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Lin Jarvis zu Quartararo: «Bodenständig und schnell»

Von Günther Wiesinger
Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing, ist begeistert von Fabio Quartararo, der im Petronas-Kundenteam sein Talent unter Beweis stellt. «Er ist ein wirklich guter Bursche», sagt er über den Franzosen.

Wie mit Jonas Folger und Johann Zarco hat Yamaha auch 2019 im neuen Petronas-Kundenteam einen glückliche Hand mit den Nachwuchspiloten Fabio Quartararo und Franco Morbidelli bewiesen, die in der WM-Tabelle an achter und elfter Position liegen. Dabei hat Wilco Zeelenberg beim Las Termas-GP im April verraten, man habe Neuling Fabio Quartararo den ganzen Winter hindurch darauf vorbereitet, sich im ersten MotoGP-Jahr mit den letzten Plätzen im Feld anzufreunden. «Ja, Fabio hat die Stallorder nicht befolgt», schmunzelt der begeisterte Lin Jarvis, Managing Director von Yamaha Motor Racing. 

Dabei musste Petronas-Yamaha vor einem Jahr einige Kritik einstecken, weil Quartararo als unbeschriebenes Blatt engagiert wurde statt eines Routiniers wie Lorenzo, Pedrosa oder Bradley Smith. Der Brite ärgerte sich damals nach der Nichtberücksichtigung: «Alle Teams suchen den neuen Marc Márquez. Aber es gibt keinen neuen Márquez.»   

Aber das Risiko mit dem 20-jährigen Franzosen hat sich bezahlt gemacht. Er hat schon drei Pole-Positions erzielt und zwei Podestplätze in Barcelona und Assen, wo er Zweiter und Dritter wurde.

Auch Superstar Rossi hat in diesem Jahr erst zwei Podestplätze eingesammelt – er war Zweiter in Las Termas und Austin.

Was dachte Lin Jarvis, als im Juni 2018 Quartararo für Petronas auserwählt wurde? «Es war ein Risiko, definitiv. Aber warum nicht? Das war ein brandneues Team, wir hatten keine extrem hohen Erwartungen. Wir dachten, das Team wird Zeit fürs Lernen beanspruchen. Gut, es ist Wilco Zeelenberg dorthin gewechselt. Sie haben Ramon Forcada als Crew-Chief von Maverick Viñales engagiert, er arbeitet für Morbidelli. Sie haben viele Techniker des ehemaligen Marc VDS-Team übernommen. Das SIC-Team aus Malaysia hatte von Beginn an viele erfahrene Leute an Bord. Wir dachten, in Theorie kann das ein sehr gutes Team werden, aber es wird einige Zeit beanspruchen. Fabio als Fahrer zu engagieren, war eine sehr gute Entscheidung. Klar, man hätte einen weiteren Spanier oder Italiener nehmen können. Aber ein junger Franzose ist auch eine Belebung für die Meisterschaft.»

Jarvis weiter: «Dieser französische Junge ist sehr jung. Er war nicht teuer... Das spielt bei einem neuen Team auch eine große Rolle. Und er hat ja in den kleinen Klassen oft vielversprechende Leistungen gezeigt. Vor vier oder fünf Jahren war er in der Moto3 ziemlich sensationell. Dann hörte man von schlechtem Management. Man hörte seltsame Geschichten, man sagte, er sei der neue Ayrton Senna in Kombination mit Valentino Rossi. Dieser Tonfall aus seinem Umfeld war seiner Karriere eine Weile lang abträglich.»

Und mit erfolgsverwöhnten Teamchefs wie Emilio Alzamora in der Moto3 und Sito Pons in der Moto2 hatte «Il Diablo» Quartararo wenig Zeit, um sich an die Situation in der WM zu gewöhnen, die für ihn mit 15 Jahren begann.

«Fabio hat für seinen Start in der Weltmeisterschaft keinen leichten Pfad gewählt», ist Jarvis überzeugt. «Aber es war unbestritten, dass der Junge viel Talent hatte. Trotzdem wussten wir vor einem Jahr nicht, was wir von ihm erwarten durften. Würde er fähig sein, eine M1 zu fahren? Wir beantworteten diese Frage mit Ja. Deshalb haben wir eingewilligt, als er vom SIC-Team vorgeschlagen wurde. Es ist ein Risiko, aber er ist sicher talentiert. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Wir hatten wenig Zweifel. Deshalb haben wir ihm auch einen fixen Zwei-Jahres-Vertrag gegeben.»

Auffallend: Jarvis spricht nur vom SIC-Team, also vom Sepang International Circuit Team, denn das Yamaha-Werksteam wird von Yamalube gesponsert. Deshalb will er nicht gern für eine andere Mineralölfirma wie Petronas Werbung machen.

Yamaha-Rennchef Jarvis hat auch befürwortet, dass sich Quartararo nach dem etwas enttäuschenden zehnten Platz in Mugello zu einer «arm pump»-Operation entschlossen hat. «Dieser Entschluss war ein Zeichen seiner Entschlossenheit. Er hat unmittelbar nach diesem Eingriff seine besten Rennergebnisse erzielt. Das zeigt seine Fähigkeiten. Denn nach dem Rennen in Assen war der Unterarm stark geschwollen. Trotzdem hat er diese Performance zustande gebracht.»

Lin Jarvis hat 2008 erlebt, wie Neuling Jorge Lorenzo im Yamaha-Werksteam im ersten Jahr drei Pole-Positions eroberte. Und er bewunderte Johann Zarco, als er in zwei Jahren mit der Tech3-Yamaha sechs Podestplätze eroberte und zweimal WM-Sechster wurde.

Kann Quartararo der neue Lorenzo werden? Oder kann er sogar in die Fußstapfen von Marc Márquez treten?

«Das könnte sein», grübelt Lin Jarvis. «Aber bisher stand er nicht wesentlich unter Druck. Aber ich mache mir keine Sorgen, denn er ist ein wirklich gute Bursche, er ist normal, geradeheraus, unkompliziert, höflich, wirklich höflich, nett. Ein guter Kerl. Und dazu ein außergewöhnlich schneller Rennfahrer. Natürlich wird der Druck auf ihn wachsen, wenn die Erwartungen steigen. Der Druck kann die Menschen und ihr Umfeld verändern. Aber bisher wirkt Fabio sehr bodenständig, normal. Ein guter Charakter.»

MotoGP Ergebnis, Sachsenring

1. Márquez. 2. Viñales. 3. Crutchlow. 4. Petrucci. 5. Dovizioso. 6. Miller. 7. Mir. 8. Rossi. 9. Morbidelli. 10. Bradl. 11. Rabat. 12. Pol Espargaró. 13. Iannone. 14. Nakagami. 15. Abraham. 16. Syahrin. 17. Bagnaia. 18. Oliveira.

WM-Stand nach 9 von 19 Rennen

1. Márquez 185. 2. Dovizioso 127. 3. Petrucci 121. 4. Rins 101. 5. Viñales 85. 6. Rossi 80. 7. Miller 70. 8. Quartararo 67. 9. Crutchlow 67. 10. Pol Espargaró 56.

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