Johann Zarco: «Lieber gar nichts als weiter mit KTM»
Johann Zarco kam bei KTM auf keinen grünen Zweig
Johann Zarco erkannte schon an den ersten zwei Testtagen in Valencia im November 2018, dass sein Transfer von Tech3-Yamaha zu Red Bull KTM scheitern würde. Nach zwei Stürzen erklärte er ohne Umschweife: «Wir sind viel weiter weg als befürchtet. Mein erstes Fazit fällt gemischt aus. Es ist zwar schön, das ganze KTM-Werk hinter mir zu haben. Ich sehe Potenzial, hier etwas Großes zu schaffen. Aber diese Freude wird durch meine Rundenzeit beeinträchtigt, die nicht einfach gekommen ist. Wir mussten einige Dinge am Motorrad ändern, um eine vernünftige Basis zu finden. Das ist normal, wenn man von einem Motorrad mit ganz anderer Philosophie kommt.»
Doch Zarco kam mit der RC16 im Vorjahr nie wirklich zurecht. Mit der Tech3-Yamaha war er 2017 und 2018 zweimal WM-Sechster geworden, er hatte vier Pole-Positions erobert und sechs Podestplätze. Im Mai 2018 kämpfte er sogar um die WM-Führung, ehe er nach dem Le-Mans-GP in ein Tief schlitterte.
Zarco fühlte sich am Kurveneingang mit der KTM nie wohl. «Das brauche ich aber bei meinem Fahrstil, der auf hohem Kurvenspeed beruht, um richtig schnell zu sein. Da lag leider der Schwachpunkt des KTM-Motorrads», erläuterte Zarco im Vorjahr immer wieder.
Die KTM unterscheidet sich in vielen Punkten von der ausgereiften M1-Yamaha: V4-Motor statt Reihen-Vierzylinder, Stahlrahmen statt Alu-Chassis, WP Suspension statt Öhlins-Federung.
Der Rest ist Geschichte: Zarco schaffte nur einen Top-Ten-Rang auf der KTM, er stand dauernd im Schatten von Pol Espargaró und oft auch von Rookie Miguel Oliveira. Der Franzose kündigte seinen KTM-Vertrag für 2020 bereits im August in Spielberg. Nach weiteren negativen Bemerkungen beurlaubte ihn KTM nach dem Misano-GP.
In einem Interview mit dem italienischen Wochenmagazin «motosprint» räumt Zarco jetzt ein, er habe beim Transfer zu Red Bull KTM zu stark auf seinen damaligen Manager Laurent Fellon vertraut. Er spricht von einer überhasteten Entscheidung. Denn er hat den KTM-Vertrag bereits im Winter 2017/2018 unterschrieben, bevor er mit einem ersten und einem zweiten Platz bei den Tests in Buriram und Doha glänzte und dadurch auch bei Repsol-Honda für 2019 auf den Radarschirm kam.
«Ich bereue nichts. Aber ich muss hinzufügen, dass die Unterschrift bei KTM nicht komplett meine eigene Wahl war», sagt Zarco. «Mein ehemaliger Manager unterstützte diesen Transfer vehement. Ich vertraute ihm stark. Und vielleicht hat dieses übertriebene Vertrauen zu einer voreiligen Entscheidung geführt.»
Schon bei der Verlautbarung des KTM-Deals am Donnerstag beim Jerez-GP 2018 wirkte Zarco nicht restlos glücklich. Er ahnte längst, dass er bei Honda ein konkurrenzfähigeres Motorrad bekommen hätte.
Zarco kündigte den KTM-Vertrag für 2020, ohne ein konkretes Angebot für die kommende Saison zu haben. Aber er sagt, es sei ihm lieber gewesen, nichts zu haben, als noch eine weitere Saison mit KTM erleben zu müssen.
«Ich hatte einen Zwei-Jahres-Vertrag. Aber wenn ich die Ergebnisse betrachtete, konnte ich nicht in diesem Stil weitermachen», sagt der zweifache Moto2-Weltmeister. «Ich hatte Angst, alles zu verlieren. Ich zog es vor, ein Risiko einzugehen und womöglich gar kein Motorrad mehr fahren zu können… Ich wollte nach neuen Wegen Ausschau halten. Und am Jahresende hat sich dann etwas ergeben. Ich könnte nicht happy sein, wenn ich fürs Nichtstun bezahlt werde. So könnte ich nicht leben», erklärte Zarco gegenüber den Kollegen von «motosprint».
Zarco trennte sich bereits im Mai 2018 von Manager Fellon. Er managt sich jetzt selber, unterstützt von Le-Mans-Streckenbetreiber Claude Michy, dem Promoter des Frankreich-GP.
Zarco durfte die letzten drei Grand Prix 2029 statt des verletzten Nakagami bei LCR-Honda fahren. Dann unterschrieb er bei Avintia-Ducati, wo er den Platz von Karel Abraham mit einer GP19 einnimmt. Ob Zarco dort besseres Material bekommt als bei KTM, wird sich zeigen. Die Hoffnung, bei Repsol-Honda statt Lorenzo fahren können, hat sich zerschlagen.
Aber Zarco ist zuversichtlich, über Avintia-Ducati bald in ein offizielles Werksteam zurückkehren zu können. «Ich habe mir für 2020 ein recht realistisches Ziel gesetzt. Ich werde einen Platz in den Top-Ten anstreben. Dann werde ich versuchen, mich weiter zu verbessern. Wenn mir das gelingt, kann ich zeigen, dass ich die richtige Einstellung habe, um wieder eine Position in einem Werksteam zu erhalten. Aber diesmal mit einem Sieger-Motorrad.»