Kevin Schwantz: Zuerst Hausverbot, jetzt Botschafter
In Texas: Kenny Roberts Junior und Kevin Schwantz
Es war unglaublich. Ausgerechnet Kevin Schwantz, Suzuki-Legende und überaus populärer 500-ccm-Weltmeister 1993, bekam beim ersten privaten MotoGP-Test auf dem neuen Circuit of the Americas (COTA) im März 2013 keinen Zutritt.
Die neuen Promoter und Streckenbetreiber hatten ein Hausverbot ausgesprochen.
Dabei sollte die berühmte Nr. 34 eigentlich selbst Promoter des Red Bull Grand Prix of the Americas sein – zehn Jahre lang.
Aber schön der Reihe nach.
Der Texaner Kevin Schwantz (52) gilt unter den Motorradfans als lebende Legende. «Revin’ Kevin» zählte zu Zeiten von Stars wie Mick Doohan, Wayne Gardner, Wayne Rainey und Eddie Lawson auf Suzuki zu den Weltstars der 500-ccm-Szene.
Nach seinem Rücktritt 1995 blieb der 500-ccm-Weltmeister von 1993 dem GP-Sport mit Aufgaben wie Botschafter des Red Bull-Rookies-Cups, Talentscout und Berater von amerikanischen Wildcard-Piloten erhalten. Zwischendurch feierte er ein Comeback beim «Suzuki Eight Hours Race». Und Kevin setzte sich für den Bau der neuen Rennstrecke «Circuit of the Americas» (COTA) ein und unterschrieb einen 10-Jahres-Vertrag mit Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta, der ihm die exklusiven Austragungsrechte für den Texas-GP zusicherte.
Aber als Kevin Mitte März 2013 den MotoGP-Test besuchen wollte, erhielt der 25-fache GP-Sieger keine Zutrittserlaubnis für das COTA-Gelände. «Ich wollte um 11 Uhr ins Fahrerlager fahren», erklärte Kevin Schwantz damals gegenüber SPEEDWEEK.com. «Aber das wurde mir nicht gestattet. Ich weiss nicht, wer das veranlasst hat.»
Später stellte sich heraus: Es waren die neuen COTA-Machthaber, also die Truppe um COTA-Präsident Steve Sexton. Ein kleines Revanchefoul an Kevin Schwantz, der 2009 gemeinsam mit dem Ecclestone-Vertrauten Tavo Hellmund das Rennstreckenprojekt in Texas vorangetrieben hat.
Es ging drunter und drüber
Am 8. August 2012 brachte Kevin Schwantz mit seiner Firma «3forTexasMGP» sogar eine Klage gegen die Betreiber des neuen Circuit of the Americas (COTA) ein. Man habe ihn um sein vertragliches zugesichertes Recht betrogen, den Motorrad-GP in Texas zehn Jahre lang austragen und promoten zu dürfen, klagte der ehemalige Suzuki-Star. Schwantz beschwerte sich, das COTA-Management habe ihn hintergangen und widerrechtlich hinter seinem Rücken einen neuen MotoGP-Vertrag mit der Dorna abgeschlossen.
Es ging damals schmutzig zu. Und wie immer in solchen Fällen, ließ sich kein Alleinschuldiger ausmachen.
Auch Tavo Hellmund ist kein Unschuldslamm. Dem Besitzer der Firma «Full Throttle LLP» wurde vorgeworfen, er hätte bei einem Gespräch mit Carmelo Ezpeleta in Gegenwart von Schwantz unerlaubterweise ein Tonband mitlaufen lassen. Daraufhin wurde das Verhältnis zwischen Ezpeleta und der Partner Schwantz und Tellmund etwas frostig.
Im August 2012 beteuerte die Pressestelle von COTA, Schwantz habe kein Recht zur Austragung des MotoGP-Events in Texas, der 2013 erstmals stattfand.
Zeitweise war die Situation rechtlich völlig verfahren. Schwantz pochte auf seinen Vertrag mit der Dorna. Und als er sich mit den COTA-Verantwortlichen nicht einig wurde, brachte er sogar den völlig ungeeigneten San Antonio Raceway als alternativen Austragungsort ins Spiel.
Ursprünglich waren Tavo Hellmund und Bobby Epstein die treibenden Kräfte hinter dem Circuit of the Americas. Sie trieben die Baukosten auf und vereinbarten den Deal mit Bernie Ecclestone, der den Formel-1-Tross bereits im November 2012 erstmals nach Texas lotste. Aber es kam zwischendurch oft zu Baustopps und zu Finanzierungsproblemen. Schließlich eskalierte ein Disput zwischen Hellmund und Epstein. Hellmund pochte auf gewisse Zahlungen an ihn, die Epstein für ungerechtfertigt hielt.
Im Frühjahr 2012 kam es zu einer außergerichtlichen Einigung, über deren Inhalt Vertraulichkeit vereinbart wurde. Deshalb wusste niemand, wer welche Rechte für COTA beanspruchen durfte.
Kevin Schwantz: Promoter ohne Rennstrecke
Kevin Schwantz wurde ein Opfer dieses Disputs. Hellmund sei aus dem COTA-Projekt gedrängt worden, weil er finanziellen Verpflichtungen nicht nachgekommen war, hieß es.
Nun hatte Kevin Schwantz einen lukrativen 10-Jahres-Vertrag mit der Dorna, aber keine dazu gehörige Rennstrecke. «Ich habe vier Jahre lang geschuftet, um einen Motorrad-GP in meinen Heimatstaat Texas zu bringen», beklagte sich Schwantz damals. «Plötzlich wollte mich COTA aus diesem Projekt drängen. Für mich war das Betrug. Deshalb habe ich im August 2012 das Gerichtsverfahren angestrengt.»
Carmelo Ezpeleta versuchte zu vermitteln, sonst wäre sogar der Grand Prix 2013 in Gefahr geraten. Beim Barcelona-GP 2012 setzte Ezpeleta dem Texaner eine letzte Frist bis 30. Juni. Sollte Kevin bis zu diesem Datum keinen Vertrag mit COTA zustande bringen, würde er den Deal mit Schwantz als ungültig betrachten, weil selbst ein Ex-Weltmeister ohne Rennstrecke keinen Grand Prix veranstalten kann.
Ezpeleta traf dann beim Indy-GP 2012 die Manager von COTA, um über einen direkten GP-Vertrag mit den Streckenbetreibern zu verhandeln.
Die Dorna bot Kevin Schwantz danach eine Art Abfindung an. Sie offerierte ihm großzügig 450.000 US-Dollar pro Jahr für eine Rolle als GP-Botschafter für den Event in Texas. Dieses großzügige Angebot hat Schwantz zuerst entrüstet ausgeschlagen, aber dann fand sich doch eine gütliche Einigung.
Schwantz kann heute froh sein, mit seiner Firma «3forTexasMGP» nicht Texas-GP-Promoter zu sein. Der Grand Prix erwirtschaftet nur Verluste.
Immerhin: Inzwischen sind Kevin und die neuen Streckenbetreiber versöhnt. Der Ex-Weltmeister rührt als COTA-GP-Botschafter die Werbetrommel für seinen Heim-GP, er agierte als Streckensprecher bei allen Trainings und im Rennen der MotoGP-Klasse. Außerdem durfte Kevin am Sonntag gemeinsam mit Kenny Roberts junior auf Suzuki eine Ehrenrunde drehen.