Exklusiv: Bald neue Strassen-EM als GP-Gehschule?
Spanische Moto3-Meisterschaft: Volles Startfeld 2013
Als eine der Ursachen für die grosse GP-Streitmacht der Spanier wird immer wieder die vorbildlich organisierte Spanische Rundstrecken-Meisterschaft CEV (Campeonato de España de Velocidad) erwähnt.
Sie wird seit Jahren auch in der Moto2-Klasse ausgetragen, sie spielt also eine Vorreiterrolle, sie hat auch schon viele ausländische GP-Asse nach oben gebracht, von Bradley Smith über Jonas Folger bis zu Stefan Bradl.
Viele andere nationale Meisterschaften sind hingegen dem Untergang geweiht oder konzentrieren sich auf die Superbike-Klasse – wie in Amerika und Grossbritannien. In Deutschland werden seit vielen Jahren die falschen Cups und Klassen inszeniert, deshalb sind Fahrer wie Bradl, Öttl und Amato in die CEV ausgewichen.
Früher sind die GP-Stars wie Chili, Biaggi, Dovizioso oder Rossi in der Europameisterschaft gross geworden. Diese Rennserie ist unter der Regie des armseligen Europäischen Motorradsportverbands UEM zu einer entsprechend armseligen Hinterhof-Veranstaltung degradiert worden. Seit Jahren werden die Europameister in einem einzigen Rennen in Albacete gekürt, die Rennen und Champions liegen unter der Wahrnehmungsgrenze. Ein Europameistertitel ist zehnmal weniger wert als der Gewinn der CEV, die in acht Rennen auf renommierten GP-Strecken entschieden wird und die dank der Dorna mit Live-TV-Übertragungen rechnen kann.
Jetzt wird bei der FIM auf Anregung der Dorna ein bisher streng geheimes Projekt diskutiert. Die CEV soll künftig als neue Strassen-Europameisterschaft ausgetragen werden und wieder als Wartesaaal und Gehschule für künftige GP-Fahrer dienen.
Die Dorna würde selber als Promoter der EM auftreten; die Rede ist von drei Rennen in Spanien, einem in Deutschland, Italien, Grossbritannien, Brünn, vielleicht auf dem Red Bull Ring in Spielberg und so weiter. Insgesamt sollen acht EM-Läufe pro Saison ausgetragen werden. Terminkollisionen mit der WM werden vermieden.
«Für uns spielt es keine Rolle, ob wir von Barcelona eine Filmcrew nach Jerez schicken oder nach Deutschland», liess sich ein Dorna-Funktionär entlocken.
Verbände stecken das FIM-Geld ein
Jetzt rächt sich die Kurzsichtigkeit vieler Funktionäre von nationalen europäischen Motorsport-Verbänden. Denn als die Dorna der FIM für 1992 erstmals für 6 Millionen US-Dollar pro Jahr die GP-Rechte abkaufte, reichte die FIM an jeden nationalen Verband, in dessen Land ein Grand Prix ausgetragen wurde, 150.000 US-Dollar weiter. Diese Summe sollte für den Nachwuchs und in die heimische Meisterschaft investiert werden.
Und was geschah: Die Verbände steckten sich das Geld in die Tasche, mit einer Ausnahme – die Spanier investierten in die heimische Rennserie, es wurden Teams und Fahrer unterstützt. Die spanische GP-Invasion nahm ihren Lauf. In manchen Ländern blieb der Nachwuchs auf der Strecke.
Hat der DMSB jemals einen einzigen FIM-Dollar für den Nachwuchs investiert? Wenn, dann ist es nie bekannt geworden. OSK in Österreich? FMS in der Schweiz? Fehlanzeige! Nein, zumindest hat unseres Wissens kein Team und kein Fahrer jemals einen Cent von einem Verband gesehen.
Alle deutschen GP-Teams entstanden auf privater Initiative. Und der Red-Bull-Rookies-Cup entstand nur durch den ADAC und Honda.
Inzwischen ist die unselige UEM wieder im Untergrund verschwunden, sie nennt sich jetzt FIM Europe.
1,5 Millionen Dollar für neue EM?
Und vielleicht kommt jetzt bei der FIM irgendein schlauer Kerl auf die Idee, das Dorna-Geld nicht mehr weiterzureichen, da es ohnedies seit mehr als 20 Jahren zweckentfremdet wird. Dann könnten bei zehn Europa-GP immerhin 1,5 Millionen US-Dollar jährlich gespart – und in eine neue Strassen-EM investiert werden. Damit lässt sich bei acht Events allerhand machen. Welche Klassen kämen in Frage? Moto2, Moto3 und Superstock 1000 zum Beispiel. Und vielleicht noch eine preiswerte Einsteigerklasse nach Art des Red Bull-Rookies-Cups?
Bisher laufen noch keine konkreten Planungen. Aber findige Köpfe bei der Dorna denken bereits über ein Logo nach. Und sind womöglich bereits fündig geworden.
CEV könnte ja künftig neben «Campeonato de España de Velocidad» auch gleich noch für «Championnat d’Europe de Vitesse» stehen.