Das Regen-Trauma von Silverstone und andere Extreme
Nur mit vier Rädern konnte man in Silverstone 2018 fahren
Wenn das Wetter nicht so will, wie man es vorstellt, spricht man in Großbritannien gerne man vom Michael-Fish-Effekt. Michael Fish war ein bekannter TV-Wetter-Experte und verkündete gut 30 Jahre lang die Prognosen. 1987 zog ein heftiger Sturm auf, doch Fish beruhigte seine Landsleute und sagte, dieser Sturm würde das Vereinigte Königreich allenfalls streifen. Doch in der Nacht wurde das südliche England vom schlimmsten Hurrikan heimgesucht, den es jemals in dieser Region gab. Dieses Ereignis hat sich ins kollektive Gedächtnis der Briten eingebrannt.
Beim Silverstone-GP 2018 war es ähnlich: Besonders die angereisten und sonnenverwöhnten Südeuropäern, die sich besorgt über Regenwahrscheinlichkeiten erkundigten, wurden mit dem Argument beschwichtigt, dass das Wetter in Assen, auf dem Sachsenring, in Le Mans und sogar in Katar auch durchaus regnerisch sein kann. Als dann am Sonntag Sturm und dauerhafte Regenfälle in Verbiundung mit der mangelhaften Drainage des neuen Asphalts zur Absage des kompletten Renntages führten, verstummten auch die Stimmen der wetterfesten Briten.
Zur Erinnerung: Die Drainage der neuen Asphaltdecke war unzureichend, in Folge bildete sich auf der Traditionsrennstrecke eine Seenlandschaft. Eine Durchführung der Rennen war unmöglich, was zur Absage führte – zum ersten Mal in der 69-jährigen Geschichte der Motorrad-WM!
Die durchnässten und frustrierten Italiener und Spanier fühlten sich bestätigt. Das Wetter hatte gewonnen.
Langjährige Beobachter erinnern sich aber noch an weitere Wetterextreme, die zu Verzögerungen, Absagen, Verschiebungen oder Änderungen der Rennen führten:
In Katar 2009 weigerten sich die MotoGP-Piloten wegen Dauerregens aus Sicherheitsgründen zu fahren. Das Rennen wurde am Montag nachgeholt. Ein Jahr zuvor sorgte ein Sturm für die Absage des 250-ccm-Rennens in Indianapolis 2008 – es war das erste Meeting der Motorrad-WM auf der Rennstrecke im US-Bundesstaat Indiana.
1982 boykottierten Stars wie Angel Nieto, Barry Sheene, Kenny Roberts und Eddie Lawson den Nogaro-GP in Frankreich. Die Rennstrecke galt schon seit Jahren als veraltet und unsicher. Das 500-ccm-Rennen gewann in Abwesenheit der Top-Piloten der Schweizer Michel Frutschi.
Auch in Spa-Francorchamps 1979 streikten die besten Piloten, weil der neue Asphalt keinen Grip hatte. Weitere Boykotts gab es in Misano 1989, auf dem Salzburgring 1977 und auf dem Nürburgring 1972, als noch auf der gefährlichen Nordschleife gefahren wurde.
Auf dem Nürburgring im April 1972 mussten am Samstag Schneeräumfahrzeuge ausrücken. Danach wurde das Rennen in den August verlegt. Der Nürburgring-GP 1972 war ein besonderes Desaster. Zu wenig Strohballen, Eis und Schnee im Training, die Topfahrer streikten, nur die deutschen Teilnehmer traten am Sonntag an. Dieter Braun und der mit deutscher Lizenz fahrende Australier John Dodds wurden vom deutschen Verband (damals noch OSK) wegen des Streiks für den nächsten WM-Lauf in Imola gesperrt.