Bend Motorsport Park: Konkurrenz für Phillip Island
2021 soll der Motorrad-GP-Kalender umgekrempelt werden, weil mit dem Australien-GP in Phillip Island Ende Oktober (also im wechselhaften australischen Frühjahr) ein zu großes Wetter-Risiko verbunden ist. Australien könnte also 2021 wie schon von 1993 bis 1995 (damals in Eastern Creek bei Sydney) den MotoGP-Saisonauftakt bilden.
Die Dorna hofft auf Verständnis des Promoters, der Australian Grand Prix Corporation (AGPC) und deren CEO Andrew Westacott. Er veranstaltet auch den Formel-1-GP im Albert Park von Melbourne. Die AGPC besitzt einen Vertrag für die Austragung des Motorrad-GP von Australien bis inklusive 2026.
Aber neben der umstrittenen Austragungstermin im Oktober ist auch die nicht mehr zeitgemäße Infrastruktur auf Phillip Island mit den viel zu kleinen Boxen, den Teamparkplätzen auf unbefestigten Wiesen und die Paddock-Zufahrten auf Schotterstraßen immer wieder ein Anlass für Diskussionen.
Trotzdem gibt es für den Schauplatz des Australien-GP vorläufig keine echte Alternative zu Phillip Island. Aber der langfristige Vertrag mit der Dorna ist natürlich nur gültig, wenn die Grade-A-Homologation der FIM bis dahin verlängert wird. Und die Homologation wird seit einem Jahr immer nur noch für den kommenden Event ausgestellt – eine Lehre aus dem Silverstone-Debakel 2018.
Der GP-Tross hat Phillip Island in der Dorna-Ära schon einmal den Rücken gekehrt – er ist von 1992 bis 1996 fünf Jahre lang in Eastern Creek bei Sydney aufgetreten.
Dorna veranstaltet Asian Talent Cup in «The Bend»
Es ist kein Geheimnis: Vor dem Phillip-Island-GP 2019 haben Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta und Sohn Carlos (er agiert als Sportdirektor) in Adelaide Station gemacht und dort die neue Rennstrecke «The Bend Motorsport Park» inspiziert, denn dort wird von 8. bis 10. Mai 2020 ein Event des Idemitsu Asian Talent Cups durchgeführt.
Damit tritt die attraktive neue Anlage «The Bend» ins internationale Rampenlicht. Schon am 10./11./12. Januar wird dort ein Lauf zur automobilen Asian Le Mans Series ausgetragen.
Mit dem ehemaligen Straßenkurs in Adelaide, auf dem von 1985 bis 1995 der australische Formel-1-GP stattfand, hat «The Bend» nichts zu tun. 1986 und 1994 wurde auf dem Straßenkurs in der Stadt die F1-Weltmeisterschaft entschieden. Damals bestand der Circuit zum überwiegenden Teil aus normalen Verkehrsstraßen. Die Zuschauertribünen wurden für die Veranstaltung temporär aufgebaut – wie auch beim Sachsenring-GP. Nur der letzte und erste Streckenabschnitt vor der Start- und Zielgeraden, die sich innerhalb der Victoria Park-Pferderennbahn befanden, wurden von Beginn an als permanente Rennstrecke ausgelegt. Der F1-Circuit erstreckte sich über 3,780 km und beinhaltete 16 Kurven.
Die neue Arena «The Bend Motorsport Park» ist von Adelaide aus bequem zu erreichen. Man fährt auf dem South Eastern Freeway und verlässt den 543 Dukey Highway an der OTR-Ausfahrt.
Die «The Bend»-Streckenbetreiber und die Regierung von New South Wales planen langfristig. Sie wollen möglichste viele attraktive Rennserien nach Adelaide holen und wieder ins große internationale Geschäft zurückkehren. Die Piste bietet acht unterschiedliche Konfigurationen. Die längste Version nennt sich «GT Circuit» und ist 7,7 km lang. Der «International Circuit» weist eine Höhendifferenz von 85 Metern auf und erstreckt sich über eine Länge von 4,95 km. Er hat schon Rennen der australischen V8-Supercars und zur australischen Superbike-Meisterschaft erlebt. Die Homologation für FIA Grade 2 ist vorhanden. Vom Motorradweltverband FIM existiert sogar eine Homologation nach «Category A Standard».
«Die Vision der Verantwortlichen von ‘The Bend Motorsport Park‘ ist es, ein Weltklasse-Standort zu sein und Events von internationalem Standard zu beherbergen», betont Sam Shahin, Managing Director von ‚The Bend‘. «Mit dem Idemitsu Asian Talent Cup organisieren wir 2020 eine aufregende Motorrad-Rennserie. Unsere Strecke wird die Fahrer vor Herausforderungen stellen.»
Shahin rollt der Dorna bereits den roten Teppich für attraktivere Meisterschaften (wie SBK und MotoGP) aus. «Wir freuen uns gemeinsam mit der Dorna, der erstklassigen Organisation hinter dem Asian Talent Cup», stellte der CEO fest.
Dorna-Chef Carmelo Ezpeleta mag nichts lieber, als möglichst viele konkurrenzierende Rennstreckenbetreiber mit spektakulären Circuits im selben Land, denn dadurch können höhere Austragungsgebühren kassiert werden.
Die Australian Grand Prix Corporation (AGPC) muss auf der Hut sein. Sie wird nach vielen Jahren des Trotzes nachgeben und der Dorna einen MotoGP-Termin im Februar 2021 zubilligen müssen. Denn im Oktober ist das Wetter seit Jahren zu unbeständig.
Bisher wolllte die AGPC keinen MotoGP-Termin am Jahresanfang, weil der Formel-1-GP im März Vorrang hat.
Aber nur bei einer MotoGP-Terminverschiebung auf Februar besteht die Aussicht, dass Phillip Island bis 2026 oder sogar darüber hinaus Schauplatz des Australien-GP bleibt.
Die AGPC darf sich nicht zu sicher fühlen. Denn der langfristige Vertrag ist das eine – und die Grade-A-Homologation der FIM ist das andere. Sie wird seit dem Silverstone-Desaster von 2018 nur noch für jeweils die kommende Saison ausgestellt.
Zur Homologation gehören auch gewisse Mindestanforderungen bei der Infrastruktur – Anzahl und Qualität der Parkplätze für die Teams, Größe und Anzahl der Boxen, sanitäre Einrichtungen, Zufahrtsstraßen und so weiter.
In dieser Hinsicht kann Phillip Island seit vielen Jahren mit den modernen Strecken wie Austin, Buriram, Spielberg, Assen, Catalunya, Sepang und so weiter schon lange nicht mehr mithalten. Selbst auf dem Sachsenring und in Brünn wurde mehr investiert.