WM-Leader Andrea Dovizioso: «Nicht alles riskiert»
Im Rennen von Assen: Dovizioso (04) vor Bautista, Viñales, Crutchlow und Miller
Ducati-Werkspilot Andrea Dovizioso hat bei den letzten drei Grand Prix mit zwei Siegen und einem fünften Platz 61 von 75 möglichen Punkten erobert, der in Assen entzauberte bisherige WM-Leader Viñales nur 26.
Ducati Corse führt jetzt erstmals seit Mugello 2009 in der MotoGP-WM. Damals lag Casey Stoner an der Tabellenspitze.
Andrea Dovizioso, der inzwischen 266 GP-Einsätze bewältigt und 78 Podestplätze erobert hat, sieht sich erstmals an der Spitze der MotoGP-Weltmeisterschaft.
Und «Dovi» kann jetzt die Favoritenrolle nicht mehr lange von sich weisen und den Druck auf die andern schieben.
«Das war heute ein sehr schönes Rennen, wenn auch ein bisschen seltsam», schilderte der Ducati-Star. «Leider hat mich der Sturz im Qualifying an einem besseren Ergebnis gehindert, der neunte Startplatz war nicht gerade die ideale Ausgangsposition. Denn dadurch ist es mir in den ersten Runden nicht gelungen, Anschluss an die Spitzengruppe zu finden. Dadurch ist mein Rennen kompliziert geworden...»
«In den ersten Runden war ich vielleicht nicht locker genug, um richtig schnell fahren zu können», erzählte der 31-jährige WM-Spitzenreiter. «Aber ich bin ruhig geblieben und habe mich auf meine Stärken konzentriert. Als ich hinter Maverick war, habe ich seine Fahrweise studiert und geschaut, ob ich mich dank seiner Linien irgendwo verbessern könnte. Eine Runde vor seinem Crash hat gereicht, um schlauer zu werden... Ich habe dann an einigen Stellen schneller fahren können. Nachher habe ich mich darauf konzentriert, schnell und konstant zu fahren. Nach dem Crash von Maverick war ich der schnellste Fahrer auf der Piste.»
Tatsächlich drehte «Dovi» seine schnellste Rennrunde in Runde 14, Rossi schon in Runde 4, Petrucci in Runde 7, Viñales in Runde 9 (von 11), dann purzelte er.
«Ich bin sehr happy darüber, dass ich nach Halbzeit der Distanz noch solche Zeiten hinlegen konnte, das ist von Bedeutung für die restliche Meisterschaft. Denn diese Zeiten zeigen die Realität! Ich war heute wirklich schnell, ich konnte dadurch mehr als vier Sekunden zur Spitzengruppe wettmachen. Assen ist normal sicher nicht die beste Strecke für mich, deshalb bin ich doppelt erleichtert.»
«Platz 5 bringt heute gute Punkte. Es ist aber auch ein wichtiges Ergebnis, weil wir einen ordentlichen Speed hatten und viel Vertrauen getankt haben», ergänzte der Routinier aus Forli. «Ich hätte vom Speed her heute mindestens Dritter werden können, das ist ein kleiner Wermutstropfen. Aber der Fight zwischen Marc und Cal in den letzten drei Runden nahm verrückte Formen an. Ich konnte nicht probieren, die beiden zu überholen, das ärgert mich ein bisschen. Trotzdem: Ich hatte das ganze Wochenende hier einen guten Speed, das Team hat tadellose Arbeit geleistet. Wir haben uns auch nicht entmutigen lassen, wenn wir im Training einmal hinten lagen. Wir arbeiten in die richtige Richtung. Wir haben das Rennen mit einem Set-up begonnen, das wir im Training nie probiert haben. Aber wir haben daran geglaubt, und es hat sich im Rennen bewährt. Das freut mich, mein Gefühl mit dem Motorrad konnte sich sehen lassen.»
«Vier Runden vor der Zielflagge begann es heftig zu regnen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich begonnen, mir Gedanken über die Meisterschaft zu machen. Es war unmöglich zu erkennen, welche Kurve nass und welche noch nasser war. Das Risiko war also immens. Zu hoch für mich... Klar, Valentino und Danilo konnten mehr Risiko eingehen, sie lagen in der WM hinter mir. Ich habe es vorgezogen, etwas vorsichtiger zu agieren. Leider konnte ich nicht um den Sieg fighten. Aber sonst war ich mit dem ganzen Wochenende rundherum zufrieden. Das passt alles.»
Andrea Dovizioso führt jetzt nach 8 von 18 Rennen in der WM.
Er kann jetzt nicht mehr so tun, als habe er mit dem Ausgang der Weltmeisterschaft nichts zu tun, als ginge ihn das alles nchts an.
Kann «Dovi» die WM gewinnen?
«Ich denke bei jedem Rennen an die Weltmeisterschaft. Auch wenn ich um den sechsten Rang in der WM streite... Ich habe noch nie in einem WM-Lauf eine verrückte Aktion gestartet und dadurch meine WM-Situation aufs Spiel gesetzt. Ich denke, die schnellen Fahrer in der WM haben die Meisterschaft bei jedem WM-Lauf im Hinterkopf. Ich muss diese Einstellung nicht ändern – und ich werde sie nicht ändern.»
«Klar, wir haben bei den letzten Rennen bewiesen, dass wir den Gegnern einen Fight liefern können. Das bringt viel Motivation und viel Selbstvertrauen. Das wird uns beim nächsten Rennen und bei den restlichen Grand Prix in diesem Jahr helfen. Aber wenn so trickreiche Bedingungen herrschen wie heute in Assen, dann sehe ich keinen Grund, warum ich einen Sturz in Kauf nehmen sollte. In dieser Weltmeisterschaft ist es so wichtig, sich keinen Nuller zu leisten. Das hat sich schon 2016 gezeigt. Leider habe ich in Argentinien schon einen Nuller kassiert, auch wenn es nicht meine Schuld war. Dieses Missgeschick hat seine Auswirkungen in der Tabelle. Umso wichtiger ist es an einem Tag wie heute, nicht alle Risiken einzugehen...»