Virtuelle MotoGP als Ersatz: Dorna hat «viele Ideen»
Der Start der eSports-Premiere in Mugello: Pecco Bagnaia knapp vor den Márquez-Brüdern
«Die eSports-Rennen sind mehr als ein Erfolg für uns», freut sich Manel Arroyo, langjähriger TV-Direktor von WM-Promoter Dorna. «Wir haben es geschafft etwas zu tun, das für uns Sinn macht, wenn man bedenkt, dass wir junge Fahrer haben, zu deren Hobbys die Videospiele ohnehin schon gehören. Wir haben versucht etwas auf die Art auf die Beine zu stellen, wie es viele andere Sportarten schon vorgemacht haben. Aber in anderen Serien, die etwas Ähnliches versucht haben, waren die Hauptakteure nicht involviert – aber wir haben die ganze Startaufstellung.»
Tatsächlich traten beim ersten virtuellen Motorrad-Grand-Prix am 29. März ausschließlich aktuelle MotoGP-Stammfahrer an. Auch der zweiten Einladung kamen zehn prominente Namen nach, von Valentino Rossi über Danilo Petrucci und Fabio Quartararo bis hin zu Alex und Marc Márquez. Zum Vergleich: In der Formel 1 gingen beim ersten eSports-Versuch mit Nicholas Latifi und Lando Norris nur zwei aktuelle GP-Stars an den Start. Beim zweiten Anlauf am vergangenen Sonntag fanden sich immerhin sechs F1-Stammfahrer und einige weitere prominente Namen auf der Startliste – von Charles Leclerc bis Jenson Button.
«Wir haben schon einen erfolgreichen Event hinter uns, hoffentlich läuft es auch am Sonntag so gut – und darauf wird noch mehr folgen», verspricht Arroyo. Das Fahrerfeld für den virtuellen Spielberg-GP am Ostersonntag kann sich sehen lassen: «Dieses Mal werden wir die Ducati-Piloten Petrucci und Pirro dabei haben, wir haben Valentino, die Márquez-Brüder… Das wird sicher ein sehr interessanter Event und macht denen, die vor den TV-Geräten sitzen, hoffentlich Spaß. In einer Zeit, in der wir unsere Rennen streichen mussten, können wir wenigstens eine andere Art von Racing zeigen.»
Der Mugello-GP an den Spielkonsolen wurde von den Motorrad-Fans gut angenommen: Insgesamt wurden online sieben Millionen Minuten lang Inhalte zur virtuellen MotoGP-Premiere angesehen, rechnete Dorna vor – das sind umgerechnet fast 13 Jahre nonstop.
Dahinter steckt ein großer Aufwand: «Die Organisation war mehr als schwierig; wir mussten auf technischer Seite viele Leute miteinbeziehen. Aber das ist etwas, was Dorna gerne macht: Wir haben ein Team, das über eine unglaubliche Expertise verfügt, sie konnten also etwas auf die Beine stellen, was gut funktioniert. Am schwierigsten war es, den richtigen Moment zu finden, wenn alle Fahrer verfügbar sind», erklärte der Dorna-TV-Direktor.
«Wir versuchen immer, für unsere Meisterschaft Entscheidungen mit Hausverstand zu treffen, die uns helfen, die Serie zu managen und der MotoGP-Community etwas zurückzugeben. Diese Saison wird die vierte für die ‚MotoGP eSport Championship‘ sein, aber wir haben es gleichzeitig auch geschafft, den Fans etwas anders zu bieten», ergänzte Arroyo. «Wir planen, noch mehr Rennen zu machen, weil die Fahrer es genießen und mehr wollen. Die Jungs aus der Moto2, Moto3 und MotoE möchten auch mitmachen, also überlegen wir, wie wir das anstellen können. Natürlich hängt alles davon ab, wann wir die ‚richtige‘ Saison wieder starten können. Aber für den Moment haben wir viele Ideen.»
«Aus technischer Sicht ist es nicht einfach, alle gemeinsam zum selben Zeitpunkt zusammen zu bringen. Was wir machen werden, ist, unterschiedliche Rennen an unterschiedlichen Tagen anzusetzen. Wir können keinen Sonntag organisieren, wie wir es an einem normalen Rennwochenende haben würden – die Technologie ermöglicht das aktuell einfach noch nicht.»
Übertragen werden die sportlich zwar unbedeutenden aber trotzdem kurzweiligen eSports-Events unter anderem von ServusTV und DAZN, dazu kommen SKY in Italien, Canal+ in Frankreich, BT Sport in Großbritannien, OTE in Griechenland, SportTV in Portugal, Sport5 in Israel, Sportklub in Serbien, MTV Finnland, NBC in den USA, ESPN in Lateinamerika, Trans TV in Indonesien und Fox Asien. Natürlich werden auch die offiziellen Social-Media-Kanäle der Motorrad-WM fleißig gefüttert.
«Unsere TV-Partner nutzen die eSports-Rennen, daneben versorgen wir sie mit so viel frischem Content wie nur möglich», unterstrich Arroyo. «Wir bearbeiten rohes Videomaterial, das wir schon haben, machen neue Interviews mit den Fahrern über Skype oder andere Tools und helfen den TV-Stationen, sie in ihre Live-Shows einzuladen. Wir unterstützen sie dabei, so viele Inhalte wie möglich zu produzieren, damit das Interesse der Fans aufrecht bleibt, bis wir wieder auf die Rennstrecke zurückkehren können.»