wegzuziehen, wir hatten aber starken Wind, was es ohne Windschatten auf den Geraden schwierig machte. Das habe ich mir alles überlegt, aber letztendlich hat es sich gelohnt, dass ich mich direkt durchgesetzt habe. Durch den Unfall von Lowes und Zarco hat sich für mich nicht viel geändert. Ich habe vielleicht etwas früher gebremst und versucht, die Maschine etwas mehr laufen zu lassen. Ich wollte den Speed halten. Dann war ich 0,8 sec vorne, sie drückten von hinten, doch ich konnte in der letzten Runde noch eins drauflegen.»
2010 hatte Lüthi den Sieg in Silverstone in der letzten Runde an Jules Cluzel verloren. Mit nur 0,057 sec Rückstand überquerte er damals als Zweiter die Ziellinie. Ist dir das durch den Kopf gegangen? «Nein. Ich war voll auf das Fahren fokussiert. Was den Fokus betrifft, war ich sehr froh, dass ich mich das gesamte Rennen konzentrieren konnte. Ich bin also vom Kopf her wieder voll fit, den Rest will ich bis Misano auch wieder in den Griff bekommen. Dann kann ich mich auch besser vorbereiten.»
Durch seinen Sieg eroberte Lüthi den vierten WM-Rang zurück. Doch er liegt ganze 50 Punkte hinter WM-Leader Johann Zarco. «Der Titel ist so weit weg. Aber die Saison ist noch lang.»