Yamaha-Star Valentino Rossi: «Man spürt die 40 Jahre»
Valentino Rossi mit Freundin Francesca Sofia Novello im Paddock von Doha
Valentino Rossi gilt als Evergreen der Motorrad-Weltmeisterschaft. Im April 1996 hat er in Suzuka/Japan debütiert. Er bestreitet seine 24. GP-Saison. Er hat etliche Generationen von Fahrern überlebt, er kämpfte und kämpft gegen Capirossis, Biaggi, Gibernau, Stoner, Lorenzo und Márquez, jetzt sogar gegen 20-jährige wie Fabio Quartararo und seine eigenen VR46-Academy Schützlinge Pecco Bagnaia und Franco Morbidelli. «Das war so nicht geplant, aber jetzt kann ich es nicht mehr ändern», sagt der Yamaha-Star, der in 23 Jahren nur dreimal keinen GP-Siege errungen hat: 2011 und 2012 bei Ducati, 2018 bei Yamaha. 115 GP-Siege hat Rossi in seiner Karriere bisher gefeiert, dazu neun WM-Titel, den letzten 2009.
«Verdammt. Ich bin 40 Jahre alt», seufzt und lacht der MotoGP-Dauerbrenner. «Ich bin verzweifelt. Aber der 40. Geburtstag ist ein wichtiger Meilenstein. Wenn ich Glück habe, bin ich bei der Halbzeit meines Lebens angelangt. Du spürst die 40 Jahre, denn das ist ein besonderes Alter, du musst also ordentlich feiern. Aber in Wirklichkeit macht es keinen großen Unterschied, ob du 36 oder 40 bist. Wenn du 36 mit 25 vergleichst, ist das eine große Sache. Aber vom 36. zum 40. Geburtstag ändert sich nicht viel.»
«Vom mentalen Gesichtspunkt ist 40 sogar besser», ist Valentino überzeugt. «Ich fühle mich besser. Ich bin überzeugter von mir selbst, selbstbewusster, ich habe weniger Probleme. Aber körperlich ist es auf jeden Fall anspruchsvoller, besonders wenn du Sportler bist. Wenn du ein normales Leben führst, spielt es keine große Rolle, ob du 40 oder 30 bist. Aber wenn du Motorradrennen bestreitest und auf einem hohen Level Sport treibst, ist es beschwerlicher. Du musst mehr trainieren, du musst dich mehr anstrengen, du musst mehr Arbeit und mehr Zeit investieren.»
«Ich habe mich 2017 von meinen Verletzungen vom Enduro-Fahren sehr gut erholt. Verglichen mit ähnlichen Verletzungen von 2010 dauerte die Genesung nicht viel länger. Aber ich denke, das hängt sehr stark von der Art der Verletzung ab», erinnert sich der «Dottore». «Und 2017 war es nicht so schlimm wie vorher, weil es kein offener Bruch war. Die Genesungszeit könnte heute einen deutlichen Unterschied zu früher ausmachen. Wenn du trainierst – oder wenn du ausgehst – ist der nächste Tag mühsamer. Du brauchst mehr Zeit für die Regeneration.»
Dass er auch mit 40 noch in der MotoGP-WM mitmischen würde, hätte Rossi selbst nicht erwartet: «Wenn ich 16 Jahre alt war und mein erstes Rennen gewonnen habe, hätte ich nie geglaubt, dass ich mit 40 immer noch Rennen fahren würde. Ich habe aber auch nie gedacht, dass ich es nicht tun würde. Ich habe einfach nie darüber nachgedacht. Jetzt erreicht keiner in der GP-Weltmeisterschaft 40 Jahre, aber in Zukunft werden es andere Fahrer machen. Ich habe einige Tests gemacht für die anderen, solange du motiviert bis, kannst du weitermachen.»
Immer wieder betonte der neunfache Weltmeister, dass der schönste Moment seiner Karriere der Sieg in Welkom 2004 war, als er erstmals auf der Yamaha gewann – und sich am Ende der Saison seine sechste WM-Krone sicherte. «Ich würde aber auch den Titelgewinn 2008, als ich auf Bridgestone gewechselt hatte, auf dieses Level stellen», fügte der Superstar hinzu. «Vielleicht ist es nicht genau das gleiche, aber für mich war es eine großartige Sache, nach zwei Jahren ohne Titel. Die Leute hatten schon angefangen zu sagen: 'Ach, du bist alt, du hast schon fünf Titel, jetzt ist es so'. Ihnen zeigen zu können, dass das nicht stimmte, war eine großartige Emotion. Und auch 2001, die letzte 500er-Weltmeisterschaft, weil es die letzte Chance war.»
«Seit mehr als 10 Jahren sagen mir Leute, dass meine Zeit vorbei ist. Es ist passiert, als ich 30 war und ging seitdem weiter», so der Yamaha-Star. Von der Kritik lässt sich der 40-Jährige aber nicht aus der Ruhe bringen: «Es ist lustig, weil die Leute immer dann, wenn ich ein schlechtes Rennen fahre, sagen: 'Er ist alt, er muss aufhören.' Verdammt, ihnen reichen ein oder zwei Rennen, um das zu sagen, aber so ist einfach die Welt, in der wir leben.»
Rossi rückblickend: «Insgesamt bin ich sehr glücklich mit meiner Karriere, aber 2006 und vor allem 2015, die zwei verlorenen Weltmeisterschaften, sind keine guten Erinnerungen. Wenn ich daran denke, sage ich immer noch: 'Verdammt!'. Weil ich die Chance hatte, schon zehn Titel zu sammeln. Ich glaube, ich verdiene zehn, weil ich neun Mal Weltmeister aber auch sehr oft Zweiter war, öfter als jeder andere. Ich war 15 Mal in den Top-2, ich verdiene mir zehn Titel! Vor allem 2015 ist eine schlechte Erinnerung, wie es am Ende lieft. Aber es ist normal, in einer langen Karriere einige schlechte Momente zu haben.»
In seiner langen Karriere wurde «Vale» insgesamt sechs Mal Vizeweltmeister. 2006 musste er sich knapp Nicky Hayden geschlagen geben, 2015 verlor er den Titel an Jorge Lorenzo.
«Es ist interessant, darüber nachzudenken, was hätte sein können. Ich hätte zum Beispiel mehr gewinnen können, wenn ich bei Honda geblieben wäre, mehr Rennen und mehr Weltmeisterschaften. Aber der Wechsel zu Yamaha war am Ende die bedeutendste Leistung meiner Karriere, das, was ich mehr als alles andere liebe. Ich habe etwas anderes versucht, es war eine neue Herausforderung und am Ende bin ich sehr stolz, diese Entscheidung getroffen zu haben, auch wenn ich weniger gewonnen habe», zog er Bilanz.
Seit 1996 traf Rossi auf viele große Rivalen: «Capirossi, Biaggi, Gibernau, Lorenzo, Stoner, Márquez – sie haben mich besser gemacht. Wenn du gegen jemanden kämpfst, dann lernst du immer und du versuchst immer, dich zu verbessern. Vor allem die zweite Generation – Lorenzo, Stoner und Márquez – sie haben mich zu einem stärkeren Fahrer gemacht. Ich habe zwei Karrieren gelebt, die eine ist das Gegenteil der anderen: Bis 2010 haben die anderen von mir gelernt, ab 2013, nach den Ducati-Jahren, habe ich viel von den anderen gelernt.»
Zu Biaggi, mit dem es zwischen 2000 und 2006 zahllose Auseinandersetzungen gab, meinte Rossi: «Zu Biaggi habe ich jetzt eigentlich keine Beziehung. Aber das rührt daher, weil ich schon früher kein Verhältnis zu ihm hatte. Manchmal sehe ich ihn, aber es fällt mir schwer, zu ihm hinzugehen und zu sagen: 'Hallo Max!' Wir hatten gemeinsam einige große Momente, aber wir werden nie Freunde werden.»
Nicht nur mit seinem Landsmann ging es heiß her: «Mit Gibernau gab es einen schwierigen Moment, aber jetzt ist es besser, wie jetzt mit Lorenzo. Bei Stoner ist es so, dass ich ihn einfach kaum sehe. Mit Márquez ist es schwierig: Es hängt sehr stark davon ab, was auf der Strecke passiert – und nachdem, was zwischen mir und Márquez passiert ist, glaube ich, dass es unmöglich ist, das wieder hinzubekommen.»