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Michael Bartholemy (VDS): «Wir vertrauen Jack Miller»

Von Günther Wiesinger
Michael Bartholemy

Michael Bartholemy

Das Marc VDS Honda-Team blieb in der MotoGP-WM 2016 mit Jack Miller und Tito Rabat einiges schuldig. Die Bilanz von Teamchef Michael Bartholemy fällt trotzdem nicht ganz negativ aus. Er traut Jack Miller viel zu.

Das Estrella Galicia 0,0 Marc VDS Honda-Team hat 2016 in seiner zweiten MotoGP-Saison die Erwartungen nicht erfüllt, auch wenn Jack Miller mit dem GP-Triumph in Assen/NL ein glänzendes Highlight gesetzt hat.

Aber unter dem Strich blieben für Jack Miller und Rookie Tito Rabat nur die WM-Ränge 18 (mit 57 Punkten) und 21 (mit 29 Punkten).
Teamprinzipal Michael Bartholemy war aber mit der Entwicklung von «JackAss» Miller nicht unzufrieden.

Michael, insgesamt kannst du mit dem Abschneiden von Miller und Rabat nicht zufrieden sein. Unter dem Strich ist der 18. WM-Rang von Miller auf der Factory-Honda samt HRC-Vertrag enttäuschend, nicht wahr? Fünf Top-Ten-Plätze in zwei Jahren.

Du hast recht. Wir sind auch der Ansicht, wir hätten mit Jack in der zweiten Saisonhälfte mehr erreichen können.
Aber wenn man die Saison mit Jack genau betrachtet: Wenn er fit ist, ist er schon schnell! Es hat bei einigen Rennen nicht gereicht. Es gab schon zwei, drei Grand Prix, nach denen ich gesagt habe: Wir haben uns unter unserem wahren Wert verkauft.
Ich denke, es ist wichtig, dass wir mit Jack 2017 mal gut vorbereitet in die Saison starten können, ohne Blessuren, ohne Verletzungen. Jack hat sich 2016 vor der Saison verletzt, dann im Warm-up in Spielberg neuerlich, in Misano zum dritten Mal.
Wir haben bei den letzten Tests im November gutes Material getestet, ich denke, wir sollten davon eine positive Resonanz haben. Jack konnte in Valencia nach dem Grand Prix erstmals jenes Chassis fahren, das Cal Crutchlow seit Brünn verwendet hat.
Wir werden nächstes Jahr 14 Werksmotorräder haben, da Ducati für Petrucci und Barbera zwei weitere 2017-Maschinen baut. Ich rechne trotzdem damit, dass Jack in der Endabrechnung 2017 auf dem achten, neunten oder zehnten Platz landen kann. Ich glaube, das können wir mit ihm hinbekommen.

Der Warm-up-Sturz in Spielberg passierte bei Miller zum falschen Zeitpunkt.

Ja, er hatte dann Probleme mit dem Rücken. Er musste auf Spielberg und Brünn verzichten. Als diese Verletzung ausgeheilt war, kam in Misano das Problem mit der Hand. Das hat uns wieder zwei Rennen gekostet. Wir sind deshalb mit Jack nie in einem Rhythmus gekommen.
Einige Rennen haben gepasst. Aber ich denke, dass wir in der zweiten MotoGP-Saison im Team noch nicht das Know-how hatten, das zum Beispiel Beefy Bourguignon bei LCR-Honda mit Cal hat. LCR hat seit 2006 MotoGP-Erfahrung mit Honda, Beefy war vorher schon im Kawasaki-Werksteam. Jetzt arbeitet er bei Honda seit vielen Jahren mit dem gleichen Motorrad.
Bei Marc VDS fehlt es uns in der MotoGP noch an Erfahrung. Wir haben jetzt für Jack den Spanier Ramon Aurin als Crew-Chief bekommen, der zwei Jahre für Pedrosa gearbeitet hat. Er hat sich gewundert, warum wir dauernd mit den großen Bremsscheiben gefahren sind, die andern mit den kleinen.
Ein guter Crew-Chief kann die Entwicklung des Fahrers beschleunigen und ihn weiterbringen. Unser Team muss auch bei der Elektronik noch an Know-how zulegen.
Nicky Hayden fuhr in Aragón für uns, er konnte uns 1000 Sachen über das Motorrad erzählen, die neu für uns waren. Wir hatten ja immer nur MotoGP-Neulinge – wie Redding 2016. Bei Rabat haben wir gar keine Infos gehabt im vergangenen Jahr.
Aber wir sind auf dem richtigen Weg. Deshalb glaube ich, dass Jack Miller die Top-Ten zwischen Rang 8 und 10 abschließen kann.

Jack Miller hatte 2016 und 2017 den Italiener Cristian Gabarrini als Crew-Chief. Der wurde 2007 und 2011 mit Casey Stoner Weltmeister, der hat doch genug Erfahrung?

Ich habe bei Beefy Bourguignon und auch bei Peter Benson, die viele Jahre lang auf einem hohen Niveau gearbeitet haben, einfach diese Ruhe festgestellt. Und sie konnten die Fahrer überzeugen, dass ihr technischer Weg der richtige ist. Selbst wenn die Fahrer das beim ersten Mal nicht richtig akzeptieren, bleiben diese Techniker auf ihrem Weg und bringen die Fahrer langsam dorthin. Dann wird das Motorrad einfacher zu fahren, dann werden die Resultate effektiv besser.
Wir sind zum Beispiel das ganze Jahr mit einem Schutz oder «shelter» am Tank gefahren, den haben wir am zweiten Testtag in Valencia weggemacht. Dadurch hatten wir endlich mehr Gewicht auf dem Vorderrad, was vorher das ganze Jahr nicht geklappt hat. Viele solche Details können einen erheblichen Unterschied ausmachen.

Bei Miller läuft der Drei-Jahres-Vertrag mit HRC am Jahresende aus. Macht dir das Sorgen? Wird er stark unter Druck stehen? Bei Bradl wollte HRC im dritten Jahr nur noch Top-3-Plätze sehen.

Ich muss ehrlich sagen, vom Team her haben wir damit keine Problem, weil unser Teambesitzer und Hauptsponsor Marc van der Straten inzwischen sehr stark an Jack hängt.
Das heißt: Selbst wenn ihn Honda eines Tages nicht mehr haben will, weil sie eine andere Idee bei der Fahrerwahl haben, dann hat Jack das Vertrauen von der Teamseite, auch von Marc. Wir möchten 2018 auf jeden Fall mit ihm weitermachen.

Jack Miller hat die MotoGP-WM 2015 etwas auf die leichte Schulter genommen. Im Vorjahr wirkte er besser austrainiert, er hatte 7 bis 8 kg abgenommen.

Ich muss wirklich sagen, dass wir nach zwölf Monaten an Jack Miller nichts auszusetzen haben. Es gab ja vorher viele Storys – Alkohol und dies und das.
Bei uns ist das ganze Jahr bei Jack nie etwas Negatives vorgefallen. Er trainiert sehr, sehr viel, er läuft viel, er fährt viel Motocross, er ist in guten Händen. Wir sind stark dahinter gewesen...
Jack ist ein intelligenter, wohlerzogener und fitter Athlet. Ich bin positiv überrascht.
Jack kommt zum Beispiel jeden Donnerstag bei den Grand Prix zu mir ins Office, macht die Türe zu und dann unterhalten wir uns eine Stunde. Er erzählt mir dann alles, was ihm am Herzen liegt. Da geht es nicht nur um den Motorradsport.
Jack passt sehr gut in unser Team und in unsere Struktur hinein. Marc van der Straten schätzt ihn sehr.

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