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Jorge Lorenzo (Honda): Er bleibt ein Wackelkandidat

Von Günther Wiesinger
Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo

Repsol-Honda-Werkspilot Jorge Lorenzo ist neugierig auf die 2020-Werksmaschine von Honda. Aber bisher steht nicht fest, ob er sie fahren wird.

Auf dem Papier sind die MotoGP-Rennställe für die Saison 2020 alle besetzt. Die letzte Personalien passierten, als Red Bull KTM den Südafrikaner Brad Binder von Tech3 ins Factory-Team neben Pol Espargaró transferierte und Iker Lecuona vom Red Bull Ajo-Moto2-Team an die Seite von Miguel Oliveira in die MotoGP-Klasse beförderte.

Aber trotzdem herrscht weiter Aufruhr auf dem Transfermarkt. Denn die Zukunft von Jorge Lorenzo bei Repsol-Honda ist weiter offen. Er hat nach der schweren Verletzung von Assen (sechster Brustwirbel gebrochen, achter Brustwirbel angerissen) in sieben Grand Prix nur sechs Punkte für drei 14. Platz gesammelt und teilweise 55 Sekunden auf den Sieger verloren. Damit hat er sich zum Gespött für manche Kollegen gemacht.

Auch Weltmeister Marc Márquez macht kein Geheimnis daraus, dass er sich einen Teamkollegen wünscht, der ihn beim Gewinn der Team-WM und Marken-WM tatkräftig unterstützt. Mit Siegen oder zumindest Podestplätzen. In diesem Jahr muss Marc diese Triple-Crown (die Fahrer-WM gehört dazu) im Alleingang gewinnen.

Lorenzo hat bisher nicht einmal einen Top-Ten-Platz beigesteuert.

Seit Monaten gibt Lorenzo Durchhalteparolen von sich. Aber seine Performance ist seit dem Comeback in Silverstone nicht besser geworden. In Sepang startetet er vom 18. und drittletzten Startplatz. In der ersten Rennrunde verlor er in Malaysia nicht weniger als 4,1 Sekunden. Am Schluss waren es 34,2 Sekunden. Da fährt die Angst mit. So ein Auftrritt kommt bei einem Repsol-Honda-Werksfahrer einer fahrerischen Bankrotterklärung gleich.

«Natürlich macht das Rennfahren mehr Spaß, wenn man gewinnt, wie es bei mir bei Yamaha und Ducati der Fall war», räumte Jorge in vor rund zwei Monaten beim Aragón-GP ein.

Jorge gab auch zu: «Nur dreimal habe ich mich auf dem 2019-Werksmotorrad wirklich wohl gefühlt, In den ersten Rennrunden in Catalunya, in den ersten Rennrunden in Katar und dazu im FP3 in Le Mans.»

Der 32-jährige Mallorquiner gab auch zu: «Ich hatte im November mit dem 2018-Bikle ein besseres Gefühl für das Vorderrad, was für meinen Fahrstil sehr entscheidend ist.»

Tatsächlich beendete Lorenzo den Jerez-Test Ende November auf dem fünften Gesamtrang.

Doch Lorenzo will den Vertrag nicht von sich aus auflösen, denn in diesem Fall müsste er auf die Jahresgage verzichten, die bei 3 bis 4 Millionen Euro liegt.

Unterdessen rauchen bei HRC die Köpfe. Soll man Lorenzo eine Abfindung anbieten? Wer kann ihn ersetzen? Crutchlow? Zarco? Testfahrer Bradl?

Eine völlig hinreissende Glanzlösung ist bei diesen Alternativen nicht dabei. Denn 2014 zeigte sich bei Cal Crutchlow in seinem Jahr als Ducati-Werksfahrer: Er ist wegen seiner Gesprächigkeit nicht die Idealbesetzung für ein seriöses Werksteam. Er macht aus seinem Herz keine Mördergrube und hat die Diplomatie nicht mit dem Löffel gefressen.

Unbestritten hingegen: Cal ist als dreifacher MotoGP-Sieger mit total 19 MotoGP-Podestplätzen der schnellste der drei Kandidaten.

Johann Zarco hat zwar bei Tech3-Yamaha einige Glanztaten vollbracht (sechs Podestplätze, 2016 und 2017 WM-Sechster), aber bei KTM ist er 2019 wuchtig gescheitert; bei LCR-Honda fuhr er bisher auf dem Niveau von Takaaki Nakagami. Am Crash in Sepang beim Fight um Platz 8 gegen Joan Mir war er nicht unschuldig.

Lorenzo: Bleibt er? Geht er?

Jetzt hofft Jorge Lorenzo auf ein 2020-Motorrad, dass seiner Fahrweise besser entgegenkommt. Aber bei HRC ist zu hören: Vielleicht wird Lorenzo für den Valencia-Test gar nicht mehr aufgeboten.

Eines ist klar: Die 1,5 oder 2 Sekunden, die Lorenzo in diesem Jahr meist auf den besten Honda-Fahrer verloren hat, wird die nächstjährige Werks-RC213V nicht besser sein.

Lorenzo haderte zuletzt oft mit der Kritik, die ihm entgegen prallt. Er spürt, dass alle seine bisherigen Leistungen (5 WM-Titel, 68 GP-Siege, davon 47 in der MotoGP) momentan nicht mehr zählen.

Es ist ein alter Hut. Als Rennfahrer bist du nur so gut wie dein Ergebnis von gestern.

Lorenzo hat bei Ducati in zwei Jahren 25 Millionen Euro verdient.
In solchen Gagen ist das entsprechende Schmerzensgeld für schmachvolle Kritiken inkludiert.

Der Repsol-Honda-Werkspilot nahm zuletzt manchmal Fortschritte wahr, die mit freiem Auge nicht zu erkennen waren.

Jorge hob in Sepang hervor, er sei nach der schwierigen Anfangsphase des Rennens nur 0,7 sec langsamer als die Spitze gefahren. Aber seine schnellste Rennrunde war 1,699 sec langsamer als jene des 40-jährigen Rossi. Nur Hafizh Syahrin auf der Tech3-KTM war im Rennen langsamer als die Nummer 99.

Im Laufe des November wird sich herausstellen, ob HRC noch ein weiteres Jahr auf Lorenzo setzt – oder ob Crutchlow oder Zarco seinen Platz bekommen.

Viele deutsche Fans würden sich über einen Stammfahrerplatz von Stefan Bradl bei Repsol-Honda oder LCR freuen.

Aber vorläufig sieht es eher nach einer weiteren Testfahrer-Saison inklusive zwei bis drei Wildcards und der Teilnahme am Suzuka-8h-WM-Lauf aus.

MotoGP-WM-Stand nach 18 von 19 Rennen:

1. Marc Márquez 395 (Weltmeister). 2. Dovizioso 256. 3. Viñales 201. 4. Rins 194. 5. Petrucci 176. 6. Quartararo 172. 7. Rossi 166. 8. Miller 149. 9. Crutchlow 133. 10. Morbidelli 115. 11. Pol Espargaró 94. 12. Mir 83. 13. Nakagami 74. 14. Aleix Espargaró 56. 15. Bagnaia 54. 16. Iannone 43. 17. Oliveira 33. 18. Zarco 30. 19. Lorenzo 25. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Syahrin 8. 24. Guintoli 7. 25. Abraham 7. 26. Kallio 3.

Konstrukteurs-WM nach 18 von 19 Rennen

1. Honda 401. 2. Ducati 302. 3. Yamaha 301. 4. Suzuki 223. 5. KTM 105. 6. Aprilia 81.

Team-WM nach 18 von 19 Rennen

1. Ducati Team 432. 2. Repsol Honda Team 430. 3. Monster Energy Yamaha 367. 4. Petronas Yamaha SRT 287. 5. Team Suzuki Ecstar 281. 6. LCR Honda 210. 7. Pramac Racing 203. 8. Red Bull KTM Factory Racing 124. 9. Aprilia Racing Team Gresini 99. 10. Red Bull KTM Tech3 41. 11. Reale Avintia Racing 25.

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