Jason Clermont: Ein würdiger Schweizer Meister
Anfang Saison stand die Frage im Raum, wer Titelverteidiger Andy Baumgartner in Bedrängnis bringen könnte. Mehrheitlich hieß es, dass sein Teamkollege Yves Furlato am ehesten die nötigen Ressourcen für den Titelgewinn hätte. Im erweiterten Favoritenkreis erkannte man Alain Schafer mit seiner AGMX-Honda und der seit diesem Jahr wieder allein ausrückende Open-Rookie Cyrill Scheiwiller (Yamaha), seines Zeichens dreifacher MX2-Vizemeister. Dass sich der Franzose Jason Clermont in den Titelkampf einmischen würde, hatte niemand auf der Rechnung. Zumal er den Season-Opener in Wohlen verpasste, weil er zeitgleich in der Französischen Supercross-Meisterschaft engagiert war.
Erst noch später ins Renngeschehen eingreifen konnte Scheiwiller aufgrund eines Armbruchs, den er im Rahmen eines Vorbereitungsrennens in Italien erlitt. Diese aufgezwungene Pause warf den schnellen Yamaha-Crack aus dem Titelrennen, ehe es begann. Sein Comeback erfolgte in Muri, aber da war der Zug bereits abgefahren.
Blieben die beiden KTM-Haudegen Furlato und Baumgartner. Doch bereits beim Auftakt in Wohlen lief es für die beiden Thurgauer nicht wunschgemäß, denn mit dem Tschechen Petr Smitka war ein aus der ADAC MX Masters-Serie bekannter Gastfahrer am Start, welcher am Ende des Tages seine Heimreise mit 50 Punkten im Gepäck antrat. Somit blieben für die beiden Titelfavoriten lediglich Tagesrang 2 (Furlato) und 3 (Baumgartner).
Aus Baumis Sicht kam der Saisonstart verletzungsbedingt ohnehin nur sehr zaghaft ins Rollen: Rückenprobleme, Knieverletzungen und sonstige kleine Wehwehchen verunmöglichten eine optimale erste Saisonhälfte.
Anders erging es Furlato, der seit Saisonstart im Kampf um Tagessiege und den Titel immer vorne anzutreffen war. Wenngleich ihm in der gesamten Saison ein Lauf- oder Tagessieg verwehrt blieb, war er anfangs Saison trotzdem für kurze Zeit Meisterschaftsleader.
Die Wende im Titelkampf
Mit dem Motocross in Muri nahm der Titelkampf Fahrt auf. Denn nun begann die große Zeit von Jason Clermont, der sich bei den Rennen in Payerne und Frauenfeld still und leise an die Spitze herantastete, um dann in Muri groß zuzuschlagen.
Mit Doppelsiegen in Muri und Cossonay folgten seine ersten beiden Tagessiege. In Bullet musste er sich lediglich MXGP-Fixstarter Valentin Guillod zweimal geschlagen geben, eher er nach einem kleinen Hänger in Broc («nur» ein 5/1-Resultat) in Braunau mit einem weiteren Doppelsieg in die Erfolgsspur zurückkehrte.
In Grosswangen wurde er dann noch mal Tages-Zweiter hinter Gaststarter Guillod, wodurch er als Gesamt-Zweiter mit einem Rückstand von neun Zählern auf Baumgartner zum Showdown nach Amriswil reiste.
Baumgartner seinerseits fand nach anfänglichen Schwierigkeiten über den Kampf immer mehr zu seinem Spiel. Mit seinem Doppelsieg in Frauenfeld übernahm er erstmals die Führung in der Meisterschaft und verteidigte diese erfolgreich bis zum Finale in Amriswil.
Die Vorzeichen für eine erfolgreiche Titelverteidigung sahen für Baumgartner sehr gut aus – zumal er vor seinem Heimpublikum zum Titelgewinn auffahren konnte.
Doch aus seiner Sicht leider, kam alles anders als gedacht: Mit dem Sieg im ersten Rennen übernahm Clermont die Leader-Position. Auch verletzungsbedingt erneut in die Defensive gedrängt, versuchte Baumgartner im letzten Saisonrennen das Ruder nochmals rumzureißen. Doch ein schwerer Rennunfall verhinderte dies, da das Rennen abgebrochen werden musste und aufgrund der dunklen Lichtverhältnisse nicht mehr neu gestartet werden konnte. Die Gefahr von weiteren Unfällen war zu groß, ein Re-Start nicht zu verantworten.
Jason Clermont: Ein verdienter Champion
Wenngleich man sich eine Titelentscheidung nie so wünscht, darf man doch sagen, dass Jason Clermont den Meistertitel verdient hat. Auch ein Baumgartner und ein Furlato wären aufgrund der gezeigten Leistungen und des Saisonverlaufs verdiente Schweizer Meister. Doch es sollte nicht sein.
Wirft man einen sachlichen Blick auf die Resultate, dann ist Clermont nicht nur ein würdiger Champion, sondern auch ein logischer. Er eroberte vier Tagessiege, acht Laufsiege und etliche Podiums-Platzierungen, hatte das ganze Jahr keinen Ausfall und verpasste außerdem den Saisonauftakt.