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Norick Abe: MotoGP-Asse erinnern sich an den Zauberer

Von Günther Wiesinger
Unvergesslich: Norick Abe

Unvergesslich: Norick Abe

Beim Suzuka-GP 1994 fuhr ein 19-jähriger japanischer Nobody den Stars Schwantz und Doohan um die Ohren. Doch Norick Abe starb vor genau zehn Jahren. Die ehemaligen Rivalen zeigen viel Respekt und loben ihn.

Der Japaner Norifumi «Norick» Abe brach beim Suzuka-GP 1994 wie ein Überfall über die 500-ccm-Weltmeisterschaft herein. Er war erst 19 Jahre alt und trat auf einer Honda NSR 500 mit einer Wildcard an, niemand kannte ihn, aber plötzlich kämpfte er gegen Schwantz und Doohan und schien einem Sieg entgegenzusteuern.

Aber der laut Rossi völlig «angstfreie» Abe stürzte drei Kurven vor dem Ziel...

Abe schmückte sich mit dem Künstlernamen Norick, das war ein berühmter japanischer Zauberer. Und der junge Valentino Rossi begeisterte sich an der unerschrockenen Fahrweise des Japaners, deshalb nannte er sich anfangs «Rossifumi».

Honda hatte 1994 keinen GP-Platz für das japanische Talent, deshalb wurde er vom Marlboro-Team Roberts für zwei weitere Grand Prix eingekauft.

Kenny Roberts engagierte den Draufgänger dann drei Jahre lang, ehe Abe ins Marlboro Team Rainey übersiedelte.

Abe vollendete die 500er-WM von 1995 bis zum Jahr 2002 immer in den Top-Ten. Er wurde 9., 5., 7., 6., 6., 8., 7. und 6.

Abe wurde am 7. September 1975 geboren, er verunglückte am 7. Oktober 2007 mit einem Straßenmotorrad auf einer Schnellstraße  tödlich, als ein Lkw vor ihm illegal wendete.

Abe bestritt 2007 noch die japanische Superbike-Meisterschaft und lag zum Zeitpunkt seines Unfall auf Rang 3 der Gesamtwertung.

Genau zehn Jahre nach dem Tod von Norick Abe erinnern sich die ehemaligen Kontrahenten mit viel Respekt an den populären Japaner, der im Alter von 32 Jahren starb.

«Norick war ein netter Typ, auf und neben der Piste», erinnert sich Sete Gibernau. «Er war ein riesiges Talent. Eine Mischung zwischen Schwanz und Doohan. Wir sind gemeinsam in den Teams von Roberts und Wayne Rainey gefahren und haben viel Zeit gemeinsam verbracht. Seine Frau hat mich einmal gefragt: ‚Warum habt ihr Europäer alle so lange Beine?’ Norick hat sich gekrümmt vor Lachen...»

«Er hatte einen sehr seltsamen Fahrstil», bemerkte sein Förderer und Teamchef Kenny Roberts senior. «Ich habe ihn zum ersten Mal in Amerika gesehen. Ich wusste gar nicht, dass er ein Road Racer war. Ich hielt ihn für einen japanischen Dirt-Track Spezialisten. Ich versuchte ihm zu helfen, damit er seinen Fahrstil für die Road Races und die GP-Circuits umstellt. Aber er wollte davon nicht viel wissen. Er wollte einfach mehr riskieren als die anderen.»

«Beim Reinfahren in die Kurven hielt er seinen Köper immer ganz aufrecht», fiel Gerold Buchner auf, der Abe im Antena-3-Yamaha-Team zwei Jahre lang betreute und jetzt für Marc Márquez arbeitet.

«Ich war und bin einer der größten Fans von Norick. Ich habe immer noch ein Foto mit seinem Autogramm», erzählte Rossi. «Sein Rennen und sein Auftritt 1994 in Suzuka haben mir viel Motivation gegeben. Danach wollte ich unbedingt Motorradrennfahrer werden.»

«Abe war ein erstaunliches Talent, er war jung kam aus dem Nichts... Schwantz und ich haben in Suzuka 1994 um den Sieg gefightet. Irgendwann haben wir uns während des Rennens irritierte Blicke zugeworfen und uns gefragt: ‚Wer ist dieser Junge?’ Niemand hatte von ihm gehört.»

«Norick war wirklich, wirklich schnell. Im Laufe des Rennens 1994 in Japan habe ich irgendwann eingesehen: ‚No way, ich kann diesen Kerl hier und heute nicht besiegen.’ Er war ziemlich weit vor mir, als ich ihn plötzlich im Kiesbett liegen sah. Er ist am Ende runtergeflogen», erinnert sich Kevin Schwantz.

«Ich bin in der Saison 1996 mit Abe bei Yamaha gefahren. Wir haben uns viel über die Bikes unterhalten», schildert Loris Capirossi. «Er war immer guter Laune. Auch wenn die Resultate mal nicht gut waren, Norick hat immer gelächelt. Er war ein glücklicher Mensch.»

Auch wenn er Wildcard-Einsatz und das 500-ccm-WM-Debüt 1994 in Suzuka durch einen Sturz endete, Abe hatte sich bereits in wenigen Runden einen Namen gemacht.

Er durfte dann 1994 noch zwei 500-ccm-Rennen im Marlboro Team Roberts fahren. Dort blieb er auch 1995, 1996 und 1997, ehe er ins Team Rainey Yamaha wechselte, weil Roberts die Bande mit Yamaha und Marlboro zerschnitt und seine 500-ccm-Dreizylinder-Modenas baute.

Abe diente danach noch im Antena-3-Yamaha-Team von Luis d’Antin – in den Jahren 2000, 2001 und 2002. Mit der 990-ccm-Viertakt-Maschine kam er nie so gut zurecht wie mit dem giftigen Zweitakter. Im Jahr 2003 verdiente der Japaner bei Fortuna Yamaha noch sein Gnadenbrot, 2004 bei Gauloises-Yamaha. 2005 und 2006 trat Norick Abe in der Superbike-WM für Yamaha Motor France an, er kam jedoch über zwei 13. WM-Gesamtränge nicht hinaus.

Norick Abe holte übrigens den entgangenen Suzuka-500-ccm-GP-Sieg 1996 auf der Yamaha nach: Er siegte vor Alex Crivillé (Honda) und Scott Russell (Suzuki). Abe gewann zwei weitere 500-ccm-WM-Rennen – 1999 in Rio und 2000 in Japan. Er eroberte insgesamt 17 Halbliter-GP-Podestplätze – dreimal als Sieger, viermal als Zweiter, zehnmal als Dritter.

«Es war immer spannend, gegen Norick zu fighten», räumt Kenny Roberts junior ein, der Weltmeister von 2000. «Er hat immer 100 Prozent gegeben und war dabei immer vollkommen fair. Es hat Freude gemacht, gegen ihn um die Wette zu fahren.»

«Ich kann mich glücklich schätzen, später noch Rennen gegen Norick bestritten zu haben», sagt Rossi. «Wir haben uns mehrmals bekämpft. in Jerez haben wir 2001 um den Sieg gekämpft. Ich habe knapp gewonnen... Ich habe viele einmalige Erinnerungen an Norick. Ich muss ihm ‚Dankeschön’ sagen, denn er hat viel zu meiner Begeisterung und Motivation beigetragen.»

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